Hallo, ich möchte heut auch einmal meine Erfahrung mit dem Allianz Traineeprogramm mit euch teilen, welches ich insgesamt 1 Jahr und 8 Monate durchgehalten habe.
Am Anfang standen Gespräche und Assessment Center (eins um zu schauen, ob man als Verkäufer taugen könnte und eins um zu sehen, ob man Führungsqualitäten mitbringt). Nach diesen ganzen Informationen war mein Stand folgender: 2 Jahre Programm, Festgehalt von 2500?, Vertrieb nur im 1. halben Jahr, danach Sonderaufgaben. Während der ganzen Zeit Ausbildung zur Versicherungsfachfrau und nebenbei Nachwuchsführungskreise, am Ende Prüfung. Ein örtlicher Wechsel wäre auch kein Problem (ich hatte da schon angemerkt, dass ich irgendwann umziehen werde). Das war der Plan...
Zwei Tage vor Arbeitsantritt erhielt ich den Arbeitsvertrag (2 Seiten Arbeitsvertrag, ca. 70 Blätter mit Regularien von Provisionstabellen über Verhaltenskodex ect). Der Arbeitsvertrag besagte, dass ich ein halbes Jahr angestellt bin und 1500? Festgehalt und 1000? Provisionspauschale bekomme. Da bin ich schon das erste mal stutzig geworden. Warum Provisionspauschale??? Aber egal, zwei Tage vor Arbeitsbeginn hat man ja keine anderen Möglichkeiten mehr. Übrigens hieß es auch, dass das Gehalt alle bekämen und es keine Verhandlungsspielräume gäbe. Im Nachhinein hat sich das auch als nicht ganz der Wahrheit entsprechend rausgestellt.
Im ersten halben Jahr war wirklich alles so wie abgesprochen, 100 % Vertrieb, d. h. tagsüber Kunden besuchen, abends (bis 20 Uhr) Termine für Kundenbesuche vereinbaren und parallel theoretische Ausbildung. Aber schon nach wenigen Wochen hab ich mich gefragt, ob ich das wirklich machen will.... Es ist sehr stressig und man muss unheimlich organisiert sein. Selbstverständlich erhält muss man auch gewisse Zahlen bringen, ansonsten gibt's zusätzlich Druck. Achso und Dienstwagen oder Diensthandy gibt's natürlich auch nicht.
Im 2. halben Jahr war ich 50 % Assistentin des Chefs und 50 % Vertrieb. Das der Vertrieb weiter geht, hab ich auch erst kurz vorher erfahren und war natürlich begeistert... Ich wurde in eine neue Einsatzagentur gesteckt und das Spiel ging von vorn los. Da die Agentur mich anteilig mitbezahlen musste, haben die natürlich auch ordentlich Druck gemacht, ich sollte mich ja wenigstens amortisieren... Die Assistenzzeit war gut, ich habe Auswertungen/Statistiken/Präsentationen/Besprechungen/Reisenerstellen bzw. organisieren müssen. In anderen Geschäftsstellen gibt's dafür Sekretärinnen, so dass das kaum woanders stattfindet. Dann kam der Nachtrag zum Arbeitsvertrag, der besagte, dass ich nun Kundenberater bin und nur noch 1500? bekomme und mir den Rest über Provision verdienen soll (vom Chef auch schon unterschrieben). Nach einigem hin und her kam dann wieder die Provisionspauschale zum Einsatz.....
So das erste Jahr war um. Ich habe dann mal angemerkt, dass ich mich perspektivisch (nach Beendigung des Programms) gern örtlich verändern möchte. War kein Problem, aber wenn dann sofort (da ich mich ja für den Chef nicht mehr amortisieren würde, musste ich schnellstmöglich weg, damit er mich nicht mehr unnötig bezahlen muss....). Gesagt, getan. Zwei Monate später stand fest, dass ich zum Ende des 3. halben Jahres den Ort wechseln werde. Welche genauen Aufgaben ich dann bekomme, wurde noch offen gelassen. Die IHK-Prüfung wurde schnell noch mit abgebacken. Nachher wurden dann Stimmen laut, warum ich denn dafür soviel Zeit zum Lernen gebraucht hätte.... Und wieder steht man ein wenig verdattert da...
Im 3. halben Jahr dann weiter Assistenz und 50% Sonderprojekt. Das war auch totaler Blödsinn, aber irgendwas musste man ja mit uns veranstalten.
