Ich verfolge das Thema hier nun schon eine Weile. Ich kenne beide Seiten aus praktischer Erfahrung. Dipl.-Kfm. BusinessConsultant bei einem Stern des Neuen Marktes damals, Inhouse Consulting mittelständischer Konzern. (1,5Mrd Umsatz). Dann nochmal ein Studium, welches nicht das Ziel Lehramt hatte, aber wo mich mein Dienstherr letztendlich derzeit in der Schule als Lehrer für das Fach des Zweitstudiums einsetzt.
Um die Arbeitszeitlüge mal zu entlarven habe ich extra meine Stundenzettel von damals rausgeholt. Fakt war: Ich habe fast jeden Tag meine 10h gearbeitet, 39 Woche Arbeitszeit laut Tarifvertrag, also in der Woche meine 10 Überstunden erarbeitet, die ich alle aufs Gleitzeitkonto gingen. 52 Wochen minus 6 Wochen Urlaub = 46 Wochen. 35 Wochen mit je 10 Überstunden=350 Überstunden= knapp 9 Wochen zusätzlich frei. Summe also 15 Wochen frei pro Jahr.
Heute in der Schule: Herbstferien: 1 Woche, Weihnachtsferien: 2 Wochen, Winterferien (bewegl. Ferientage) 1 Woche, Osterferien:2 Wochen, Pfingstferien: 2 Wochen, Sommerferien 6,5 Wochen, Himmelfahrt 0,5 Wochen. Das sind ebenfalls 15 Wochen. Nur dass in den Sommerferien die letzte Woche bereits Konferenzen etc sind. Also 14 Wochen. Und in allen Ferien zumindest ein Tag für Korrekturen draufgeht also nochmals ne Woche weg. Macht 13 Wochen.
Dafür habe ich in der Schulzeit fast immer Wochen mit deutlich > 50 Stunden.
Ja, es sind offiziell nur 25 Unterrichtsstunden á 45 min= 18,75 h. Aber in der Realität sieht das anders aus. Die Pausen, egal ob klein oder groß, sind i.d.R. mit Raumwechseln, Schülergesprächen oder Zeit am Kopierer belegt. Selbiges gilt für die halbe Stunde vor Schulbeginn und die halbe Stunde nach Schulende. An einer beruflichen Schule gibt es viele verschiedene Schularten. Als Lehrer in einem allgemeinbildenen Fach sitzt man oft in fast allen Fachschaften und Konferenzen. 2,5-3 Stunden Sitzungszeit pro Woche ohne Sonderkonferenzen wie Zeugniskonvente sind Standard. Anstatt der 18,75 verbringe ich also mit Unterrichten und Koordination satte 33 Stunden pro Woche! Da ist noch kein Unterricht vorbereitet. Und wenn die Vorbereitung nur ist, das alte rauszuholen, es sich wieder zu vergegenwärtigen und ggf. kleine Modifikationen einzubauen, um es auf die Klasse zuzuscheiden. Dafür kann man locker gut 20 min pro Unterrichtsstunde ansetzen. In der Oberstufe gerne das dreifache. Macht also grob 10 Stunden obendrauf. Und dann sind keine Korrekturen drin. Es sind keine Sonderprojekte und Sonderaufgaben, angefangen von der Druckerbetreuung, der Lehrerbücherei bis hin zu den vielen Projekten im Rahmen der laufend wiederkehrenden Schulreformen, die ja irgendwie umgesetzt werden müssen. Dafür gehen auch nochmals 10 Stunden drauf. Wenn man dann noch als Klassenlehrer oder auch nur als Fachlehrer mit dem Betrieb zusammenarbeitet, dann sind das je nach Umfang auch nochmals 2-3 Stunden pro Woche. Ohne Praxisbesuche, die ich zum Glück nicht machen muss.
Nun zum finanziellen. Ich bin vor mehr als 10 Jahren nicht übermäßig gut sondern durchschnittlich eingestiegen und hatte nach drei Jahren die 50.000 Marke geknackt. Wenn ich nur die Tarifsteigerungen seit damals hochrechne, dann würde ich heute 100 EUR mehr verdienen. Trotz Zusatzversorgung, die Pension und Rente vergleichbar macht. Es ist allerdings extrem unwahrscheinlich in 8 Jahren keine einzige außertarifliche Lohnerhöhung zu bekommen, da zumindest ein Stellenwechsel - sei es nun intern oder extern - sehr wahrscheinlich ist.
Es ist also aus meine subjektiven Erfahrung heraus ganz gewiss nicht so, dass das Lehramt um Längen attraktiver ist. Vergleichen mit einer UB Bude bei der man nur auf Tour ist o.ä. kann das schon sein. Verglichen mit einem Job bei einem Unternehmen mit Metall- oder Banktarifvertrag ist das Lehramt stand heute sicher nicht attraktiver. Vor allem darf man keine BA Gehälter vergleichen, sondern muss Master Gehälter nehmen!
Das, was das Lehrerdasein trotzdem ganz annehmlich macht ist die freier Zeiteinteilung. Ich kann eben Nachmittags noch 2 h mit den Kindern spielen und dafür abends, wenn sie im Bett sind wieder mit Arbeiten anfangen.
Just my few cents...
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