WiWi Gast schrieb am 08.04.2020:
Bis jetzt behaupten fast alle Vorposter, dass es in den nächsten 1-2 Jahren nochmal kräftig runtergeht. Als Argument wird der Verlauf ab 2000 und 2008 genannt - und ich dachte die Börse ist nicht vorhersagbar? Wenn hier alle einer Meinung sind, dann kann es ja nur anders kommen.
Ne, hast du falsch verstanden. Es geht nicht um 1-2 Jahre, sondern 1-2 Monate. Nämlich genau dann, wenn die ersten Fundamentaldaten aus März bzw. Q1 veröffentlich werden. Das ist die große Unbekannte. Und die bestimmt wie weit es von jetzt an herunter gehen wird.
Und nein, Börsenkurse sind in der Tat nicht vorhersehbar, aber deren mittelfristige(!) Reaktionen wiederholen sich wie das Amen in der Kirche.
Der jetzige Verlauf ähnelt stark dem Verlauf der Finanzkrise 2008, mittelbar ausgelöst durch Lehman, gefolgt von einer heftigen Rezession. Wir sind leider Gottes auch aktuell genau im Fahrplan. Schau dir mal den Verlauf des S&P 500 auf Tagesbasis zu der Zeit an.
Nun haben wir erneut einen Schock (Virusausbruch) und der Markt bricht ein. Anschließend kommt, nach einer sehr volatilen Phase, zur Beruhigung und eine insgesamt, je nach Index, 20-30 prozentige Erholung aus der vorläufigen Bodenbildung. Der einzige Unterschied zu jetzt ist, dass es damals nicht eine Woche, sondern einen Monat bis zum temporären Tief gedauert hat.
Im Anschluss reagiert der Markt unschlüssig, da die schlechten Meldungen aus der Wirtschaft nicht abreißen/sich häufen bis schließlich, weitere ein, zwei Monate später die Volkswirtschaften vollends in die Rezession abdriften. Erkennbar an der Industrieproduktion, die tatsächlich bereits zum den Zeitpunkt des Lehmancrashes rückläufig war. Dies ist aber erst später bekannt!
Und das zieht den Markt drei Monate später in einen halbjährigen, heftigen Downturn.
Natürlich gibt es unmittelbar nach dem Crash im September auch positive Tage. Am 13. Oktober schnappt der S&P 500 beispielsweise um gut 10% nach oben zurück (da war ja was in den letzten Wochen). Zwei Wochen später kommt noch einmal eine sehr positive Woche mit 8-10% anstieg. Dann kommt wieder ein harter Einbruch.
Was ich damit sagen will, ist dass der Markt sich in solchen Situationen an Strohhalme klammert. Erfolgsmeldungen werden aufgebauscht und überinterpretiert. Damals war es das Finanzsystem, welches vorläufig gerettet werden konnte, jetzt es ist der Erfolg bei der Bekämpfung des Viruses und natürlich, damals wie heute, weitreichende Zentralbankmaßnahmen. Genützt hat es aber nichts, weil die Börse immer noch an die Realwirtschaft gekoppelt ist, und die war damals, wie auch heute schlicht ausgestopt. 2020 sogar wortwörtlich.
Man kann im Nachhinein zurecht fragen, wer denn so dumm war, im Spätherbst 2008 noch auf neue Höchststände zu hoffen. Die Antwort ist die gleiche wie im März/April 2020. Und es wird auch 2030 oder 2040 so sein, denn FOMO, also "Fear of Missing out" überwiegt in dieser Phase bei den Anlegern. Natürlich in Kombination mit der Gier jetzt die großen Gewinne einfahren zu können treiben sie die Kurse kurzfristig immer und immer wieder verzweifelt nach oben.
... aber es gibt kein Gegengewicht mehr.
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