Wie ich es mir gedacht habe, hast du einige grundlegende Fehlannahmen bezüglich physikalischer Prozesse in einem Haus. Okay, fangen wir an...
Wände, also dort wo die Dämmung ist, dort kann nichts atmen. Sowohl Innenputz als auch Außenputz sind luftdicht. Weder im Altbau noch im Neubau können Wände atmen - sie sind gleichermaßen luftdicht. Die Dämmung sorgt alleine dafür, dass die Innentemperatur der Außenwände höher ist. Das ist der physikalische Effekt - nicht mehr und nicht weniger.
Richtig ist, in älteren Altbauten sind Fenster meist ein gutes Stück undicht. Auch ohne das Fenster aufzumachen, hast du damit in einem Altbau aufgrund undichter Fenster eine gewisse Grundlüftung.
Ein Baumangel ist es, einen Neubau zu bauen, ohne lüftungstechnische Maßnahmen. Das darfst du gerne rügen und auf Mängelbeseitigung bestehen.
Es gibt die billige Lösung, das sind Fensterfalzlüftungen. Damit werden die neuen und an sich dichten Fenster undicht gemacht. Damit bist du vom "Atmen" her wieder auf dem Niveau eines Altbaus, d.h. undichte Fenster sorgen für eine Grundlüftung (Wände sind immer luftdicht, auch im Altbau).
Die zeitgemäße Lösung ist natürlich eine Lüftungsanlage. Die simuliert quasi 24/7 eine Querlüftung, d.h. in Wohnräume kommt frische Luft und in Bad und Abstellraum wird die Luft nach außen gelüftet.
Im Standard können diese Geräte nichts an der Luftfeuchtigkeit der Außenluft ändern, d.h. ein Standard-Lüftungsgerät verändert die Luftfeuchtigkeit exakt so, wie beim manuellen Lüften auch.
Wenn du im Winter eine zu niedrige Luftfeuchtigkeit hast, dann ist die Lüftungsrate demzufolge zu hoch eingestellt. Das kannst du direkt an der Steuerung vom Gerät ändern.
Vorteil von einer Lüftungsanlage ist also, dass du 24/7 frische Luft hast, welche durch einen Feinstaub-Filter geht und immer in optimaler Menge (d.h. genau so viel frische Luft, wie notwendig, aber nicht zu viel, dass die Luft trocken wird). Natürlich setzt dass voraus, dass der Anwender einen Drehregler betätigen kann um dort die gewünschte Luftmenge pro Stunde einzustellen. Prinzipiell können solche Anlagen auch 2x Stoßlüften pro Stunde 24/7 simulieren - klar, dass dann die Luft trocken wird.
Vorteil ist auch, dass durch einen keramischen Wärmetauscher die Luft, welche in das Haus kommt, angewärmt ist. Drinnen 22 Grad, draußen -10 Grad. Beim Stoßlüften kommt die eiskalte Luft rein und wärmt sich dort dann an dir und den Oberflächen an. Das empfinden Menschen dann übrigens als frische Luft (kalt = frisch). Praktisch hat das natürlich nichts zu sagen, ganz im Gegenteil - Feinstaub, Smog & Co. sind bei kaltem Wetter wesentlich häufiger als bei warmem Sommerwetter. Bei einer Lüftungsanlage kommt die frische Luft auch von draußen, hat sich aber schon im Wärmetauscher erwärmt. Vorher natürlich Feinstaub-gefiltert.
Es gibt auch eine Feuchtigkeitsrückgewinnung für Lüftungsanlagen. Damit hast du dann eine höhere Luftfeuchtigkeit im Vergleich zum Stoßlüften. Ist aber praktisch nicht notwendig. Es reicht alleine, die Luftmenge richtig einzustellen.
Wie du ja festgestellt hast, laufen bei dir die Fenster selbst bei mittleren Temperaturen an, also zu hohe Luftfeuchtigkeit. Die Nachbarn lassen ihre Lüftungsanlagen auf voller Stufe laufen und haben eine zu niedrige Luftfeuchtigkeit. Richtig ist es also, die Luftmenge so einzustellen, dass die optimale Luftfeuchtigkeit vorherrscht.
Aber wie gesagt, wer keine Lüftungsanlage will, es gibt Fensterfalzlüftungen, um die neuen Fenster so undicht zu machen wie alte Fenster.
Im Kern solltest du aber erstmal verstehen, dass Luftdichtigkeit und Dämmung zwei disjunkte Themen sind.
Du kannst zwischen den luftdichten Putzschichten massive Dämmung einbringen und die Fenster dann per Fensterfalzlüftung undicht machen.
Du kannst in ein altes Haus neue, dichte Fenster bauen, ohne die Wände zu dämmen. Du wirst auch dort massiv angelaufene Fenster haben, weil die undichten Fenster weg sind.
WiWi Gast schrieb am 03.02.2023:
Kann ich. Dieser Neubau vor ein paar Jahren war sehr stark gedämmt mit 3-fach-Fenstern. Wir haben da drin erst gemerkt, was es heißt, wenn Häuser "atmen". Wir die ersten Monate häufig Kopfschmerzen, die Fensterscheiben sind schon bei 5-8 Grad Außentemperatur stark angelaufen und wir hatten ständig das Gefühl, dass die Luft schlecht ist. Wir haben irgendwann gedacht, dass wir uns da gedanklich reingesteigert haben und haben uns ein CO2-Messgerät gekauft. Und siehe da: Es war tatsächlich so: Nach komplettem Durchlüften war nach 30-45 Min. wieder ein CO2-Wert erreicht, der als gesundheitsgefährdend gilt. Das lag an dieser viel zu krassen Dämmung. Lüftungsanlage gab es nicht. Die Nachbarn in ihren EFHs hatten natürlich alle Lüftungsanlagen, haben sich aber fast ausnahmslos über trockene schlechte Luft beklagt und haben das Stoßlüften vermisst.
Es war echt nicht normal.
WiWi Gast schrieb am 02.02.2023:
Was ist denn totgedämmt? Außer, dass die Außenwände eine merklich höhere Temperatur haben, merkt man doch nicht, wie stark oder weniger stark ein Gebäude gedämmt ist. Also an den Heizkosten halt noch, aber sagen wir mal, das ist zweitrangig. Ansonsten halt nur an wärmeren Wänden, was die meisten Menschen als "behaglich" empfinden. Kannst du das Wort erklären?
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