Lounge Gast schrieb:
Ich glaube, du siehst das Problem nicht:
Ein Bachelorstudium ist der Standartabschluss der Zukunft.
Quasi eine Art theoretische Berufsqualifikation. Ich bin mir
sicher, dass in 10 Jahren 80% der Bevölkerung
"studiert" haben werden, nur, was sagt das dann aus?
Es gibt keine objektiven Hinweise darauf, dass in 10 Jahren 80 % der Bevölkerung studiert haben werden. Derzeit liegt die Quote seit 4 Jahren mehr oder weniger konstant bei ca. 30 %. Der Anstieg in 2009 ist insb. darauf zurückzuführen, dass man schlagartig Bachelor in diese Quote einbezieht, die nach nur 3 Jahren das Merkmal "Studium" erfüllen.
Wenn es ganz dumm läuft, verdrängt das "Studium"
die normale Lehrstelle und damit die Grundlagen unseres
wirtschaftlichen Erfolges.
Das ist so eine krasse Fehlsteuerung, deren Konsequenzen man
erst in einigen Jahren sehen wird, denn wir züchten
massenhaft verschulte Halb-Theoretiker, die einerseits das
Leistungsniveau an der Spitze heruntersetzen und auf der
anderen Seite gar nicht gebraucht werden.
Das Problem sehe ich nicht. Wir haben in Deutschland noch immer eine Marktwirtschaft und nicht den Kommunismus. Die Politik entscheidet zum Glück nicht mit einem 5-Jahresplan, dass wir in Deutschland in 5 Jahren auf Biegen und Brechen diese und jene Akademikerquote haben müssen. Wenn die Studenten jetzt schon (bei 30 %) merken, dass es schwierig ist einen Job zu bekommen, dann werden sich in Zukunft automatisch mehr Schulabgänger dazu entscheiden (zumindest als Sicherheit) zunächst evtl. eine Ausbildung zu machen.
Für die jungen Menschen ist das natürlich bescheiden: Man
wird sich diesem System anpassen müssen, denn sonst ist man
außen vor.
Dein Vergleich läuft übrigens ins Leere und ich will dir auch
sagen warum: Die Industriekaufleute mit Lehre, früher oft mit
einem Realschulabschluss bestückt, sind doch die Bachelors
von heute, die dank der gesunkenen Anforderungen heute alle
Abitur und Studium vorweisen können.
Das ist ein absurder Vergleich. Wie kommst du darauf, dass Bachelor von heute, die gestrigen Realschüler sind. Es haben immer noch "nur" 50 % ein Abitur und nur 30 % ein erfolgreich abgeschlossenes Studium.
Für die Lehren bleibt nur der Rest, der nicht studiert und am
Abstand hat sich nichts verändert: Der Realschüler war früher
auch leistungsstärker als der Hauptschüler. Und jetzt ist der
studierte Realschüler immer noch stärker als der
verrealschulte Hauptschüler. Neues Etikett, neue Titel,
gleicher Abstand, altes Niveau.
Für die Lehren bleibt nicht nur der Rest. Auf 140.000 offene Lehrstellen, kommen 2013 immerhin 200.000 Suchende. Das Problem ist, dass extrem viele kleine Ausbildungsstätten nicht mehr ausbilden wollen, sondern möglichst ab dem ersten! Tag einsatzbereite und minderbezahlte "Arbeiter". Das ist absurd, dass man für eine Lehrstelle als KfZ-Mechaniker mindestens Realschule haben muss. Die Werkstätten haben einfach keinen bock (mehr) auf 16 jährige Jugendliche, die in der Werkstatt rumblödeln. Auf etwas schwierigere Fälle, erst recht nicht. Früher war das anders. Die Bereitschaft von Unternehmen, Jugendliche zu erziehen, ist fast verschwunden. Fast alle kaufmännischen Ausbildungsberufe werden pauschal mit Abiturienten besetzt, weil die älter und natürlich auch ein bisschen schlauer sind als Realschüler, d.h. bequemer und billiger für die Unternehmen.
Ich glaube, in ein paar Jahren wird man das auch genau so
sehen. Im Moment allerdings herrscht noch das alte
"ich-studiere-und-bin-damit-elite-und-muss-viel-verdienen-Denken" vor.
Ich bin sicher, dass sich das langsam legen und der
Systemumbau akzeptiert wird. Im Moment ist es ja noch so
eine Zwischenzeit. Bei den ersten Bachelors war der
Anforderungsabbau oft noch nicht so hoch, wie er heute ist
und die Studentenzahlen sind ja erst ab 2010 so richtig
explodiert. Nur, die Tendenz ist klar, unaufhaltsam und
gewollt.
Wie belegst du denn bitte, dass der "Anforderungsabbau" der ersten Bachelor nicht so hoch war wie er es jetzt ist? Die Tendenz ist auch nicht klar und erst recht nicht unaufhaltsam. Der Anstieg der letzten paar Jahre lässt sich doch nicht in die Zukunft mit einem definierten Wachstumsfaktor fortschreiben. Das ist wie beim Kursverlauf an der Börse. Wenn eine Aktie in den letzten Jahren nur gestiegen ist, heißt das noch lange nicht, dass es in Zukunft auch so sein wird.
Leidtragenden sind die wirklichen Top-Leister, die sich
aufgrund der Massenabschlüsse und Kuschelnoten nicht mehr von
der Masse differenzieren können.
Nein, wirkliche Top-Leister finden IMMER ihren Weg. Leidtragende sind die Personaler, die endlich mal ihren Job richtig machen müssen. In 2 Minuten über die gesamte Bewerbung zu fliegen, reicht nicht mehr aus, um die geeigneten Kandidaten zu identifizieren. Jetzt müssen die Unternehmen halt mal 50 Leute persönlich einladen und nach der Motivation fragen und nicht nur 10. Aber das ist auch gut so.
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