WiWi Gast schrieb am 10.12.2020:
Dir ist aber schon bewusst, dass dies für Zehntausende nicht nur Glaube sondern tatsächlich Realität ist? Natürlich immer noch ein geringer Prozentsatz bezogen auf die Gesamtbevölkerung, aber man muss mal aufhören so zu tun, als würden diese Leute nicht existieren.
Relevant IST aber der Prozentsatz und nicht die blanke Anzahl.
Um 100k zum Berufseinstieg oder nach spätestens 2, 3 Berufsjahren zu verdienen, erfordert es in aller Regel ein hervorragendes CV, wodurch der Einstieg in die renommierten Unternehmensberatungen, Banken, Konzerne usw. möglich wird, denn überwiegend dort werden solche Gehälter an Jungakademiker gezahlt.
Bei den Juristen, um mal ein Nicht-BWL-Beispiel zu nennen, genügt es zumindest, wenn "nur" die Examensnoten stimmen. Mit Prädikatsexamina ist es quasi irrelevant, ob der Studienort nun Greifswald oder Bucerius Law School hieß, die Türen zu den 100k-Jobs sind für Absolventen beider Unis sperrangelweit geöffnet.
Bei BWL ist der Studienort, neben den Noten selbst, hingegen von eminenter Bedeutung. Mit einem Master aus Mannheim sind die Chancen auf Einladung zu einem Gespräch zu McKinsey gegeben, mit einem Master von der FOM (oder einer der anderen zahlreichen No Name Privat-Unis/FHs) fliegt die Bewerbung direkt in die Mülltonne.
Natürlich heißt das nicht, dass der Absolvent der No Name-Uni/FH niemals die 100k knacken kann. Klar geht das, aber anders als bei den oben genannten Spitzenabsolventen muss er, sofern er nicht riesiges Glück oder ein überragendes Netzwerk hat, langsam über Jahre in mäßig bezahlten Stellen mit guter Arbeit überzeugen und sich hocharbeiten. Die ganz überwiegenden Mehrheit dieser Absolventen wird im Berufsleben niemals die 100k sehen, sondern irgendwo zwischen 50 und 80k das Ende der Fahnenstange erreichen. Das Problem ist, zu wenige Studenten sind sich dem bewusst.
[Inflation ist natürlich in meinen Überlegungen nicht berücksichtigt, sondern rein nach aktuellen Maßstäben gerechnet - sonst wäre es ja witzlos]
Um zum Thema Lehrer oder freie Wirtschaft zurückzukehren...
Wer ein Leben mit überdurchschnittlichem Gehalt plus Aussicht auf einen finanziell sorgenfreien Ruhestand (im Vergleich zum Median), mit faktischer Jobsicherheit (bei Verbeamtung), mit einer guten Vereinbarkeit von Beruf und Familie und mit ordentlichem Ansehen in der Bevölkerung sucht, für den ist der Lehrerberuf eine absolut attraktive Wahl.
Für Karrieristen, die schnell viel Geld verdienen möchten, dabei teils Abstriche bei Familie, Freunden und Freizeit in Kauf nehmen und auf Jobsicherheit verzichten können, ist der Lehrerberuf natürlich kaum eine veritable Option.
Dabei möchte ich klarstellen, dass jedes Modell die gleiche Daseinsberechtigung besitzt. Wichtig ist nur, dass die Person es selbst will, also sich eigenverantwortlich entscheidet und danach nicht jammert. Wichtig ist auch, dass man sich einen Stärken, aber auch seinen Schwächen bewusst ist, bevor dann pötzlich nach einigen Jahren böse Überraschungen drohen.
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