Ich geh stramm auf die 50 zu, bin Dipl-Betriebswirt (FH) und hab eigentlich nie etwas anderes gemacht, als IT. In die SAP-Beratung eingestiegen bin ich mit 30 (was alterstechnisch gar kein Problem war). Beim Kunden als SAP Inhouse-Mann angestellt war ich nie; ich hab noch Dinge mitgemacht wie den Millennium-Bug oder die "New Economy Krise", die auch mich damals (als angestellte SAP-Berater) hart getroffen haben, ich hatte noch zu wenig Erfahrung. Heute kenn ich die Branche in- und auswendig, da gäbe es viel zu erzählen; wirklich seriös sind Beratungen am Ende des Tages nie, es geht darum den Durchlauferhitzer für junge, willige, ungebundene und unerfahrene Potentiale zu machen und dabei die kostbare Währung "Erfahrung" im Austausch gegen möglichst wenig Bares zu verchecken wobei von Vornherein klar ist, dass der Newbie sich schnell entwickeln wird, fordernd wird, den Deal, die Realität und den Preis, den er bezahlt, begreift und dann den Abflug machen wird. Entweder was ganz anderes oder das gleiche in einem anderen Unternehmen. Man hat keine Zeit, um an Schwächen zu arbeiten, es geht für beide Seiten darum, mitzunehmen, was man kriegen kann.
Inhouse ist anders, da schwingt bei allen Beteiligten von Anfang an die Hypothese einer langen oder zumindest längerfristigen Beziehung mit (nicht nur zum Unternehmen sondern auch zu den Teams, zu den Kollegen, zum Vorgesetzten) die sich in alle Richtungen entwickeln, Höhen und Tiefen und positive und negative Überraschungen bereithalten kann. Das ist eine völlig andere Basis.
Zu den harten Facts: Ich bin seit rund 11 Jahren Freelancer, nehme so um die 100 EUR (+/- 15 EUR) und bin recht picky bei meinen Projekten: Ich lege als Familienvater auf Wohnortnähe wert (klappt inzwischen gut - lebe in Süddeutschland) und Flexibilität, z.B. Teilzeit oder zumindest keine Vollzeit (klappt mal mehr, mal weniger gut). Die Nachfrage ist enorm. Ein Netzwerk, wie hier geäußert, ist nicht wirklich notwendig (aber natürlich vorteilhaft). Ich werde fast immer von Personalagenturen vermittelt und das klappt exzellent gut. Die greifen sich immer so zwischen 10%-30% ab, von denen ich aber nichts mitkriege (außer ich will das und bohre bei den richtigen Leuten beim Kunden nach)
Wieviel Umsatz ich mache, habe ich selber in der Hand aber die Zeiten, in denen Geld alles war, sind lange vorbei. All die Jahre auf der Straße, in Hotels, in (austauschbaren) Städten und meine Familie haben mich umdenken lassen - eine Entwicklung die meiner Erfahrung nach alle Berater durchmachen, wirklich jeder. Wenn ich wollte, wäre es Vollzeit mal 52 Wochen - 8 Wochen Urlaub/krank => ~ 180.000 EUR. Davon muss man halt alle Kosten abziehen - man kann aber sehr viele Kosten als Selbstständiger auch steuerlich absetzen und lässt sich grundsätzlich vom Stb so arm rechnen wie es nur geht. Familie zu haben hilft nochmal deutlich dabei, das zu versteuernde Einkommen zu drücken. Dann kommt die Einkommenssteuer, die so irgendwas zwischen 20-30% (wenn es unter 100000 bleibt) kostet.
Für meinen Bekanntenkreis bin ich einkommenstechnisch ein Alien. Was aber viel wichtiger ist, ist, dass ich ein völlig selbstbestimmtes Leben führe. Ich entscheide (im Rahmen des Marktes) selber, ob ich für jemanden arbeite, wiel lange und unter welchen Bedingungen. DAS ist die eigentliche Währung und in meinem Augen das Größte, was man in dieser (Arbeits-)Welt erreichen kann, wenn man nicht gerade mit einem goldenen Löffel im Mund geboren wurde. Es ist echte Freiheit. Ich sitze bei Sonne oft im Cafe und arbeite remote. Geht nicht immer aber durchaus oft, wenn ich das so will. Will ich mit den neuesten Technologien arbeiten, bewerbe ich mich entsprechend. Will ich mehr soziale Interaktion suche ich mir ein Trainingsprojekt. Will ich in eine bestimmte Stadt, einen Konzern oder eher auf’s Land zum kleinen Mittelständler wo jeder für alles zuständig ist – gesagt getan. Und ich entscheide auch selber, wann ich endgültig aufhöre, Ersparnisse sind in den nächsten Jahren absehbar genug da. Macht mir der Job Spaß? Eigentlich schon oft, vielleicht kann man auch sagen manchmal mehr, manchmal weniger aber ich war immer jemand, der SAP machen wollte und das hat sich in all den Jahren nie geändert, ich bin ein SAP-Freak, ich will nicht wirklich etwas anderes machen. Vielleicht irgendwann, wenn ich zu alt bin :)
Und DAS ist in meinen Augen das Wichtigste, wenn jemand überlegt hier einzusteigen und sich fragt, wo ihn der Weg hinführen wird. Wenn man feststellt, dass es einem nicht liegt: Keine 5 Meter. Wenn doch – nicht weniger bis an die Spitze der beruflichen Pyramide in Sachen Geld, Freiheit und (beruflicher) Lebenszufriedenheit für die sich (ich meine das nicht abwertend) die „Zurückgebliebenen“ später einmal beide Arme abschneiden würde, um mit Dir zu tauschen
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