Während des ganzen Jahres fanden die Nachwuchsführungskreise statt. Monatlich oder zwei-monatliche Tagesseminare. Teilweise sehr interessant und teilweise einfach nur Singen und Klatschen... Meistens musste man sich mit einer Präsentation darauf vorbereiten, Hilfe gibt's nur bedingt von den Führungskräften und wann man das macht, liegt an einem selbst. Die meisten Präsentationen wurden am Abend vorher gebaut. Es gab auch ganze Rollenspieltage... Die gibt's immer und überall, daran muss man sich gewöhnen. Zusätzlich bekommt man einen Bausteinpass, mit welchem man verschiedene Aufgaben nachweisen muss (Vortrag vor dem Führungskreis, Bewerberrekrutierung, Durchführen von Konfliktgesprächen etc). Hier ist man massiv auf die Unterstützung der Führungskräfte angewiesen. Ich bin diesen nur hinterhergerannt, es war grad immer nicht möglich.... Da steht man dann wirklich allein auf weiter Flur und muss zusehen, wie man das organisiert bekommt.
Generell muss man bedenken, dass man in der Woche so ca. 100 Mails bekommt, die beachtet werden wollen. Festgelegte Arbeitszeiten gibt's nicht, aber in der Regel arbeitet niemand nur 40 Stunden. Die meisten sitzen auch am Wochenende an den Rechnern und arbeiten was ab, da sie sonst nicht dazu kommen. Anrufe bekommt man auch stets und ständig. Mein Chef rief mich abends um acht gern mal an und auch mal am Sonntag. Allerdings ist mir das nur einmal passiert, danach bin ich einfach nicht mehr rangegangen. Man ist ständig in dieser "Hab-Acht-Stellung".
Das 3. halbe Jahr näherte sich dem Ende, der Umzug stand vor der Tür. Da bekam ich eine Mail, die ich nicht hätte bekommen dürfen. Daraus ging hervor, dass ich in der neuen Geschäftsstelle als Kundenberater eingesetzt werde. Da hab ich nicht schlecht geschaut. Ein halbes Jahr vor Programmende, also bevor man Führungskraft sein soll, geht man als Kundenberater wieder verkaufen. Ich hab den Verantwortlichen sofort angerufen: "Es wäre eine besondere Situation und ich hab dort soviele tolle Möglichkeiten und eine andere Stelle gibt's jetzt auch nicht." Bumm... einmal total verarscht! Ich bin nur froh, dass ich diese Mail erhielt, ansonsten hätte ich wirklich erst kurz vor Beginn erfahren, was auf mich zukommt.
Die besondere Situation stellte sich dann als heruntergekommene Agentur mit zwei Arbeitsplätzen heraus. Die zwei Damen, die diese zwei Arbeitsplätze besetzen, fanden es auch ganz prima, in der Agentur zu rauchen. Wenn man dort also raus ist, hat man gestunken wie eine Kneipe. Insgesamt waren wir aber zu viert in der Agentur, d. h. für mich gab es nicht mal einen Arbeitsplatz. Die Technik wurde mir eingerichtet und funktionierte auch schon nach zwei Wochen, da ging aber schon der Druck los von wegen ich muss zu Kunden verkaufen, verkaufen, verkaufen... Das artete richtig in Gängelei aus. Ich musste zweimal wöchentlich melden, wieviel Termine ich gemacht habe, d. h. es wurde verlangt jeden Abend zu telefonieren und Termine zu machen. Wenn das nicht reicht, auch samstags. Jetzt muss man noch dazu sagen, dass diese Agentur eine dreiviertel Stunde von meinem Wohnort entfernt liegt. Meine Motivation ging gegen null....
Dann kam wieder ein Nachtrag zum Arbeitsvertrag. 1500? fest, Rest Provision. Ich habe das Gespräch mit meiner Führungskraft gesucht und ihm mitgeteilt, dass ich dies nicht unterschreiben werde, da mir das volle (bisher auch gezahlte) Gehalt zusteht. Die Gemüter erhitzen sich, da er nicht verstehen konnte warum. Während des Gespräches teilte ich ihm auch mit, dass ich mit meinem aktuellen Aufgabenbereich nicht einverstanden bin, da mich dies überhaupt nicht weiterbringt.... Naja am nächsten Tag fand das Gespräch mit dem Chef statt. Er hielt ebenfalls an dem Nachtrag fest und auch an meinem Aufgabenbereich, es führte kein Weg zu einem Kompromiss... Mein Aufhebungsvertrag lag zu der Zeit auch schon vorbereitet in einer Mappe auf dem Tisch... Kurzum der Aufhebungsvertrag wurde unterschrieben, mein Gehalt hab ich mir dann über eine Anwältin geholt und konnte dann endlich mit dem Laden abschließen. Ich habe einen Monat gebraucht, um wieder "normal" zu laufen und von dieser "hab-acht-Stellung" loszukommen...
Mittlerweile gibt es ein neues Traineeprogramm... Das Assessment Center soll härter sein. Das Einstiegsgehalt liegt wohl bei 3300?, der Vertrieb geht jetzt von vornherein 18 Monate!!!
Fazit: Wer gerade keine andere Alternative hat, kann sich hier gern versuchen. Wer gern Versicherungen verkauft auch. Ansonsten lasst die Finger davon!!!
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