WiWi Gast schrieb am 22.05.2018:
Ich weiß, es ist eine provokante These, aber ich merke eins- je älter ich werde, desto weniger Freunde "brauche" ich.
Zu Studentenzeiten hatte ich einen Haufen Freunde, man heulte sich wegen Liebesgeschichten gegenseitig die Ohren voll, hing in Vorlesungen zusammen ab und ging später in die Mensa.
Jetzt im Beruf merke ich, dass ich abends müde vom Job bin, das Wochenende ist für die Partnerschaft reserviert und dann hat man ja noch Familie und sonstige Verpflichtungen wie Haushalt, Auto waschen etc.
Dazu kommt, dass man deutlich gefestigter ist und viele Problemchen auch alleine lösen kann. Mir ist sowieso aufgefallen, dass sich viele der sogenannten "Freunde" nur bei einem melden, wenn sie Probleme haben oder wieder Single sind. Kaum sind sie happy- hört und sieht man nichts mehr.
Wie sind da eure Erfahrungswerte?
Seitdem ich im Beruf bin hat sich mein Freundeskreis zwar drastisch dezimiert. Mein Bekanntenkreis, das so genannte Netzwerk, ist dafür allerdings wesentlich größer geworden. Und das hat aus meiner Sicht wesentliche Vorteile.
Beruflich bin ich auch in der Beratung, habe eine typische Beraterwoche und muss daher mit meiner Freizeit ebenfalls haushalten. Zu meinen engen Freunden zähle ich nur vier Personen. Das Verhältnis zu diesen vier Freunden ist allerdings gerade wegen der zeitlichen Einschränkungen, wir sehen uns ca. zweimal im Monat, noch intensiver geworden. Viele ehemalige Freunde sind (teilweise weit) weggezogen/ausgewandert, haben andere Freundeskreise im Laufe der Zeit aufgebaut, die Interessen haben sich verschoben etc.
Gerade zu Beginn meiner Karriere habe ich viele Freunde vernachlässigt und bin entsprechend dafür verantwortlich, dass ein paar Freundschaften zerbrochen sind. Damals übrigens auch unter der Prämisse, dass ich eigentlich gar keine Freunde wirklich brauche. Meine Freizeit bestand unter der Woche darin, mit Arbeitskollegen essen zu gehen, in Bars zu gehen oder eben Sport zu treiben.
Mit Arbeitskollegen (sowohl mein eigenes Unternehmen als auch Kundenseite) unternehme ich auch heute noch viel unter der Woche. Daraus haben sich schon viele interessante Bekanntschaften und mittlerweile sogar mehrere Jobangebote entwickelt. Insofern sind auch Bekanntschaften nciht zu unterschätzen. Und dazu muss ich noch erwähnen, dass ich während der Schulzeit nciht gerade der geborene Netzwerker war. Auf der anderen Seite fühle ich mich Arbeitskollegen/Bekannten auch nicht annährend so verpflichtet wie meinen Freunden gegenüber.
Es liegt aber nunmal auch in der Natur von Bekanntschaften, dass diese sehr flüchtig sein können. Insofern haben mir nach einer gewissen Zeit meine "echten" Freunde schon gefehlt. Sei es ein langes Gespräch, bei dem ich nicht ständig auf die Uhr gucken muss oder aus berufstaktischen Gründen abwägen muss, wie die Antwort ausfällt.
Die für mich sinnvollste Lösung war, zwar auch weiterhin weniger Zeit mit Freunden zu verbingen, dafür aber wenigstens die Qualität der gemeinsamen Aktivitäten zu verbessern. Die Klassiker sind dann natürlich wertige Restaurants/Bars zu besuchen oder auch sowas wie Wein-tasting, Wandern und Driving Ranch haben wir schon gemacht. Highlights sind dann Wochenend-Städtetrips oder Kurzurlaube. Wir haben beispielsweise in Mailand eine Penthouse zu viert gemietet. Das war ganz geil und stärkt natürlich ungemein die Gruppendynamik. Das Modell funktioniert für meine Freunde und mich sehr gut.
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