Ich habe mir tatsächlich die Zeit genommen, den kompletten Thread einmal zu lesen und mir die Mühe gemacht, analytisch an die Sache heranzugehen. Das interessanteste dabei, und wahrscheinlich auch der Hauptgrund für die lange Laufzeit dieses Threads, ist, dass hier auf verschiedenen Ebenen eine Konfrontation stattfindet:
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kulturell geltungsspezifisch: Akademiker vs. Berufstätige
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bildungspolitisch: akademische Ausbildung vs. Weiterbildung
- kulturell: emotional geleitete vs. vernunftgetriebene
Damit prallen also verschiedene Gruppen aufeinander: Akademiker, Arbeitssüchtige, Moralapostel und natürlich die Besserwisser, (googlen+posten -> googlen+posten)
Von Diskussion kann hier keine Rede mehr sein. Denn ein Informationsaustausch im Sinne einer Generierung von Mehrwert durch gegenseitige Analyse des Gesagten, findet hier nicht statt. Vielmehr spiegelt sich lediglich ein Wortgefecht wieder. Dadurch, dass dabei wechselseitig eine Seite an Dominanz zu einem der Themenebenen gewinnt, weicht die andere Seite auf eine andere Ebene, was folglich letztendlich zu einem neuen Rollout des Threads führt. Nicht zuletzt deshalb wird der Thread seit 2006 geführt.
Ich habe nun folgendes zu sagen:
- Ebene: Die meisten Akademiker aus der Wirtschaftszunft wählen Wirtschaftswissenschaften nicht aus zielgerichteten Gründen. Eine interne Studie ergab das folgende Ergebnis: ca. 85% wissen während des Abiturs (12. Jg.) auf einem normalen Gymnasium nicht, was danach kommen soll. Bis zu 50% wissen nach dem Abitur nicht, was sie werden wollen, sodass 20% davon auf ein Wiwi-Studium abzielen, 15% ein soziales Jahr und der Rest versucht, eine Ausbildung zu ergattern (ausgenommen, Wehr- und Zivildienstleistende).
Dies erklärt nicht zuletzt die hohen Durchfallquoten an Hoch- und Fachhochschulen von bis zu 50-80%.
Auf dieser Ebene hat das meiste Wortgefecht dahingehend stattgefunden, dass Akademiker auf ihre elitäre Rolle in der Gesellschaft drängen. Es wird also damit begründet, dass die Anforderungen an und die Ansprüche der künftigen Absolventen (oder auch Abbrecher) stets wesentlich anspruchsvoller seien als an die Berufstätigen, wobei hier implizit darauf spekuliert wird, dass 90% der VWA'ler keine Hoch-/Fachhochschulreife besitzen. Die Pointe ist dabei nicht der bildungspolitische Anspruch, sondern der geltungspolitische: die fehlende Praxis wird durch hohe Anforderungen an analytisches Denkvermögen und wissenschaftliches Arbeiten kompensiert. Dass dabei eine weitere Abstufung zwischen Uni und FH stattfinden MUSS, war hier nicht gegeben. Hier argumentieren die meisten FH-ler auf höchster Ebene, Meinungen von Universitätsstundenten werden hier bislang kaum geäußert. Auch werden keine klaren Strukturen über die Zusammenhänge zwischen VWA, BA und FOM klar.
Bsp aus dem Thread: VWA'ler: VWA und FH werden von unseren Dozenten gleichgesetzt.
FH'ler: Dann wird dir das nur erzählt. Ich glaube, VWA ist noch nicht mal BA-Stufe.
Fakt ist aber, dass zumindest bei der VWA und den BA's, die Teil der "bcw-gruppe" sind, die Vorlesungen gemeinsam stattfinden. Die FOM ist zudem eine anerkannte Fachhochschule für Ökonomie und Management, die den akademischen Grad FH trägt, wenngleich die Vorlesungsinhalte und -strukturen der BA entsprechen (Bsp aus der Praxis: BA: Business Basics, FOM: Management Basics; BA: Personalmanagement, FOM: Human Resources; BA: Finanzierung und Investition, FOM: Financing and Investment. Zudem müssen bei beiden Instituten die Studierenden das sog. Student Consulting in gleicher Art und Weise durchführen)
Dafür muss man vielleicht einfach auch als FH'ler den Horizont erweitern, bevor derlei Aussagen getroffen werden.
Konsequenterweise werden auf beiden Seiten die Institutionen in höchsten Tönen gelobt und strapaziert. Die VWA steht also der FH in nichts nach, die FH ist auf einem Top-Niveau. Damit dies jedoch nicht zu unglaubwürdig erscheint, kommen dann also Aussagen wie: "Natürlich gibts keinen Diplom-VWA, kann die VWA auch gar nicht vergeben."
