Ing hier mit einer Arzt Partnerin, der auch seinen Senf dazugeben möchte:
Meine Freundin und ich sind ca. gleich alt.
Ich habe E-Technik studiert in 5 Jahren, mit sehr gutem Abschluss an einer TU9 Uni, war hier also unter den top paar Prozenten der Studenten. Danach habe ich promoviert, in 4 Jahren (auch hier wieder deutlich schneller als der durchschnitt) und bin bei einem großen OEM mit knapp über 100k bei 40h Woche eingestiegen (absolut unüblicher Einstieg, die meisten Kollegen steigen mit 85k mit glück 90k ein und ich arbeite real deutlich mehr als 40h).
Ich habe meine Vergleichsgruppen an jeder einzelnen Stelle also massiv outperformed.
Meine Freundin hat ganz normal Medizin studiert, durchschnittlich, mit durchfalquoten im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Die liegen nicht daran, dass nur Top leute ins Studium gelassen werden, sondern daran, dass die Klausuren oft in großen Teilen auf altfragen basieren und sich die Klausuren durch größtenteils richtiges kreuzen bestehen ließen. Sieht man alleine daran, dass auch die mit schlechten Noten, die vorher eine Ausbildung gemacht haben oder 7 Jahre gewartet haben ohne Probleme durchs Studium kommen. Promoviert hat sie nebenbei, dass war üblich um dann kurz nach Ende des Studiums ihre Verteidigung zu haben.
Sie hatte also das absolut durchschnittliche Medizinierstudium hingelegt. Meine Arbeitsbelastung war (so sieht sie das auch) defakto durchgehend höher während der Ausbildung inkls. der Jahre meiner Promotion und dem Beginn ihrer Assi Zeit und ist nun vergleichbar, ich kann mir die Zeit nur einfacher einteilen als sie.
Während der Promotion habe ich trotz voller E13 Stelle, was in allen Bereichen außer ing und info absoluter luxus ist, wesentlich weniger verdient, nun verdiene ich netto minimal mehr als sie inklusive ihrer Dienste. Langfristig werde ich sie wohl ab der nächsten Beförderung klar überholen.
Der durchschnittliche 0815 Arzt kann also ohne Probleme mit dem Top Prozent, wenn nicht Promille aus allen anderen Bereichen mithalten.
Wie kommt es also, dass sich trotzdem beschwert wird? Meiner Meinung nach gibt es die folgenden Gründe:
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Fehlende Vergleiche. Ärzte sind oft nur unter sich und gucken sich dann nur Trolle im WiWi Treff an, die alle sofort 200k verdienen mit abgebrochenen Bachelor. Daher kommt auch der Falsche Glaubensansatz nur Ärzte wären für Menschen verantwortlich. Waren das die Boeing Ingenieure nicht, die das MCAS System entwickelt und damit über 300 Menschen gekillt haben? Wenn ein Arzt 1 Fehler macht stribt 1 Person, bei anderen Berufsgruppen sind es schnell hunderte (Pilot, Ingenieur, Kapitän, siehe Costa Concordia etc.)
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Älterer Einstieg: Oft haben Ärzte vorher schon eine Ausbildung gemacht oder viele Wartesemester, vergleichen sich aber natürlich wenn mit den Gleichaltrigen, die ja dann aber schon 5+ Jahre mehr relevante BE haben, was natürlich kein fairer Vergleich ist
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Fehlende Performance Boosts: Bei den Ärzten ist mindestens bis zum Facharzt erstmal jeder so ziemlich gleich. High Performer kriegen nichts extra. Jeder denkt aber von sich er wäre High Performer, und vergleicht sich nur mit den High Performern aus anderen Bereichen. Dass natürlich 50% unter dem Durchschnitt arbeiten, dass will keiner wahr haben
- fehlende Unterteilung nach Regionen: Der einzige Punkt den ich einsehe, Ärzte in München verdienen fast das gleiche wie in ober unter hinterhausendorf. Das macht es natürlich sehr unattraktiv, wobei es das natürlich auch ähnlich in anderen Branchen gibt.
Meiner Meinung nach sollten sich die Ärzte nicht beschweren, interessanter Beruf. Die Arbeitsbedingungen hängen stark von der Klinik ab und reichen von "So wie man sich IGM vorstellt" über "So wie IGM wirklich ist" bis hin "bei einem Dienstleister wäre ich besser dran". Hier gilt natürlich Augen auf, wer aber als Arzt keinen Bock auf miserable Bedingungen hat, der muss diese nicht hinnehmen.
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