Das sehe ich genauso! Sicherlich braucht man auch jede Menge Talent, um gute Noten zu schreiben, aber in erster Linie braucht man viiiiiel Zeit. Und wenn man viel arbeitet, hat man nun einmal nicht so viel Zeit für das Studium und dementsprechend auch nicht die perfekten Noten und nicht die kürzesten Studienzeiten. Aber ist man deswegen unbedingt schlechter oder fauler? Klar, oft ist das so, aber im Einzelfall habe ich sehr viele Leute kennengelernt, die durchaus gute Gründe hatten, von der "Arbeitgeber-Ideal-Norm" abzuweichen, die also einfach schlechtere Startbedingungen hatten.
Leistung wird in der Physik definiert als Arbeit durch Zeit. Wenn jemand mehr Zeit zur Verfügung hat, dann steigt dadurch nicht zwangsläufig seine Leistung, sondern nur seine Arbeit. Ich finde daher nicht, dass jemand, der sich das komplette Studium selbst finanziert hat und sein eigenes Leben gelebt hat und deswegen schlechtere Noten hat automatisch ein schlechterer Mitarbeiter sein muss als jemand, der von den Eltern monatlich einen Scheck (nicht falsch verstehen - ich gönne es jedem) bekommen hat und sich somit voll und ganz auf sein Studium und die kreative Gestaltung des Lebenslaufs (Praktika und sonstige Dinge, denn diese macht man - wenn man ehrlich ist - nur deswegen) konzentrieren kann.
Und was die Aussagekraft von Noten betrifft: Wie soll man bspw. einen FH- mit einem Uniabschluss vergleichen? Das geht einfach nicht, denn gerade im Hauptstudium gibt es da nun einmal immense Unterschiede (Ausnahmen bestätigen die Regel, denn es gibt auch wirklich gute FHler). Trotzdem wird das gemacht. Und selbst innerhalb des selben Studiengangs gibt es bspw. in BWL leichte (Personal, Marketing etc. ) und weniger leichte Wahlfächer (Bankwesen, Revison/Controlling, Statistik etc.).
Mit anderen Worten: Die Absolventen haben zum einen unterschiedliche (auch private) Rahmenbedingungen, sie haben in unterschiedlich schweren Unis/FH´s studiert und sie haben unterschiedlich schwere Hauptfächer.
Wie, bitte sehr, soll ein Personalchef, der mit Bewerbungen überflutet wird, das alles berücksichtigen???? Die Antwort ist ganz einfach: Er beschränkt sich auf Noten, Studienzeit und Praktika. Denn die sind ohne viel Aufwand vergleichbar. Klar, auch diese Faktoren sind nicht unwichtig. Sich allerdings ausschließlich darauf zu beschränken und gleichzeitig über die ach so schlechten Absolventen zu jammern ist genauso fahrlässig.
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