WiWi Gast schrieb am 13.02.2019:
Bitte einmal verlinken: Ich zweifle die Daten extrem an und kann sie mir nicht vorstellen. Ich finde bei Destatis nur das allg. Durchschnittsgehalt und das liegt bei 3.770,-, beinhaltet aber alle Arbeitnehmer, auch Teilzeit und Mindestlohn.
Ich kenne keinen Akademiker, selbst Einsteiger, der unter 50.000,- verdient. Ich bin in dieser Referenzgruppe...
Nahezu alle Einstiegsgehälter die ich kenne, haben mindestens eine 4 vorne und wir sprechen bei 30-Jährigen über durchschnittlich 5 Jahre BE.
Da werden vermutlich Dauerstudenten etc. mit eingerechnet? Die Arbeitslosen- und Teilzeitquote dürfte gegen 0 gehen. Werden Schwangere, Mutterschutz berücksichtigt? Ausreißer nach oben (wobei ja 50.000 schon ein krasser Ausreißer ist, da 50 Prozent über Durchschnitt) gibt es offensichtlich Zuhauf.
Ich bin ehrlich fassungslos. Für 32.000,- würde ich nach einem Studium nicht arbeiten, so arrogant das klingen mag. Nach mehreren Jahren BE erst recht nicht. Da kannst du keine Familie mehr ernähren.
Warum? Ich denke, dein Problem ist, dass du ein Studium als etwas "elitäres" ansiehst, aber noch gar nicht gemerkt hast, dass inzwischen gut 60% eines Jahrganges studieren und davon 87% auch erfolgreich abschließen. Das heißt 55% der jüngeren Bevölkerung hat ein Studium und wenn sie älter werden, wäre das dann halt über die Hälfte der Bevölkerung. Ausländischen Zuzug noch gar nicht mitreingerechnet.
Und ja, diese Veränderung ist innerhalb von sehr kurzer Zeit geschehen, denn noch 2007 haben nur ca. 33% ein Studium angenommen. 2012 gab es erstmals mehr Studenten als Lehrlinge in einem Jahrgang und auf über 50% ging es erst im Jahr 2015 und seitdem hat sie sich seitdem, obwohl doch sehr viele Leute eingewandert sind, die nicht studieren können, auf etwas unter 60% eingependelt.
Das sind die nackten Zahlen. Der Markt wird aber gerade erst von den Jahrgängen 2013 bis 2015 überschwemmt, die noch gar nicht am Maximum sind. Interessant wird es erst ab 2016, denn da studieren im Jahrgang noch viel mehr. Dann werden die Gehälter logischerweise noch weiter abstürzen, denn man muss sich ja auch fragen, warum heute alle studieren können.
Die Antwort gibt dir da die europäische Union. Sie hat sich in den Konferenzen von Amsterdam, Lissabon und Bologna darauf verständigt, den europäischen Bildungsmarkt zu harmonisieren. Das heißt, die Abschlüsse sollten vergleichbar werden in Europa. Da störte vor allem die deutsche duale Ausbildung. Die sollte zurückgedrängt werden, was auch gelang. Das Problem war, dass das deutsche Niveau zu hoch war, für den Mittelweg und man deswegen die Anforderungen bei Abitur und Studium radikal gesenkt hat bzw. leichtere Wege anbot. Nur so konnte man die Zahlen innerhalb kurzer Zeit so radikal steigern.
Ein Bachelor war daher nie als vollständiges Studium angesehen, sondern als klarer Ausbildungsersatz auf eigene Kosten. Etwas, was aber jeder leicht bekommt und nur Ersatz sein soll, ist aber auch gehaltstechnisch weniger wert. Zudem gibt es auch viele davon.
Das ist die reale Situation 2019 und die Frage, ob man künftig nicht mit einer vernünftigen Lehre bessere Chancen auf ein gutes Leben hat, als mit einem Bachelor, ist berechtigt, wenn sie hier aus Prestigegründen auch nicht gestellt werden darf.
