WiWi Gast schrieb am 08.10.2020:
"Wer als Single mehr als 3.440 Euro netto im Monat zu Verfügung hat, gehört zur Oberschicht. So definieren Ökonomen die einkommensstärksten zehn Prozent der Gesellschaft.
Das ist dann wohl ein anderer Gebrauch des Begriffs "Oberschicht" und hat nichts damit zu tun, was man landläufig darunter versteht. Überleg doch mal - nach der Definition wären in Deutschland wohl mehr als 5 Mio Menschen Teil der Oberschicht. Das glaubst du doch selbst nicht?! Wenn man die Grenze bei 0,1% oder so ansetzen würde, das wäre vielleicht noch nachvollziehbar... Offenbar bedeutet der Begriff in dem Kontext aber einfach was anderes.
Nochmal - Oberschicht, in dem Sinne wie man es außerhalb volkswirtschaftlicher Publikationen o.ä. versteht, hat mit Einkommen nichts zu tun. Oberschicht bedeutet nun mal auf der einen Seite sehr vermögend zu sein (vielleicht mindestens 10 Millionen oder so, da gibt es aber sicherlich keine fest definierte Grenze) und seinen Lebensunterhalt dauerhaft ohne arbeiten zu müssen bestreiten zu können, bei gleichzeitig gehobenem Lebensstil. Heißt nicht protzen und Geld zum Fenster rauswerfen, aber eben den Vermögensverhältnissen angemessen - also nicht kleine 2 Zimmer-Wohnung, alte Schrottkarre und Urlaub nur auf Malle, aber auch nicht unbedingt Luxusvilla oder eigene Privatyacht, das macht für mich noch nicht Oberschicht aus. Denn auf der anderen Seite gehört für mich auch ganz klar ein gewisser Bildungsgrad dazu, ein der Peer Group angemessenes Sozialverhalten (nein, das heißt nicht dass man seine Freizeit nur im Segelverein oder auf dem Golfplatz verbringen darf... Aber eben auch nicht seinen Urlaub nur auf Malle und nen 20 Jahre alten Fiat Uno fahren, jeden Abend in der Unterhose vor der Glotze sitzen und Bier saufen oder mehr Schimpfwörter und Fäkalausdrücke als Fremdworte kennen) und vor allem natürlich sein Vermögen auf ehrliche Art und Weise erhalten zu haben und nicht durch kriminelle Aktivitäten. Ein Mafiaboss z.B., oder auch ein Zuhälter, die mögen im Einzelfall somit zwar auch reich sein und einen luxuriösen Lebensstil pflegen, aber beide gehören wohl kaum zur Oberschicht und das werde wohl auch nicht nur ich so sehen. Nach der von dir zitierten Definition könnten beide aber locker drunterfallen, da sie sicherlich hohe Einkünfte erzielen.
Auch in volkswirtschaftlichen Publikationen redet niemand von Oberschicht, wenn es um ein höheres Einkommen geht. Der Begriff ist einkommensreich oder einkommensstark.
Eine gesellschaftliche Schicht ist auch gerade etwas Permanentes. Aus einer Schicht in die andere kommt man nur schwer. Ein H4ler ohne Bildungsabschluss hat schlechte Chancen, in die Mittelschicht aufzusteigen. Dort sind gut ausgebildete Leute, welche mit ihrer Arbeit ein gutes Auskommen haben. Aber eben nur durch Arbeit. Sie können vielleicht soviel verdienen, wie ein Oberschichtler, aber wenn der Job weg ist, die Rente dran ist, Unfall etc. - dann ist der monatliche Cash-Flow wieder weg.
Der Oberschichtler hat seine 5.000 Euro netto und er bezieht sie aus Kapitalvermögen und zu einem großen Teil auch aus Immobilien. Das bedeutet nicht, dass man Immos braucht, aber so war es der Vergangenheit (bevor es ETFs gab usw.). Wer 2 Mietshäuser mit je 10 Wohnungen in guter Gegend hat, der hat ausgesorgt. Auch wenn er seinen Hauptberuf (meist selbständig, da man einen Millionär/Multi-Millionär nicht einfach so in eine Konzern-Struktur mit 3 Chefs darüber packen kann, die alle viel ärmer sind, als man selbst (Ausnahme Vorstand ganz oben) - wer 2 Mietshäuser hat, strebt auch sonst nach Selbstbestimmung).
Das verkennen halt viele. Man schaut sehr auf die richtigen Unternehmer (!= kleiner Handwerker, Steuerberater, Arzt, usw.), aber die Mehrzahl der Oberschichtler sind eigentlich Immobilieneigentümer (durch extreme Wertsteigerungen und den Zinseszins-Effekt über Generationen), welche die Immobilie auch wieder an die Kinder weitergeben. Und ihr Einkommen als normale Selbständige verdienen, aber immer in der Gewissheit, dass sie nie darauf angewiesen sind.
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