Wenn du langfristig im Bereich Analytics arbeiten willst, dann ist der Weg über Startup m.M.n. der beste Weg. Zwei Jahre lang unbezahlt klingt dann aber eher nach nem Outlier, ich habe aber auch schon eine Vermutung, woran das liegen könnte.
Wie du sicherlich weißt, setzt Data Science in den meisten Fällen erstmal voraus, dass zumindest die Grundzüge einer Data Platform im Unternehmen exisitieren. Für die meisten Startups ist das aber erst wirklich ein Thema nach ihrer Series A und teils Series B. Bis dahin werden zwar eine Reihe von diesen Datenpunkten getrackt (zB über Google Analytics, das CRM, etc), diese sind aber oft fragmentiert und auch sehr oft in einer Weise aufgesetzt, dass diese (noch) nicht miteinander verknüpfbar sind. Vor allem Event-based Data ist oft nur Kraut und Rüben. Das bedeutet, dass deine Skills und dein Nutzen als DS erstmal a) sehr limitiert sind und b) erstmal das ganze Gerüst drumherum hochgezogen werden muss.
Wenn man b) auf keinen Fall möchte, dann gibt es tatsächlich gar nicht so viele offene Positionen im DS Bereich (zumindest nicht bei Startups) und diese werden in der Regel von Experienced Hires und nicht von Absolventen besetzt. (meine Aussagen beziehen sich ausschließlich auf Startups & Scaleups, von Konzern hab ich keine Ahnung)
Du siehst also das Dilemma und ich finde hier sind zum großen Teil auch die Hochschulen mit dran Schuld, weil alle auf den DS-Hypetrain mit draufgesprungen sind. Die meisten Startups brauchen halt nur 1-2 Data Scientists - und aus meiner persönlicher Erfahrung würde ich lieber einen Analyst oder Data Engineer,der eine Fort- oder Weiterbildung in dem Bereich gemacht hat, auf das Thema setzen, als einen Absolventen.
Wenn wir jetzt von meinem kleinen Exkurs zurückkommen, dann stellt sich die Frage und jetzt? Hast du das alles umsonst gemacht? Nein. Statistik und besonders Python (SQL solltest du nachholen, falls du hier weitergehen willst, selbst als DS brauchst du das) wird dir enorm weiterhelfen. R war von ein paar Jahren noch sehr gefragt, aber sehe ich im Tech-Bereich eher selten als Anforderung.
Welche Optionen hast du: such dir eine Position als Werkstudent in nem Tech Startup im Bereich Data Engineering oder Analytics (Product Analyst, Data Analyst, BI Dev, etc.). Analyst ist sexier und deshalb oft überlaufen. Aber damit sammelst du praktische Erfahrung und langfristig kannst du immer noch in Richtung Data Science gehen, weil dieses auf die anderen Bereiche aufbaut.
Wie findest du Startups? Geh auf Crunchbase, mach dir einen Free Trial Account und such nach Startups, die in den letzten Monaten ihre Series A/B/C (A&B ist meiner Meinung der Sweetspot, weil du hier signifikant am Aufbau beteiligt sein wirst) und schau dir die Karriere-Page an. Während deiner Werkstudententätigkeit solltest du dann darauf abzielen ne Festanstellung zu kriegen. Am Anfang wird Gehalt wahrscheinlich kacke sein, aber genug zum Leben. Hier einfach im 1-2 Jahreszyklus wechseln, bis sich das Gehalt normalisiert hat. :)
WiWi Gast schrieb am 23.09.2022:
Erst mal danke für die Antwort! Ich kann ganz gut in R und Python programmieren und habe in meinem Nebenfach eine Grosszahl statistischer und ML-Methoden kennen- und implementieren gelernt. Faktisch habe ich im Bachelor etwa gleich viele Credits in Statistik und Data Science nahen Fächern belegt wie in VWL. Aber auf dem Abschluss steht nun mal VWL, und ein Dozent von mir hat als Student ein ähnliches Profil gehabt und lange keinen Weg in die Data Science Branche gefunden. Seine Lösung war ein Start-Up, mit dem er 2 Jahre lang unbezahlt Aufträge angenommen hat, um sich Referenzen zu erarbeiten... das ist für mich keine Option. Daher meine Zweifel. Aber Danke für deine etwas optimistischere Einschätzung.
WiWi Gast schrieb am 23.09.2022:
Data Science ohne mindestens Kenntnisse in den gängigen Programmiersprache wird unwahrscheinlich - das ist richtig. Mittlerweile sind auch mehr und mehr Skills aus dem ‘klassischen’ Softwareentwicklungs-Bereich notwendig, weil man hat sehr schnell gemerkt, Überraschung, dass ein paar Models, die irgendwo lose ohne Doku oder Unit-Tests rumfliegen, nicht zielführend sind.
Das sind aber in der Regel Sachen, die du als Junior in einem Unternehmen lernst. Wenn dich der Bereich interessiert, dann bau dir doch außerhalb der Uni ein Skillset auf. Es gibt viele Kurse, die dir die Basics von den gängigen Sprachen, Frameworks und Libraries vermitteln und auf Kaggle hast du eine Riesenmenge an Datensets (und Lösungen von echten Experten!) an denen du dich anschließend austoben kannst.
Mach dir nicht soviel Druck, direkt nach dem Studium den Traumjob zu finden. Wenige haben das Glück (und einige machen sich den Job interessanter, indem sie etwas an der Position finden, dass sie begeistert). Die große Mehrheit braucht Jahre bis sie ihren Traumjob gefunden haben (im Bezug auf ihren fachlichen Anspruch, das Finanzielle und die Rahmenbedingen sind nochmal ne andere Story) und manche suchen ihr Leben lang. Der Krux liegt meiner Meinung nach darin, dass man den Traumjob nicht findet (da man immer auf Glück angewiesen ist, dass sich alles so fügt, wie man es gerade braucht) - sondern zu einem gewissen Grad selber dafür verantwortlich ist, die eigene Tätigkeit für sich selber schmackhaft zu machen.
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