BBSR-Studie 2020: Keine Blase bei Immobilienpreisen für Wohnimmobilien
Derzeit gibt es keine Blase bei den Immobilienpreisen auf dem deutschen Markt für Wohnimmobilien. Zu diesem Ergebnis kommt das Forschungsprojekt "Immobilienpreisentwicklungen – Übertreibungen oder Normalität?" vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Untersucht wurde, ob der Anstieg der Preise für Wohnimmobilien in Deutschland seit 2009, auf eine Preisblase hindeutet. Die Studie umfasst 115 Seiten und ist kostenlos verfügbar.

BBSR-Studie 2020: Immobilienpreisentwicklungen – Übertreibungen oder Normalität?
Märkte für Vermögensobjekte, zu denen auch Immobilien zählen, sind anfällig für Preisübertreibungen. Selbstüberschätzung, Herdentrieb und andere "Verhaltensanomalien" der Kapitalanleger können dazu führen, dass sich einmal angestoßene Preistrends selbst verstärken und es zur Bildung von Blasen kommt, die in eine spekulationsgetriebene Schulden- und Bankenkrise münden. Das Forschungsprojekt hat untersucht, ob der Anstieg der Preise für Wohnimmobilien, der seit 2009 in Deutschland insgesamt und auf regionalen Märkten zu beobachten ist, auf eine Preisblase hindeutet. Dazu wurde ein Mess- und Analysesystem entworfen, mit dem frühzeitig Überhitzungen identifiziert werden können.
Das Urteil, ob ein Vermögensmarkt als überhitzt zu bewerten ist, lässt sich allein durch die bloße Beobachtung einer erhöhten Dynamik nicht treffen. Es bedarf einer Referenz oder eines Referenzsystems, zu dem der beobachtete Preisanstieg in Bezug gesetzt werden kann. Dazu sind verschiedene Verfahren vorgeschlagen worden. Das geplante Forschungsprojekt hat die bisherige Diskussion aufgegriffen und systematisiert, um ein besseres strukturelles Verständnis für Treiber der Preisentwicklung und für das Entscheidungsverhalten der Investoren zu gewinnen. Insbesondere die Bedeutung „irrationaler“ Faktoren, die zu Veränderungen der Preise führen, wurden näher untersucht. Aufbauend auf diesen Vorarbeiten wurde ein System entworfen, mit dem frühzeitig, ggf. unter Rückgriff auf Prognosen, Überhitzungen auf dem bundesweiten Wohnimmobilienmarkt sowie auf regionalen Märkten identifiziert werden können.
Forschungsleitfragen
Für die Studie waren verschiedene Forschungsfragen handlungsleitend:
- Welche bisherigen Ansätze zur Bewertung von Überhitzungen von Immobilienmärkten und Immobilienpreisblasen bestehen in Deutschland und in anderen Staaten? Wie sind diese Methoden zu bewerten? Bestehen bereits Mess- und Frühwarnsysteme in Deutschland sowie in anderen Staaten und wie sind diese zu bewerten?
- Wie wirken welche Einflussgrößen/Faktoren auf Immobilienpreise, Immobilienpreissteigerungen und die Ausbildung von Immobilienpreisblasen? Wirken, je nach betrachtetem Raumbezug (Staaten, Regionen, Raumtypen), unterschiedliche Faktoren auf Überwertungen von Immobilien? Lassen sich bei der Einschätzung von Überbewertungen Segmente differenzieren, beispielsweise Einfamilien-/Mehrfamilienhäuser, Eigentumswohnungen, Eigenheim-/Mehrfamilienhausgrundstücke, und wenn ja, wie?
- Wie kann ein bundesweites und ein regionalisiertes Mess- und Frühwarnsystem für Überbewertungen aussehen? Ließe sich das für Deutschland dauerhaft einrichten? Welche Daten und welche differenzierenden Merkmale sind für die Modellberechnungen erforderlich? Mit welchen Daten und mit welchen methodischen Ansätzen können prognostische Aussagen zu Immobilienpreisentwicklungen als Frühwarnfunktion getroffen werden? Welche Daten fehlen in Deutschland oder sind bisher nicht zugänglich, um Überbewertungen besser einschätzen zu können?
- Welche Entscheidungsfaktoren sind bei Immobilientransaktionen besonders relevant für Immobilienkäufer (verhaltensbasierte Komponenten)? Wie objektiv handeln Käufer und Investoren? Verursachen die niedrigen Zinsen möglicherweise einen irrationalen Umgang mit Immobilienwerten?
- Welche Auswirkungen hätten verbreitete Überbewertungen von Immobilien und das Platzen einer Immobilienpreisblase in Deutschland auf Immobilieneigentümer und -investoren, die Erschwinglichkeit von Immobilien und die Immobilienfinanzierung? Wer trägt welche Risiken?
Ergebnisse
Derzeit gibt es keine Evidenz für eine Preisblase auf dem deutschen Wohnimmobilienmarkt. Immobilienpreisblasen sind in erster Linie ein gesamtwirtschaftliches Phänomen. Preisübertreibungen auf regionalen oder funktionalen Teilmärkten haben in der Regel nicht das Potenzial, ganze Volkswirtschaften in Rezessionen, Banken- und Finanzkrisen, Staatsverschuldung und Inflation zu stürzen.
Immobilienpreisblasen gehen typischerweise mit einer exzessiven Ausweitung der Kreditvergabe, einer steigenden Schuldendienstlast der Kreditnehmer sowie einem starken Anstieg der Bautätigkeit einher.
- In Deutschland nimmt die Verschuldung der privaten Haushalte zwar seit dem Jahr 2016 wieder zu, nachdem sie zuvor über lange Jahre gefallen war, steigt aber nicht stärker als die verfügbaren Haushaltseinkommen.
- Die Schuldendienstquote der privaten Haushalte ist aufgrund des Rückgangs der Zinsen auf einem historischen Tiefstand.
- Der Anteil der Bauwirtschaft an der gesamtwirtschaftlichen Produktion ist in den vergangenen Jahren tatsächlich gestiegen, liegt aber gegenwärtig unterhalb früherer zyklischer Hochpunkte.
Download [PDF, 115 Seiten - 3 MB]
BBSR-Online-Publikation Nr. 16/2020
Studie "Immobilienpreisentwicklungen – Übertreibungen oder Normalität?"
Weitere Informationen
Das Projekt des Forschungsprogramms „Allgemeine Ressortforschung“ wurde vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Auftrag des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) durchgeführt.