Ich bin seit 37 Jahren selbständig als IT-Experte, zunächst 11 Jahre als IT- Freiberufler, danach bislang 26 Jahre GmbH-GS-GF.
Die Aussagen des letzten Beitrags in diesem Thread stimme ich weitgehend zu. Insbesondere dem zwar unnötig grob formulierten, aber inhaltlich absolut treffenden ersten Punkt: Wer nach fünfzehn Jahren Selbständigkeit noch so wenig weiß, ist definitiv unterinformiert. Um das zu beheben, muss man schon mehr tun, als ausgerechnet hier vage Fragen zu posten. Lesen, lesen, lesen, und zwar fokussiert auf möglichst kompetente authentische Quellen, also primär Gesetze und Verordnungen, aber auch von IHKs, Fachanwälten, Steuerberatern und anderen Profis. Dann, und erst dann, würde ich erwägen eine GmbH zu gründen!
Leicht abweichende Meinungen habe ich zu Sinn und Zweck der GmbHs. Trotz des Namens geht es nicht nur um Haftung (wie Aussage 4 nahelegt), auch nicht nur um den Außenauftritt (Punkt 6) oder die Gestaltung bzw. Umgehung etwaiger Scheinselbständigkeit.
Ganz wesentlich relevant ist, dass eine GmbH eine juristische Person ist. Als solche befindet sie sich außerhalb der persönlichen Sphäre. Dies ermöglicht es etwa meist deutlich einfacher, zusätzliche Partner zu beteiligen (z.B. um Kapital einzubringen), die GmbH aufzuteilen (z.B. Im Scheidungsfall), oder die GmbH ganz oder teilweise zu verkaufen.
Zu den Steuern: Die wirtschaftlich relevantesten Effekte steuerlicher Gestaltungen operativer GmbHs beruhen nahezu ausnahmslos auf einem einzigen grundsätzlichen Effekt, nämlich der Verschiebung (Stundung) der vollständigen effektiven Besteuerung.
Zum einen kann dies zu einer Einkommens- und damit Steuerglättung beitragen, wodurch die Progression gemildert wird, sei es kurzfristig (schlechtes/gutes Wirtschaftsjahr), mittelfristig (Erziehungspause, Fortbildungszeiten, Weltreise) oder langfristig (Altersteilzeit, Rente).
Zum anderen können dadurch oft Zinseszinseffekte genutzt werden, wenn etwa lediglich effektiv teilversteuertes Vermögen angelegt wird und Rendite erwirtschaftet.
Dieser einfache Effekt greift bei einer ganzen Reihe von Maßnahmen: Pensionszusagen, stille Reserven, Investitionsabzugsbeträge, Rückstellungen für Gewährleistungen und, und, und… vor allem aber beim schlichten Parken von nicht ausgeschütteten Gewinnen in der GmbH.
All diese Maßnahmen sind als Freiberufler entweder gar nicht oder nur unter besonderen Voraussetzungen und/oder mit Mehraufwand realisierbar.
Für einen signifikanten Benefit dieses Stundungseffekts in einer GmbH benötigt man folglich vor allem zwei Dinge: nicht sofort benötigte Einnahmen sowie möglichst viel Zeit, d.h. eine früh im Leben gegründete GmbH. Natürlich gibt es eine Unmenge weiterer steuerlicher Unterschiede und Gestaltungsmöglichkeiten. Deren wirtschaftliche Bedeutung tritt jedoch meiner Meinung und Erfahrung nach völlig in den Hintergrund gegenüber den Stundungseffekten, oder wird nur in ganz speziellen Situationen relevant, z.B. geplante betriebliche Expansion, künftiger Fremdkapitalbedarf, Koordination mit Auslandsgesellschaften, geplante Auswanderung, Scheidungsvorsorge, Gestaltung komplexer Erbfälle.
Ein Wort noch zur leidigen Debatte um etwaige Scheinselbständigkeit: In der Tat schützt eine GmbH nicht vor Scheinselbständigkeit. Allerdings zeigt die Praxis schon, dass der Druck sowohl seitens der Sozialversicherungsträger als auch seitens der Auftraggeber bei GmbHs in der Regel niedriger ist als jener bei Freiberuflern. Dies mag gelegentlich mit Unwissen zu tun haben, oft aber auch damit, dass die Prüfung von GmbHs-GFs oft aufwändiger ist. Weiterhin gibt es aber auch einem Selection-Bias: Wer eine GmbH gründet, ist oft erfahrener und sich der Risiken eher bewusst, was m.E. zu deutlich niedrigeren Erfolgsraten bei etwaigen Prüfungen führt (natürlich aus Sicht der Sozialversicherungen). Anders gesagt: Wenn man Kapazitäten frei hat, dann prüft man viel eher die Freiberufler als die GmbH-GFs. Das muss nicht immer so bleiben, und wer sich dämlich anstellt (und das tun einige!), der fliegt auch jetzt schon auf. Aber die Anzahl der betroffenen GmbH-Kollegen ist sehr, sehr viel niedriger als jener in Freiberuflichkeit. Am Rande: Das Risiko, als (legaler!) arbeitnehmerähnlicher Selbständiger eingestuft zu werden, ist oftmals weit höher. Und das kann kosten.
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