- Ebene: Diese Eben ist witzig. Mittlerweile dürfte jedem klar sein, dass die VWA keine akademischen Titel vergibt, die Studenten keine Studentenausweis haben und die Studenten selbst auch keine Studenten sind. Daran lässt sich auch nichts rütteln. Sobald jedoch der Name "Dipl.-VWA" fällt, findet unverzüglich seitens der FH'ler ein Rückschritt statt: "ES GIBTS KEIN DIPLOM VWA!!!!!" Da auf dieser Ebene nicht viel mehr rauszuholen ist, geht man wieder zurück auf Stufe 1. Da lässt sich besser streiten.
Bildungspolitisch lässt sich jedoch das Folgende festhalten:
Hangelt man sich am o.g. Curriculum des VWA-Studiengangs entlang, so ist folgendes zu sagen:
Die Fächer aus dem 1. Semester werden ausschließlich von Professoren der Universitäten, Doktoren und Verwaltungsfachten gelehrt So beginnt die Mathematik zwar bei den Zahlengruppen und reicht analytisch gesehen nur bis zu einer Kurvendiskussion mit 2 variablen, jedoch sind die Vorlesungen selbst dennoch auf einem sehr hohen Niveau. Das Problem liegt hier in der Sichtweise. Die FH'ler abstrahieren nicht genug, sie setzen den Lehrinhalt mit seiner Qualität gleich. In diesem Fall ist dies jedoch der klassische Vergleich Apfel-Birnen. Dadurch, dass bspw. das Fach Mathematik an der VWA von einem H. Prof. Dr. W. A. der Universität Duisburg-Essen gelehrt wurde, entsprach der Maßstab und die Qualität der Vorlesungen exakt der Qualität der Hochschule, denn es sei unterstellt, dass ein Prof. Dr. diesbzgl. keine Unterscheidung zwischen der Lerngruppe vornahm, sondern lediglich der Lerninhalte. Dies soll also bedeuten, dass imaginäre Zahlen, Analysis und analytische Geometrie an der Hochschule in gleicher Weise gelehrt wird, wie Kurvendiskussionen und Finanzmathematik an der VWA bzw. BA.
In gleicher Weise wird bspw. beim Fach Recht verfahren: Es gibt hier keine andere Möglichkeit, denn den Weg: "Wer will was von wem woraus" einzuschlagen. Dieser wird ebenso an FH oder Uni gleichermaßen eingeschlagen.
Die VWA'ler argumentieren jedoch ebenso einseitig: "ihr von der FH habt keinerlei Praxisbezug". Dies kann ebenso nicht der Fall sein. Die meisten Professoren an den Universitäten und Fachhochschulen sind gleichzeitig berufstätig. Dabei nehmen sie einerseits Aufsichtsratsgremien ein oder führen selbstständig Betriebe. Sehr häufig findet man hier die Consultancy wieder. Die Erfahrung wird natürlich auch den Studenten an den FH's vermittelt, die ebenfalls in vielen case studies Praxiswissen erarbeiten sollen.
Der Hauptpunkt hier ist:
VWA'ler können die Menge des gelehrten Inhalts nicht nachholen. Die Breite an der Uni oder FH ist deutlich höher als bei der VWA. Die Tiefe ist jedoch gleich.
FH'ler können jedoch keinesfalls die Menge an Erfahrung sammeln, die ein VWA'ler mitbringt bzw. die ein BA'ler in 3 Jahren erlernt.
Ich habe folgende Erfahrungen gemacht:
Ich als Dual-Azubi vs. Student im 9. Semester in der Controllingabteilung.
Gewinner war natürlich: Ich.
Weshalb?
Mein Kontrahent hat Wissen mitgebracht. Er wusste auch von der starren Controllingstruktur in den meisten Unternehmen, die in der Planung wesentliche Nachteile sehen. JEDOCH: Keinerlei Erfahung mit dem Berufsleben trotz 5 Praktika. Keinerlei Erfahung im Umgang mit Vorgesetzten. Einem Chef der Controllingabteilung während der Planungsphase erzählen zu wollen, dass die Planung in starren Strukturen nachteilig ist, war, wie man sich vorstellen kann, nicht gerade gut. Häufige Diskussionen waren die Folge. Eine angefragte Übernahme wurde abgewiesen. Verständlich.
Tatsächlich werden auch in den Unternehmen der Baubranche keine Unterschiede zwischen den Diplom- Betriebswirten (FH) und VWA/BA gemacht: beide werden zunächst in A4 eingestuft. Dies macht vor allem eines deutlich: die gelernte Menge des Studenten wird ebensowenig bedacht wie die 3-jährige Erfahrung des BA'lers.
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