WiWi Gast schrieb am 06.02.2024:
Ich glaube auch nicht, dass es da die eine Wahrheit gibt. Es kommt halt klassisch auf die persönliche Präferenz an. Die einen lieben es, auch mit Kindern in der Stadt, die anderen treibt es halt ins Umland. Da sollte einfach jeder für sich entscheiden, was ihm taugt und was nicht. Lost sind nur diejenigen, die blind irgendwelchen Vorstellungen folgen - egal ob in der Neubausiedlung in der Stadt oder der DHH im Speckgürtel. Was mir persönlich nur auffällt und manchmal leicht nervt ist die Änderung meiner Nachbarschaft auch aufgrund der steigenden Mieten. Ich bin vor über zehn Jahren hierhin gezogen. Erst klassisch die 1-Zimmer Wohnung, dann 2 und dann zusammen mit Freundin in die 3-Zimmer Wohnung. Nachbarn entsprachen eigentlich immer der eigenen Lebensphase (Single, Paare, keine Kinder). Nun beobachte ich zunehmend dass Familien hier in 2-3 Zimmer Buden hausen, in denen vorher Singles sich das Leben leisten können. Ansich keine große Sache, aber manchmal vermisse ich die alte Zeiten, wenn ich nach einer langen Nacht morgens durch das Kindergetrampel meiner Nachbarn geweckt werde.
Aber back 2 topic: Die Ausgangsfrage ist halt hart unspezifisch. Natürlich kannst du mit 60k zentral in München leben. Die Frage ist nur, was du für Ansprüche an deine Wohnung hast und wie zentral es sein soll.
Ich bin ja aktuell in dem Alter und mit kleinem Baby und kann beobachten, dass praktisch alle in meinem Alter entweder bereits umgezogen sind, in den Planungen bereits fortgeschritten sind oder zumindest mit dem Gedanken spielen.
Der Grund ist simpel: Stadtnah ist schön und gut, aber dauerhaft in 2-3 Zimmern (50-80m2) zu leben, will man mit Kind dann eben doch nicht mehr.
Warum es häufig dennoch nur Gedanken sind und die Umsetzung ausbleibt? Die Mieten. Manche dieser Paare zahlen warm in zentraler Metropolenlage keine 1000 Euro warm (alte Mietverträge seit Studentenzeiten) und müssten bei Neuvermietung im gleichen Viertel für 100m² und 4 Zimmer halt min. 2500, teilweise 3000 warm zahlen. Wenn man überhaupt was findet.
Das ist nun der Schock, der erst einmal verarbeitet werden muss und mit Baby und in Elternzeit tut es für den Anfang auch noch die Studentenbude. Aber der Auszug wird irgendwann folgen, so viel ist klar. Meiner Wahrnehmung nach ist der Speckgürtel durchaus hoch im Kurs, die fernere Heimat auch, aber eigentlich nur dann wenn sich die Partner noch aus der Heimat kennen.
Ich wüsste auch nicht, was Kindern in der Stadt hätten, was sie in ländlicheren Regionen (damit ist jetzt nicht das letzte Kaff in Meckpom gemeint, sondern die üblichen Klein- und Kreisstädte mit mittelständischen Arbeitsplätzen vor Ort irgendwo in Deutschland) nicht haben. Die Kinderbetreuung funktioniert auf dem Land ohnehin besser, da gibt es sogar noch freie Plätze ohne vorherige Selbstdemütigung und Eigenmarketing. Schulen (Grundschulen, aber auch alle weiterführenden Schulen) sind fußläufig erreichbar, die wesentlichen Vereine (Musik, Fußball, Handball etc.) gibt es auch. Alle Fachärzte sind in der Regel vor Ort, das Landkreiszentrum hat in der Regel auch ein Krankenhaus. Als Jugendlicher gibt es die üblichen Ausgehmöglichkeiten (Jugendtreffs, Stadt- und Volksfeste, ein paar Kneipen/Bars, Großraumdisse etc) und wenn es mehr sein soll, dann kann man mit 18 für das Studium immer noch ausziehen. Für die Findungsphase jedenfalls ausreichend.
Ich komme zwar aus einer ländlicheren Region und lebe erst seit dem Studium in Großstädten, habe aber als Jugendlicher nie etwas vermisst. Mir fällt auch mit dem heutigen Wissen nichts ein, was einem Jugendlichen fehlen würde (braucht man wirklich den Chinesischkurs in Zeiten, in denen eh alle im Internet abhängen?) . Natürlich gibt es auch ein 100-Seelen-Dorf in Ostdeutschland 50 Kilometer von der nächsten Kreisstadt entfernt. Das wäre mir dann auch zu krass. Aber die üblichen ländlichen Zentren in schönen landschaftlichen Regionen - was spricht da dagegen?
Ich brauche keine 50 Restaurants fußläufig (auch wenn die Auswahl sicher nett ist). Wichtiger sind mir letztendlich blühende Landschaften (im wörtlichen Sinne), die ich auch nach Feierabend noch genießen kann und nicht nur am Wochenende, weil ich schon eine knappe Stunde aus der Stadt brauche.
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