WiWi Gast schrieb am 27.11.2020:
Absolut Richtig. Zwei meiner Professoren haben Mathematik studiert bevor sie in VWL promoviert haben, einer hatte davor Physik studiert. In einer vernünftigen VWL Ausbildung in München, Mannheim, Köln... kommt man mit ähnlicher Materie in Berührung wie in HM Kursen in Ingeneurwissenschaften.
Wenn man BWL und VWL in einen Topf wirft hat schon direkt demonstriert, dass man keine Ahnung hat was in diesen Fächern überhaupt gemacht wird. Für BWL stimmt deine Aussage vielleicht, wobei BWL an einer Uni je nach Schwerpunkt doch auch schon ziemlich anspruchsvoll sein kann. Aber ich kann dir versichern dass jeder gute VWL Bachelor genauso anspruchsvoll ist wie ein durchschnittlicher technischer Bachelor an einer Uni, sowohl im mathematischen Anspruch, als auch im Verständnis. Zumal Wirtschaftsstudiengänge an den Unis häufig teilweise oder sogar ganz auf Englisch abgehalten werden.
Und wer bei Fächern wie Microeconomics, Game Theory oder Econometrics von Kuschelfächern redet, dem rate ich einfach mal ein Übungsblatt von einem der genannten Fächer in die Hand zu nehmen. Da stellt sich dann nämlich heraus, dass es sich bei diesen "Kuschelfächern" um durchaus anspruchsvolle Module handelt. Die Fächer sind natürlich trotzdem machbar, dass sind technische Mechanik und Grundlagen der E-Technik allerdings auch.
Von fortgeschritteneren Themen und Forschungspapern brauchen wir im übrigen gar nicht zu reden. Die VWL als Forschungsfach ist nämlich bei weitem anspruchsvoller als es eine Ausbildung auf Bachelorniveau suggeriert. Die Theorie besteht dann nahezu vollständig aus beweisbasierter Mathematik und die Empirie aus nicht-trivialen statistischen Methoden. Häufig arbeiten Ökonmen dann mit Mathematikern zusammen, oder haben sogar selbst ein Mathestudium abgeschlossen. Da kommen dann auch die Ingenieure nicht mehr mit. Nichtmal die von der TU ;)
Generell sollten sich die Ing-Erstis mal nicht immer so wichtig machen. Ich habe manchmal den Eindruck dass Bauing-, Maschinenbau- und E-Technik Studenten das pathologische Bedürfnis haben, im ersten Atemzug jedem die Ohren voll zu heulen wie schwierig ihr Studium doch sei, egal ob man das hören möchte oder nicht, um dann im zweiten Atemzug über den vermeintlich niedrigeren Schwierigkeitsgrad anderer Studiengänge herzuziehen, obwohl dabei bereits nach zwei Sätzen offensichtlich wird, dass sie von besagten anderen Studiengängen nicht den Hauch einer Ahnung haben. Gottseidank verliert sich das meistens in den höheren Semestern...
Es gibt einen ganz einfachen und sehr alten Satz zum Thema Mathe und VWL ...
„Reicht es nicht zum guten Mathematiker, kann man immer noch ein sehr guter VWLer werden.“
... den Satz hab ich von einem meiner VWL-Profs gelernt.
Der Satz stimmt, denn ein Mathematiker vertieft sich vollends in diese Materie, ein VWLer benutzt Teile davon, so wie das auch die BWL mit Mathe und anderen Fächern tut. Der Satz ist auch keine Wertung, sondern eine praktische Tatsache, die sich unmittelbar mit dem Curriculum verstehen lässt.
VWLer glauben oft sie wären die „krasseren“ Ökonomen, als gute BWLer, weil sie mehr mathematisch abbilden. So what?
Wer akademische Disziplinen über das Kriterium „Rechenfuchs“ vergleichen will, der mag das tun, ist in etwa so sinnvoll wie ein Wettbewerb im Kirschkernweitspucken - ein Zeitvertreib, mehr nicht. Wem es etwas gibt sich als „Quant“ zu bezeichnen, der mag das tun, macht kein Physiker sowas und die können besser rechnen.
Ingenieure agieren oftmals ähnlich, alles außer ihrem Fach wird da gerne mal als trivial bezeichnet. Da geht’s wieder um sowas wie den „Rechenfuchs“, nämlich „mein Studium ist krasser als Deins, weil ...“, Kriterium ist dann da gerne die Naturwissenschaftlichkeit.
Nun ja, diejenigen, die Naturwissenschaften pauschal gerne als was anspruchsvolleres als jede Sozial- oder Geisteswissenschaft bezeichnen, die sollen sich mal in eine Philosophie-Vorlesung setzen und schauen, inwiefern sie da mitkommen.
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