WiWi Gast schrieb am 14.08.2021:
Dann hast Du noch zum "richtigen" Zeitpunkt gekauft und freust Dich zu recht. Aber hier geht es ja um die aktuellen Preise & da wären um die 30% Rückschlag bei dem Preisniveau schon eine Hausnummer. Wer sich da leisten kann soll es tun. Habe ich gar nichts gegen einzuwenden.
Ich glaube nur einfach nicht, dass die Aussage "ist jetzt noch zu billig, wird weiter nach oben gehen" pauschal so zu halten ist. Und auch die Handwerkerkosten wollen ja bezahlt werden. Das funktioniert in der breiten Masse eben nur so lange wie das Lohnniveau der Käufer ungefähr im gleichen Maße steigt. Und das sehe ich aktuell nicht. Die Kaufkosten haben sich längst von den Einkommen abgekoppelt. Das schlug bisher aufgrund der genannten Faktoren nur nicht so sehr zu Buche. Aber mathematisch ist eben irgendwann Schluss, wenn die Löhne über die Jahre um z.B. 2-3% steigen, die Kaufkosten aber jedes Jahr > 10%
Es gibt durchaus viele Sachen, die schneller als die Lohnentwicklung steigen, z.B. Strom und Gas. Da sagt auch keiner, dass Strom und Gas bald im Preis sinken müssen, weil der Anstieg ja schneller als die Lohnentwicklung war.
Die Immobilien, über welche wir hier reden, richten sich außerdem nicht an die breite Masse, sondern an die oberen 10-20% der Einkommen. Die Grundstücke und die verkaufsbereiten Häuser sind extrem selten geworden. Dass man einfach mal an den Stadtrand 200 Grundstücke hinsetzt und für 100-150k verkauft - sowas gab es vor 10-15 Jahren, aber nicht mehr heute. Es gibt keine geeigneten Flächen mehr (unter Beachtung Naturschutz, Lärmschutz, Emissionsgutachten, innere Erschließung usw.).
Wenn man bei dem viel zitierten IW-Köln Rechner Westdeutschland, obere 10%, 2 Erw. + 2 Kinder auswählt, kommt 7.500 Euro netto heraus. aus BWLer-Sicht mögen das Schleudersitzpositionen sein, aber da sind haufenweise Richter, Anwälte, Steuerberater, Lehrer, Beamte usw. dabei - also Personen, welche 7.500 Euro netto und mehr als Paar mit Kindern verdienen und wo das Einkommen auch relativ sicher ist (solange etwa keine gesundheitlichen Probleme kommen).
Von 7.500 Euro kann man locker die Hälfte zur Finanzierung nutzen und die andere Hälfte (3.750 Euro netto) zum Leben. Die Allianz gibt auf 30 Jahre aktuell 1,39% Zinsen.
Man kann also ein Haus für 1,38 Mio. Euro kaufen und dann 1,1 Mio. Euro finanzieren, der Rest plus Nebenkosten als Eigenkapital. Die 1,1 Mio. Euro werden dann 30 Jahre fest (!) ohne Zinsrisiko mit Volltilgung für 3.750 Euro abgezahlt.
Die Rate sieht hoch aus, aber mein Gott - hier im Forum sind ja schon 5k netto der heilige Gral für viele. Überleg doch mal - 5k netto, davon 1.500 Euro Kaltmiete = 3.500 Euro bleiben übrig. Und man macht dabei nichts für die Altersvorsorge.
7.500 Euro netto abzgl. 3.750 Euro Rate = 3.750 Euro netto bleiben übrig. Und man ein Haus mit ca. 60 Jahren abgezahlt, welches dann mindestens 2 Millionen Euro wert ist.
Also, zumindest außerhalb der extrem teuren Ballungsräume scheitert es sicher nicht daran, dass es keiner bezahlen kann. Da gibt es genug Leute, die sich 2k bis 4k Rate leisten können und nachher trotzdem mehr netto zum Leben haben als das typische BWLer-Paar.
Und nirgendwo ist gesagt, dass einzelne Bereiche nicht stärker inflationieren dürfen als andere - siehe Strom und Gas.
In Summe muss man dann auch sagen, es muss nicht mal für alle leistbar sein, im Eigentum zu leben. Vielleicht ist das heutzutage auch Luxus und Miete ist der Standard? Früher war es eigentlich üblich, dass man natürlich als Käufer deutlich mehr gezahlt hat als ein Mieter - dieses Paradigma wackelt heutzutage doch arg. Ich meine damit, über die Lebenszeit mehr gezahlt. Dafür hatte man ja einen Gegenwert, der Mieter nicht.
Heutzutage ist die Kreditrate (außerhalb von München und Co.) häufig niedriger als die Kaltmiete und nach 20-25 Jahren ist die Kreditrate 0 Euro, die Kaltmiete wird aber weitere 30 bis 35 Jahre gezahlt, während der Eigentümer nichts mehr außer Instandhaltung zahlt. Bei 1,5k Kaltmiete, sollte man eigentlich 3,0k Kredit zahlen müssen über 20-30 Jahre, denn Kredit sollte nicht weniger kosten als Kaltmiete. Sowas gibt es schon lange nicht mehr. Bei meinen Eltern war das noch so. Da war der Kredit viel, viel höher als ähnliche Objekte zur Miete.
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