Also ich hab einige Lehrer in der Verwandtschaft sowie im Freundeskreis und meine Freundin studiert auf Lehramt bzw. ist im Ref. Deine Darstellung ist entweder sehr überspitzt oder du dramatisierst extrem.
WiWi Gast schrieb am 08.09.2022:
Ja, ich weiß, wieviel Urlaub ein Lehrer im Jahr hat. 5 Wochen Sommerferien. Denn die letzte Sommerferienwoche sind sie wieder in der Schule und haben Konferenzen. In allen anderen Ferien korrigieren sie, verwalten Schülerakten und bereiten Klausuren vor.
Zudem arbeiten die meisten noch einen Tag am Wochenende dazu. Mit Oberstufenklausuren manchmal das Wochenende durch. Die Ferien sind fast wie ein Überstundenausgleich, wäre da nur nicht die Arbeit, die im Homeoffice noch gemacht werden muss. Ich habe Kollegen mit eibem Wäschekorb voller Klausuren in die Ferien fahren sehen.
Dafür haben Lehrer aber auch keine 40h zu unterrichten sondern etwas zwischen 24 und 28 je nach Schulform. Hab eine Freundin die ist Lehrerin in der GS und die ist 13 Uhr zu Hause und macht Mittagsschlaf. Dass man natürlich die Disziplin haben muss, Nachmittags noch etwas zu machen ist klar. Wenn die fehlt, kommt schnell der Wäschekorb zum Einsatz ;)
Beinahe alle Verwaltungsarbeiten wurden in den letzten Jahren aus den Sekretariaten ausgelagert und in die Lehrerhand gegeben, vom managen der Schülerakten bis hin zu IT-Problemen. So spart sich der Staat schön Geld. Dafür gibts keine Lohnerhöhung. Aufgaben kommen stets neue dazu. Lehrer werden aber nicht nach Stunden bezahlt. sondern pauschal pro Monat, ganz gleich wie viel sie arbeiten. Das fühlt sich sehr unfair an und führt bei vielen zu extremer Demotivation. Man fühlt sich nicht gewertschätzt, wenn man sich reinhängt. Es ist egal wie viel Mühe man sich gibt, die Gesellschaft hackt auf einem herum wie sonstwas.
Teilweise verreisen sie für eine Woche und arbeiten dabei 24 Stunden lang (Aufsicht, Nachtwache) ohne dafür Überstunden ausgezahlt zu kriegen (Klassenfahrt). Als wäre das selbstverständlich....und werden von feiernden Kindern geweckt. In welchem anderen Beruf würde man das akzeptieren?
Hier kann ich dir Recht geben. Der organisatorische Aufwand ist viel höher als die eigentlich Vorbereitung des Unterrichts. Die Klassenfahrten sind Ausnahmesituationen die es bei jedem anderen AG auch geben kann.
Es gibt keinerlei Stempelkarte für Überstunden, sie werden einfach verlangt. Statistisch betrachtet arbeitet ein Lehrer in Deutschland nicht in Vollzeit 40 Stunden sondern 52.
Das ist extrem unterschiedlich. Es gibt halt Grundschulmausis die für den Unterricht alles laminieren und tolle Unterrichts Entwürfe machen und dann gibts den Mathelehrer in der Sek 2, der jedes Jahr die gleiche Klausur schreibt und die Korrektur, übertrieben gesagt, mit der Schablone durchführt. Den Aufwand kann jetzt jeder selbst beurteilen.
Es gibt in der Gesellschaft ein ziemlich idealisiertes Bild vom reichen, faulen Lehrer, der sich nen lauen Lenz macht.
Meine Erfahrung als selbiger zeigt mir eher viele überarbeitete, ausgebrannte Gesichter in einem ziemlich hierarchischen System, die täglich nicht nur mit feinem lieben Engelchen arbeiten sondern unter anderem auch mit Schülern diskutieren müssen, die sich recht respektlos verhalten (nehmen Sie mal die Pubertät Ihres eigenen Kindes mal 200-600, denn so vielen Kindern diesen Alters begegnet man dann täglich). Der Stressfaktor ist sehr hoch.
Wer natürlich nicht mit Kindern kann oder sich die Butter vom Brot nehmen lässt, der hat als Lehrer einen schweren Stand. Das war schon immer so und gerade letzteres ist übrigens auch in der freien Wirtschaft so. Das was mir zugetragen wird und was ich aus meiner Schulzeit noch kenne ist, dass gerade jüngerer Lehrer eher auf Kumpel mit den Schülern machen machen wollen. Das klappt halt aber nicht. Meine Freundin und die Kommilitonen die das auch so sehen, haben keine großen Probleme. Was mich in meiner Annahme bestätigt.
