WiWi Gast schrieb am 28.04.2025:
Mein Kollege ist ja nicht mal Steuerberater. Das ist ja der Punkt.
Ich muss ihm (25 Jahre alt)
- Datev zeigen, er hat es noch nie gesehen
- ich muss selbst die einfachste Korrespondenz korrigieren, denn er hat noch nie etwas mit dem Finanzamt zu tun gehabt
- ich muss ihm erklären, welche Unterlagen man für eine Steuererklärung braucht
Trotzdem möchte er unbedingt auf meine tarifliche Einstufung. Sorry hatte oben geschrieben, dass er das gleiche Gehalt will. Das stimmt genau genommen nicht. Er möchte dieselbe Eingruppierung, die Jahre an Berufserfahrung hat er ja nicht.
Die Leitung der Steuerabteilung hat mir erzählt, dass wir in der Vergangenheit immer wieder Bewerbungen von Leuten haben, die nicht mal einen Steuer-Hintergrund haben, sondern einfach irgendwo aus dem Rewe kommen, aber Gehälter verlangen, für die normalerweise Steuerberater eingestellt werden. Und da stimmt einfach vom Preis-Leistungsverhältnis der Bewerber einfach was nicht.
Bei Kanzleien ist es wieder etwas anderes, wenn sie einen frisch bestellten Steuerberater für relativ viel Geld einstellen. Als ich damals das Examen frisch bestanden haben, habe ich auch die Kanzlei gewechselt und bin dann für ein Gehalt eingestiegen, das ehrlicherweise die ersten ca. 1,5 Jahre höher war, als ich es tatsächlich z. B. in der Industrie wert gewesen wäre. Wobei die Gehälter damals noch nicht die Extreme erreicht haben. Die Kanzlei konnte sich das leisten, da der Mandant ja nicht wirklich einschätzen kann, ob der Steuerberater, der auf der Rechnung abgerechnet wird, viel oder wenig Berufserfahrung hat. Das wurde alles mit einem einheitlichen Satz für angestellte Steuerberater abgerechnet.
Ja, das hatte ich mir schon gedacht, dass du nicht von einem Steuerberater, sondern einem Assistenten redest, der natürlich nicht das verdienen kann, was ein Steuerberater verdient. Allerdings macht der Vergleich dann auch keinen Sinn. Was ist denn jetzt die Message, die du hier transportieren willst?
Dass die "Jugend" heute zuviel Geld verdient? Mag sein, aber der Preis wird durch Angebot und Nachfrage gemacht und dafür muss die Jugend heute auch das vierfache für ein Baugrundstück bezahlen, das du wahrscheinlich bezahlen musstest.
Dass die Jugend heute so dreist ist, ihre Forderungen auch durchsetzen zu wollen? Auch das mag sein, ist aber nichts schlechtes.
Dass die Jugend heute viel mehr hinterfragt und viele Dinge, die für dich in Stein gemeißelt waren, nicht mehr so hinnimmt? Das ist die Folge der zunehmenden Transparenz auf allen Ebenen - auch bei den Gehältern.
Versteh mich nicht falsch, ich will dir nicht zu nahe treten, aber du solltest mal überlegen, was dich eigentlich sauer macht. Und ich würde wetten, dass das weniger die Person ist, die du einarbeiten sollst, sondern viel mehr die Erkenntnis oder die Befürchtung, dass du dich vielleicht manches Mal mit zu wenig zufrieden gegeben hast. Das ist wie mit den Älteren, die sich beschweren, dass die Jugend soviel rumreist, statt richtig zu arbeiten. Die Wut und der Ärger kommen in erster Linie daher, weil man das selber genauso gerne gemacht hätte - es aber aus welchen Gründen auch immer nicht funktioniert hat.
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