Und, wo kommen denn nun all die "verbrannten" Leute unter? sind die unsere 3% Dauerarbeitslosen? ;D
Ich glaube der Job ist echt hart und darauf bilden sich die RVLs auch was ein. In meinem Kompaktpraktikum habe ich vor allem aber erlebt, dass die "alten" RVLs sich eine gute Zusammenarbeit mit den neuen Wünschen. Konkret hat sich der ältere RVL bei mir beschwert, dass ein Kollege einen Warenaustausch verneint hätte, um offiziell besser dazustehen, dies aber dem Gesamtgeschäft natürlich geschadet hätte. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die alten RVLs ihre Einschätzung an die GF oder VL weitergeben und die bei den weiteren Karrieremöglichkeiten der neuen RVLs oder Trainees eine wichtige Rolle spielen.
Meine Einschätzung zur Arbeit nach der Traineephase, die sicher eine Art Feuertaufe ist:
Die Filialen die man erhält bestehen ja schon. Was diese Filialen und Mitarbeiter also leisten (können) ist dem VL bekannt. Den Filialmitarbeitern sicher auch. Da Filialleiter soviel ich weiß nach Leistungszahl bezahlt werden, haben die unabhängig vom RVL einen hohen Anreiz, gute Arbeit zu leisten. Sprich: Übernimmt man einen Bereich, sind alle Mitarbeiter ja schon da und wissen eigentlich was zu tun ist. Bestimmt wird der ein oder andere VL dann nochmal versuchen höhere Kennzahlen vorzugeben, denn es kann ja auch sein, dass die bisher erreichte Leistung doch noch nicht die maximale war. Ich glaube aber, dass die meisten genau wissen, was machbar ist.
Im Endeffekt kann man (denke ich) als RVL weder am Umsatz, noch am Personaleinsatz und der Leistungszahl viel drehen. Andererseits kann man aber bestimmt auch kurzfristig hohe oder normale Leistungszahlen erreichen, wenn schlecht gearbeitet wird. Dann leidet eben leider das Ladenbild und langfristig auch der Umsatz. Die Hauptaufgabe des RVL aus meiner Sicht ist also eigentlich die Kontrolle des Ladenbildes. Für kurzfristig gute Kennzahlen sorgt der Filialleiter im Normalfall eigentlich schon aus Eigeninteresse (damit er über 50k statt 30k im Jahr verdient). Die erreicht er aber eben auch, wenn er wenig Leute einsetzt, die entspannt nur das Nötigste arbeiten. Falls dies so wäre, würde man das am Ladenbild sehen. Wie der RVL es dann anstellt, dass auch das Ladenbild stimmt, ist seine Sache und eben die so wichtige Führungsaufgabe. Dass Druck weitergeben nicht die beste Methode ist, da bin ich mir sicher. Aber ich denke deshalb ist die Begutachtung der Filialen durch den VL so wichtig und fällt für die Bewertung des RVL so stark ins Gewicht, denn das scheint meiner Ansicht nach die Hauptaufgabe des RVLs zu sein. Dosenwerfen geht natürlich gar nicht! Verärgerung des VL allerdings ist bei dem hohen Gehalt bei einem schlechten Ladenbild aber nachvollziehbar, wenn man das als Hauptaufgabe des RVL ansieht.
Das war mein Eindruck im Kompaktpraktikum, das mir ziemlich viel Spaß gemacht hat. Der RVL-Job ist extrem zeitintensiv, aber kein Knochenjob, bei dem viel körperlich geschuftet wird. Im Gegenteil: Man sitzt viel, läuft aber auch viel rum. Im Vergleich zu den meisten Bürojobs ist das gar nicht so ungesund, zumal auch die Autos ja recht gut sitztechnisch ausgestattet sind.
Letzte Anmerkung zum unglaublich schlechten "Unter Druck entstehen Diamanten"-Spruch: Stimmt. Aus einer vergleichsweise lächerlich kleinen Menge an Material wird ein winziger, seltener Diamant. Und die allergrößte Menge anderer wertvoller Ressourcen wird einfach für immer durch diesen Druck zerstört. Dass, wie man in der Uni hoffentlich gelernt hat, Kundenzufriedenheit kein Maximierungs- sondern ein Optimierungsproblem ist, gilt auch für Druck: So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Aber ja, das haben wahrscheinlich auch viele der einarbeitenden RVLs nicht verstanden, die nach zwei Jahren deshalb auch gehen und bis dahin aber den Neuen bereits dieses Druck-Paradigma vermittelt haben.
