WiWi Gast schrieb am 16.03.2023:
Für den Hauskäufer geht es rein um nominale Preise. Er kauft zum Zeitpunkt X, ab dann spielt die Inflation für ihn.
Beispiel Berlin, Zahlen von Dr. Klein DTI. Im Q1 2021 waren die nominalen Preise bei für Wohnungen in Berlin bei 4.836 Euro. Im Q4 2022 waren die nominalen Preise bei 5.615 Euro.
Gehen wir von 100 qm und 100k EK aus. Zugunsten der 2022er Kohorte verzichte ich auf die Nebenkosten, welche 2022 natürlich höher waren als 2021 (bemessen am Immobilienpreis).
Die 2021er Kohorte hat 483.600 Euro abzgl. 100k = 384.000 Euro zu 1,5% auf 30 Jahre finanziert. Rate pro Monat: 1.325 Euro. Enddatum der Finanzierung: Q1 2051.
Die 2022er Kohorte hat 561.500 Euro abzgl. 100k = 461.000 Euro zu 4,0% auf 30 Jahre finanziert. Rate pro Monat: 2.201 Euro. Enddatum der Finanzierung: Q4 2052.
Sinkende Realpreise sind dem, der seine Finanzierung bereits hat, schlichtweg egal. Inflation ist gut für alle, die laufende Kredite haben. Das reale Beispiel mit realen Werten zeigt es ganz eindeutig. 16% ist der Preis nominal in 21 Monaten in Berlin nach oben gegangen. Real ist nur wenig passiert. Aber das interessiert den Käufer VOR der Inflation nicht. Er hat ja eine nominale Restschuld, eine nominale Rückzahlungsverpflichtung. Inflation spielt ihm in die Hände.
2.201 Euro für Leute, welche 21 Monate zu spät gekommen sind. 1.325 Euro für Leute, welche in Q1 2021 finanziert haben. Das ist der reale Effekt. Niemand interessiert sich dafür, ob die Preise real vielleicht gar gefallen sind, denn die Restschuld ist eine Nominalschuld und keine Realschuld.
Die Preise in Berlin müssten NOMINAL um 1/3 sinken, damit die 2023er Kohorte wieder gleichwertige (!), nicht bessere (!), Bedingungen als die 2021er Kohorte hätte. Bei 33% geringeren NOMINALwerten, d.h. real mind. 50% geringeren Preisen für Wohnungen, wäre die 1.325 Euro NOMINAL-Rate wieder möglich für die 2023 Kohorte.
Das ist der Effekt der Zinserhöhung von 1,5% auf 4,0%. Die Preise müssten 1/3 fallen, um das auszugleichen. Die Käufer von 2021 hätten dann gegenüber den Käufern von 2023 keine Nachteile, sondern nur die Vorteile, bereits 2 Jahre getilgt zu haben, wenn die Preise 1/3 NOMINAL fallen = ca. 50% Realwertverlust.
WiWi Gast schrieb am 16.03.2023:
Günstige Preise in 2021?
Real und nominal verwechselt?
Stagnierende Preise sind real -10%.
Nächste Zinserhöhung der EZB. Um 0,5 Prozentpunkte ging es hoch. Dürften die Bauzinsen bald ebenfalls nachziehen. Dort sind wir jetzt sicher schon bei 4,5%.
Zum Vergleich:
a) ein 500k Kredit auf 30 Jahre zu 1,5% (wie 2020/2021 üblich): 2.000 Euro pro Monat.
b) ein 500k Kredit auf 30 Jahre zu 4,5% Zinsen: 2.779 Euro pro Monat.
Fast 40% höhere Kosten für die monatliche Kreditrate bei gleicher Darlehenshöhe, allerdings sind die heutigen Preise ja noch mal deutlich über dem 2020er/2021er-Niveau.
Fazit: wer 2011-2019, selbst 2020/2021 gekauft hat, hat alles richtig gemacht (wenn man mindestens 10, besser 15 Jahre Zinsbindung gewählt hat). Günstige Preise und günstige Zinsen gesichert. Wer eine Immobilie kaufen wollte, aber auf das Pferd "Abwarten" gesetzt hat, hat leider verloren. 40% höhere Kosten für die monatliche Rate werden nicht von stagnierenden oder 3-5% fallenden Preisen aufgefangen.
Wer erst jetzt in den Markt kommt, erstmals EK angespart hat und vielleicht überlegt, ob man sich eine Immobilie kaufen könnte: Bitte weitergehen, hier gibt es nichts zu sehen. Für die Generation 1995 und jünger sollte man das Wort "Eigentum" (in Zusammenhang mit Immobilien) einfach aus dem Wortschatz streichen. Nicht mehr möglich.
Da würde ich Mieter bleiben und möglichst viel Geld in ETFs stecken (3% Entnahmeregel, also z.B. kann man von einem ETF-Vermögen i.H.v. 1.000.000 Euro im Jahr 30.000 Euro entnehmen und sollte nicht pleitegehen - abzgl. 26,4% Abgeltungssteuer kann man damit eine monatliche Kaltmiete i.H.v. 1.840 Euro bezahlen. Natürlich risikobehaftet, da die 3% Entnahmeregel nicht immer gelten muss.).
Mit stark steigender Inflation und Eikommenssteigerungen, die das nicht ausgleichen, steigt der Anteil der Kreditrate am Einkommen.
Wenn man konservativ gerechnet hat, spielt das keine große Rolle. Man darf sich freuen auf der Gewinnerseite zu stehen. Aber einige haben sich aber auch bis Oberkante Unterlippe verschuldet.
Habe keine Daten dazu, nur Anekdoten aus dem Freundeskreis aber da stöhnt der eine oder andere aber schon, weil der Kreditrahmen voll ausgereizt wurde und jetzt an den Lebenshaltungskosten gespart werden muss. Dazu kommt ja noch die Gefahr einer Rezession und erhöhter Arbeitslosigkeit. Hier und da gab es ja schon Entlassungen.
Ansonsten ist der Immopreis für Selbstnutzer auch nicht so egal wie hier getan wird. Klar ein paar Prozent hin oder her ändern rein gar nix, sollte es aber zu krassen nominalen Verringerungen der Immopreise kommen, stimmt das nicht mehr.
Der Diskussion hier wäre es übrigens sehr zuträglich wenn die Fraktion der Immobesitzer von ihrem hohen Roß herunterkommen würde. Ihr stellt andere recht häufig als dumm dar, weil sie eine Chance verpasst haben.
Aus meinen Bekanntenkreis kann ich berichten, dass das eigentlich nur seltem der Fal war. Jeder der irgendwie konnte, hat sich was geholt. Die die keine haben, hatten zu 98% keine Chance was zu kaufen, weil Job/Familiensituation etc nicht gepasst hat und nicht weil sich trotz EK, stabilen Job in passenden Umfeld aufgrund der Makrosituation dagegen entschieden hat.
Freut euch einfach das es bei euch geklappt hat aber seid auch faire "Gewinner".
Gruß,
EFH Besitzer aus RLP
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