zur Gehaltsdebatte : Handwerker vs. BWLer, kann ich als Ausbildungsmeister bei einem größeren Mittleständler im Elektrobereich nur eins sagen : Der kaufmännische Bereich, sei es Studium oder Ausbildung ist total überlaufen, für technische Sachen interesieren sich nur sehr wenig.
Ein Beispiel aus unserem Betrieb. Wir bilden jährlich 3 Industriekaufleute und 6 Energieelektroniker aus.
Für das Ausbidlungsjahr 2007 gibt es schon etwa 20 Bewerbungen für die 3 kaufm Azubi Stellen und ziemlich genau 4 Bewerbungen für die technische Ausbildung, wobei es so ist, daß sich qualifizierte Leute sich kaum für technische Ausbildungsgänge interesieren.
Für die kaufmänischen Azubi Stellen bewerben sich sehr viele Abiturienten, sehr gute Realschüler, Fachabiturienten.
Bei uns veriirt sich manchmal ein schlechterer Realschüler, die meisten Bewerber sind Hauptschüler, oft mit katastrophalen Schulischen Leistungen.
Wir führen auch einen Eignungstest durch, das was man da erlebt, ist nicht mehr normal. Da gibt es Leute, die wissen nicht, wie die Hauptstadt von Italien oder der Bundespräsident ( von Deutschland ) heißt. Desweitern haben die meisten eine katatstrophale Rechtschreibung ( gut meine ist auch nicht 100 % perfekt, aber sicher noch lesbar ), teilweise kann man dann die Wörter fast nicht mehr entschlüsseln, z.b. hat einer statt Hauptschulabschluß " Huashullapschlus " geschrieben, sein Eignungstest war kaum entzifferbar, da er die Wörter total verunstalltet hat. Der ist im Prinzip Analphabet, trotz Hauptschulabschluß. Deshalb überlegen wir, nächtes Jahr weniger im technischen Bereich auszubilden, da es immer schwerer wird, geeignete Lehrlinge zu finden.
Der Mangel an schulischen Leistungen geht sogar manchmal noch,
oft haben die gar kein Sozialverhalten. Da werden Fremde, auch Vorgesetze gleich geduzt usw.
Anders ist da die Situation bei den Kaufleuten. Die können sich aus einem riesigen Bewerberpool die besten aussuchen. Die können dann Abiturienten mit Fremdsprachen und Computerkenntnissen, teilweise mit Fachabitur Wirtschaft herrausuchen. Die haben dann meist auch ein sehr gutes Sozialverhalten.
Dadurch ensteht einfach die Situation, daß qualifizierte und vorallem selbständig arbeitende Facharbeiter zur Mangelware werden. Wir haben auch einige Azubis eingestellt, wo man gehofft hat, daß die in der Ausbildung vieleicht sich noch ändern. Leider war dem nicht so, die haben wir dann nicht übernohmen. Das waren Leute, wenn man denen einen Auftrag gegeben hat, dann mußte man danach alles kontrollieren und meistens viel verbessern. So jemanden kann ich nicht raus auf Montage schicken. Wenn bei der Elektronik was schief geht kann ein sehr hoher Sachschaden enstehen oder sogar Menschenleben gefärdet werden. Da braucht man einfach Facharbeiter mit sehr guten Fachkenntnissen und gutem Sozialverhalten.
Und genau die sind sehr rar und deshalb kann ich nicht verstehen, wie einige studierte BWLer sagen, die würden zuviel verdienen.
Wir benötigen noch einige Elektriker bei uns, mir graut es jetzt schon vor der Personalsuche. Das Arbeitsamt kann man da vergessen. Die schicken einem Leute, die seit 10 Jahren arbeitslos sind und einem im Vorstellungsgepräch relativ direkt klar machen, daß sie nur den Anwesenheitsstempel fürs Amt brauchen und kein Interesse an Arbeit haben. Mit solchen Leuten darf ich dann meine Zeit verbringen. Manchmal stellt man dann einen ein, der zwar nicht unbedingt genau dem Profil entspricht, wenn er in einem guten Team arbeitet, kann sich das dann noch verbesseren.
Eltern und Schüler sollten einfach mal über die Berufe aufgeklärt werden, das Klichee vom primitiven Arbeiter und denkendem Kaufmann ist längst überhollt. Heute muss ein Elektroniker auch etwas von Programmmierung, Schaltungsentwicklung und physikalischen Zusammenhängen verstehen.
Ein guter Realschüler oder Abiturient, der gute Noten in Physik und Mathe mitbringt, könnte es bei uns weit bringen und das sicher schneller als mit BWL Studium und vorallem würde er die ganze Zeit Geld verdienen.
Außerdem sind z.b. die Tariflöhne für unsere Elektriker höher als die der kaufmännischen Angestellten und gute Elektriker bekommen bei uns gleich einen unbefristeten Arbeitsvertrag, im kaufmännischen Bereich ist das weniger üblich.
Nach der Lehre kann man, sogar von der Firma finanziell unterstützt, Meister oder Techniker werden, d.h. man bekommt Möglichkeiten, freigestellt zu werden, oder der komplette Lehrgang wird sogar bezahlt, mit anschließender Beschäfftigungsgarantie.
Das gibt es bei uns im Betrieb im kaufmännischen Bereich auch nicht. Aber viele Schüler meinen einfach, im kaufmännischen Bereich, da würde es um Geld gehen und deshalb würde man da so wahnnsinnig gut verdienen.
Zur Klarstellung : Ein Industriekaufmann bekommt bei uns nach der Ausbildung 1600 Euro brutto, ein Energieelektroniker 1900 Eur.
Dann gibt es von einigen hier, das Argument, daß doch BWLer so eine vielseitigere Tätigkeit ausüben würden und ein Handwerker würde nur stupides tun.
Auch das Bild ist falsch. Ein ausgebildeter Energieelektroniker sollte in der Lage sein, bei einer komplexen Anlage, z.b. in einem Produktionsbetrieb, einen Fehler selbständig zu finden und dann zu beheben, dabei benötigt man komplexes Wissen über die Funktionsweise der Anlage.
Wenn ich dann teilweise irgendwelche kaufmännischen Arbeiten sehe, z.b. Betrag und Rechnungsnummer von Rechnungen in den Computer zu übertragen o.ä. dann würde ich schon sagen, daß unsere Handwerker da mehr geistig gefordert werden.
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