Das alle mag, als du fertig warst, ein wenig anders gewesen sein, aber heute ist es so. Es mag dich auch nicht betroffen haben, aber das heißt nicht, dass es nicht den größten Teil der Absolventen betrifft, was sich eben auch in der Statistik der Bundesagentur für Arbeit niederschlägt.
Die wurde hier übrigens schon mehrfach verlinkt. Eine Seite zurück wirst du gehen können, oder? Da gibt das Bundesamt für Statistik einen durchschnittlichen Bruttostundenlohn für Akademiker unter 30 von ca. 17 Euro brutto pro Stunde an. Wohlgemerkt für Akademiker unter 30 und nicht nur für Berufseinsteiger. Wenn man das dann dann mit 40 Stunden die Woche hochrechnet ist man irgendwo bei ca. 32k.
Die gleiche Statistik gibt übrigens auch einen durchschnittlichen Bruttostundenlohn für Akademiker über 60 an. Der lag bei knapp 60 Euro, also fast 9,6k brutto pro Monat.
Wenn ich die jetzt vermische, dann bekomme ich vermutlich einen ganz tollen Durchschnitt. Hilft den Akademikern unter 30 aber nichts, weil sie aus einem anderen System kommen. Das ist wie mit den ganz tollen Statistiken von Portalen hier, bei denen sowieso nur die besseren 30% teilnehmen und damit Fabel-Gehälter als normal angesehen werden.
Was die Statistik betrifft: Bitte sich selbst noch einmal die Mühe machen und einfach den Thread durchlesen. Dort ist auch die genaue Seitenangabe
Es gibt übrigens noch eine weitere interessante Statistik , des IAB. Dort werden auf Seite 7 in einer Grafik die Gehälter zwischen Arbeitnehmern mit Ausbildung in verschiedenen Branchen mit denen von Bachelorn in der gleichen Branche verglichen. Im Alter von 24 bis 28 Jahre gewinnt immer die Ausbildung, wenn auch nur knapp. was beduetet wir reden hier von einer Summe von 3 bis 70 Euro im Monat. Im Alter von 31 bis 34 Jahren ist es ausgeglichen. Das bestätigt die Zahlen der Arbeitsagentur noch einmal.
Master und Diplomabsolventen (die werden da zusammengeführt) gewinnen den Vergleich aber bereits bei 24 bis 28. Da ist die Differenz teilweise schon 200 bis 800 Euro im Monat. Spätestens bei 31 bis 34 wird der Abstand dann zu den Bachelorn/ Ausgebildeten richtig deutlich und im Laufe des Lebens immer mehr.
Natürlich liegt das daran, dass Bachelor und Ex-Azubis die gleichen Stellen anstreben bzw. erstere die zweiten heute ersetzen un die Master auf die ehemaligen Diplomerstellen abzielen, zeigt aber auch, dass ein richtiges Studium einen Master bzw. früher ein Diplom (was bei den 34jährigen noch in der Statistik einen Rolle spielen könnte) haben sollte.
Ich denke, wir sollten die Sache daher nüchtern sehen. Die 32k sind für den Durchschnitt durchaus realistisch. Jemand der sich aber als echter Akademiker auffasst, wird kaum mit dem Ausbildungsersatz Bachelor zufrieden sein und der steigt laut Statistik doch auch wesentlich besser ein, oder? Das es auch bei den Bachelors hier Ausnahmen gibt und ein Prozentsatz ebenfalls gut einsteigt, versteht sich. Das war aber bei den Ausbildungen auch so. Auch dort konnte man mal mit etwas Glück (und Vitamin B) einen 50k-Sachbearbeiterjob im DAX-Konzern erhuschen. Es ist aber nun einmal nicht die Regel und wir sollten hier die Ausnahmen auch nicht ständig als solche hinstellen.
Von daher ist alles ok ;)
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