Als Berufseinsteiger verdient mam zudem nicht gerade gut. Nach 5 Jahren Studium (das man sich auch irgendwie erstmal finanzieren muss.... nein, nicht jeder hat reiche Eltern.) und 1,5-2Jahren Ausbildung hat man nun schon 7 Jahre Aubildungszeit hinter sich, nur um dann nochmal eine Probezeit von 3 Jahren zu erhalten. Besonders attraktiv ist der Berufseinstieg jetzt nicht. Er dauert 10 Jahre und ist mit extrem viel Arbeit verbunden. Dann steigt man in der Regel erstmal als Vertretungslehrer ein, weil nie direkt so viele Beamtenstellen frei sind und arbeitet für einige Jahre erstmal für 2.400€ netto.... aber auch nur wenn man das Glück hat eine Vollzeitvertretung zu finden undzwar in einer Oberstufe.... In Teilzeit kommt man dann so auf 1.800€ Netto....
In der Realschule, Hauptschule oder Grundschule verdient man ja dann nochmal weniger.. vielleicht eher so 1.600? ....
mal ein paar Jahre lang. Nach 10 Jahren Ausbildung und ggf. noch mit 15000€ Kreditschulden im Nacken.
Nein, nein. Ein Traum ist das nicht. Reich wird man im Lehramt nicht. Nach Jahren, JAHREN, kommt man dann irgendwann auf diese tolle Zahl von wegen über 3000€Netto, von der hier einige sprachen... aber dafür zahlt man auch mindestens 400€ Versicherungskosten. Und ist auch übrigens schnell am obersten Gehaltsende angekommen. Im Gegensatz zur freien Wirtschaft gibt es nämlich nach oben hin eine Grenze, die man maximal verdienen kann.
Und das Bundesland wechseln kann man auch nicht. Geschweige denn die Stadt oder die Schule, wenn man erstmal drin ist in einer Beamtenstelle. Denn eine Versetzung dauert nach Antrag manchmal 5-7 Jahre. Egal ob es sich dabei um eine Familienzusammenführung handelt. Dann sieht man halt seine Kinder mal eben nicht aufwachsen, da man nicht umziehen kann, wenn der Partner eine andere Stelle findet.
Es ist immer leicht als Außenstehender zu urteilen. Wenn man nie den Alltag selbst erlebt hat, hat man eine Blindheit gegenüber den Herausforderungen, die von anderen täglich bewältigt werden. Wettern ist aber sehr leicht.
Der letzte Absatz von dir ist sicher sehr abhängig vom Bundesland. Bei uns werden, außer in den Ballungszentren, überall Lehrer gesucht. (eigentlich auch dort, aber man darf sie nicht einstellen wegen der Gleichberechtigung ggü. dem ländlichen Raum) Jedenfalls steigt man im Ref mit knapp 1500€ netto ein, ist verbeamtet und ist privat versichert. Letztere ist auch spottbillig. Freundin zahlt irgendwas mit 90€ ich zahle 630€ als Angestellter in der PKV. Die von dir aufgeführten 400€ sind sicher noch Versicherungen wie DU/BU und eine Rechtsschutz aber die hab ich in der freie Wirtschaft auch bzw. sind diese kein MUSS.
Nach dem Ref dann TVÖD A13, was dann irgendwas mit 3k netto Einstieg ist. Wenn das bei dir nicht der Fall ist dass es so gradlinige läuft, liegts wohl am Bundesland. Unattraktiv ist jedenfalls anders, erst Recht wenn ich sehe welchen Workload meine Freundin in Ihrem Studium hatte (Geisteswissenschaft) und ich (MINT).
Reich wird man auch durch diese Arbeit nicht. Das wird auch, abgesehen von den ganzen High Performer mit 100k+ Einstiegsgehalt hier, niemand der BWL studiert hat und einem normalen Job nachgeht. Dennoch, der Arbeitsplatz ist 99% sicher, für die Altersvorsorge musst du bei weitem nicht so viel machen wie in der freie Wirtschaft, es gibt regelmäßige Erhöhungen, es gibt eine Gewerkschaft und von drei Scheinen im Monat lässt sich als Single akzeptabel leben. Wer zahlt dir das Gehalt und gibt dir diese Garantien für einen Abschluss in bspw. Geisteswissenschaften wie Germanistik und Geschichte in der freien Wirtschaft?
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