Ob meine "Analyse" stimmt kann ich natürlich nicht sagen. Es wird sicher auch von RG zu RG unterschiedlich sein. Eins ist aber sicher überall gleich: Es muss viel und hart gearbeitet werden. Insbesondere an Samstagen und vor Feiertagen. Lange Wochenenden mit einem Tag Urlaub: Vermutlich eher Fehlanzeige. Und ja, viele Früh- oder Spätprüfungen. Aber was spricht dagegen, beides an einem Tag zu machen und sich dafür mittags ein paar Stunden freizunehmen und die Kommilitonen in ihren Kantinen bei den Big4 zu besuchen, die abends noch genauso lange schuften müssen? :P
Ob mir der Job langfristig gefallen würde kann ich nicht sagen. Auch nicht, ob ich es überhaupt versuchen würde. Es reizt mich, auch weil es nur wenige "schaffen". Andererseits hätte ich Sorge, dass mein Leben zu sehr fremdbestimmt und ohne Freizeit wäre. Das ist aber eine Grundsatzfrage. Einen Job mit >100k Jahresgehalt zu erhalten und dafür nur 40-45h/Woche zu arbeiten gleicht vermutlich der Wahrscheinlichkeit eines 6ers im Lotto. Schaut man sich Reports zu Durchschnittsgehältern von BWLern mit Masterabschluss an, landen die mit >5 Jahren Berufserfahrung bei ca. 50k/Jahr. Deutlich über 60k/Jahr schaffen es die allermeisten nicht. Geht mal in ein schickes Altersheim, das ordentlich teuer ist und erzählt den Leuten dort, dass man bei Aldi nach drei Jahren und damit bereits im Alter von 24 Jahren (18 Abi, 3 Jahre BA, 3 Jahre Arbeiten) ~100k/Jahr verdient und dass das für den harten Job ja nur Schmerzensgeld sei. Die werfen Euch hochkant raus. So viel verdient fast niemand der Erwerbstätigen. Und viele leisten sehr gute, harte und lange Arbeit.
Ich glaube der Job kann sehr gut sein, auch über Jahre. Man tauscht aber natürlich, wie in (fast) jedem Job, Lohn gegen Arbeit, bzw. Lebenszeit. Auch ziemlich proportional: 65h/Woche = 65k/Jahr, und 40h/Woche = 40k/Jahr. Nur die Einkommenssteuerprogression macht es dann "unterproportional". Absolut gesehen ist es aber trotzdem mehr als 40k. Das Einfamilienhäuschen hat man schneller, die Rente eher. Das durchschnittliche Haus am Stadtrand bei einer sparsamen Lebensweise sogar schon nach rund 7-8 Jahren abbezahlt. Klar, Geschäftsführer von BMW wird man damit definitiv nicht, aber bleiben wir mal realistisch. Da kommt man eh nur hin, wenn man von Anfang an blendende Kontakte mitgegeben bekommen hat. Wenn die in diesem Forum jemand hätte, würde er hier nicht schreiben :P
Werdet Euch im Klaren darüber, was Ihr mit Eurem Leben anfangen wollt: Gute Work-Life-Balance und ein ordentliches Leben, oder eine in jüngeren Jahren schlechtere Work-Life-Balance aber dafür eine überdurchschnittliche finanzielle Absicherung und frühere Rente. Wenn ersteres zutrifft, würde ich prinzipiell erst gar nicht an Aldi denken. Das kann nichts werden. Die hohen Einstiegsgehälter verlocken aber trotzdem dazu und deshalb tun es doch viele. Bei zweitem ist Aldi eine von vielen Möglichkeiten. Und auch dann kann es einem natürlich passieren, dass der Job nicht passt, oder man eine "schlechte" RG erwischt, bei der es dann schnell vorüber ist. Der CV ist sicher nicht verbrannt. Man startet eben nur ein bisschen später. Als Grund für Aldi kann man ja durchaus auch das hohe Einstiegsgehalt nennen. Das ist legitim. Personaler empfinden es mitunter sogar als sehr positiv, wenn Mitarbeiter durch Gehalt motiviert werden können.
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