BAMF Rückmeldung zum Vorstellungsgespräch
WiWi Gast schrieb am 13.06.2024:
Wenn ich jetzt net mal entscheiden darf, ob jemand tatsächlich hierbleiben darf oder nicht, ist der Begriff des Entscheiders schon irreführend. Welche Konsequenzen hat meine Entscheidung? Keine. Lese ich von den Erfahrungen der Leute, die diesen Job schon länger machen, ist es quasi unmöglich, da wirklich Einfluss zu haben. Wenn zudem noch 90 % aller Entscheidungen durch Textbausteine und Leitsätze vorgegeben sind, ist auch kaum ne Eigenleistung zu erkennen. Klingt nach sehr langweiligen Aufgaben mit vorgegebenen Ergebnissen. Kein Wunder, wenn das unbefriedigend ist.
Ja, Du hast Recht. Ich weiß auch nicht, warum immer noch „Entscheiderstellen“ ausgeschrieben werden. Vielleicht, um den Anschein zu erwecken, dass es beim Bundesamt noch sogenannte Einzelentscheider gibt? Das ist aber schon einige Jährchen her und ich möchte hier niemanden mit der Historie des Asylrechts langweilen. Man ist Sachbearbeiter Asyl und weisungsabhängig. Entschieden wird, was grob vorgeben wird. Entscheidet man entgegen der Weisungslage (ist möglich, weil jeder Fall einzeln beurteilt wird) kann man nur hoffen, dass der Qualitätssicherer sein Wissen nicht nur aus dem Handbuch hat, sondern eine juristische Denkweise besitzt und den Mut hat, eine Entscheidung auch einmal entgegen der Weisungslage mitzutragen. Weil es nämlich keine Schablonen für Entscheidungen gibt und Textbausteine und die Weisungslage nicht jeden Fall abdecken können.
Ich möchte hier kein „Nichtjuristenbahing“ betreiben, aber Kenntnisse des Asylrechts bzw. des Verwaltungsrechts allgemein sind durchaus von Vorteil. Wer der Meinung ist, dass man mit einer 2-monatigen Schulung ein Wissen von mehreren Jahren Studium im Verwaltungsrecht oder der Rechtswissenschaften allgemein, geschweige denn eine mehrjährige Arbeitserfahrung, kompensieren kann, ist auf dem falschen Weg.
Ich will hier auch niemanden demoralisieren, aber das, was euch erwartet, ist nach einer kurzen Schonfrist Arbeit bis zum Anschlag und die Erwartung, dass ihr in der Lage und bereit seid Wissenslücken als erfolgreiche Absolventen irgendeines Studiums in Eigenregie zu schließen und die erwünschten Erledigungszahlen zu erfüllen.
Ich kann daher auch den Unmut einiger Kommentatoren hier, die offensichtlich schon längere Zeit beim Bundesamt beschäftigt sind und mittlerweile auf dem Zahnfleisch gehen, als Reaktion auf Fragen, wie Homeoffice, Work Life Balance, Gewinnungsprämie etc. verstehen, wenn ihnen bewusst ist, neben der Erfüllung der Zahlenvorgaben euch - ohne Zahlung einer Gewinnungsprämie - einarbeiten zu müssen.
Ich wünsche aber trotzdem allen, die eine Zusage erhalten haben, eine gute und erfolgreiche Zeit beim Bundesamt!
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