WiWi Gast schrieb am 19.07.2022:
ExBerater schrieb am 18.07.2022:
Vor 40 Jahren würde ich deiner Argumentation völlig zustimmen. Es wäre gut gewesen, wenn man damals in der Wirtschaft (und der Politik) erkannt hätte, dass man solche Programme braucht und sie umgesetzt hätte.
Hat man aber nicht. Und daher steht die Wirtschaft jetzt vor der Situation, dass niemand mehr ernsthaft glaubt, dass sie es ohne politische Vorgaben eigenständig lösen wird.
Jetzt muss dein seit 130 Jahren erfolgreicher Mittelständler halt kurzfristig etwas umsetzen, mit dem er auch vor 40 Jahren hätte beginnen können. Wenn er sich in den letzten Jahrzehnten Gedanken gemacht hätte, wie man die Arbeit bei ihm auch für Frauen attraktiv machen kann, dann gäbe es in der Region wahrscheinlich auch eine Ingenieurin, die für den Mittelständler arbeiten will.
Wenn du als Geschäftsführer einer Firma von Quoten hörst, solltest du nicht Plaque bekommen. Du solltest dich fragen , warum die Manager-Kaste in Deutschland über Jahrzehnte versagt hat, die Situation eigenständig so zu gestalten, dass Quoten heute offensichtlich nicht mehr notwendig sind.
Ich bin da ganz beim ExBerater. Man kann vergangene Diskriminierung (so es sie denn gab) nicht durch entgegengesetzte Diskriminierung der nächsten Generation ausgleichen. Jemandem, der jetzt in den letzten Zügen seiner Karriere ist und dabei durch Diskriminierung zurück gehalten wurde, nützt es nichts, wenn dafür jetzt jemand, der in einem Merkmal mit ihm übereinstimmt, positiv diskriminiert wird. Das fördert höchstens das Bilden von Lagern.
Ich sehe das deshalb genauso, dass der Ansatz der Wahl ist, sicherzustellen, dass niemand wegen irgendeinem externen Merkmal diskriminiert wird. Und da sehe ich explizit nicht nur das Geschlecht. Es gibt genug Studien die zeigen, dass große, attraktive Menschen eher Karriere machen. Das finde ich persönlich bspw. noch viel dramatischer. Genauso mit Haarfülle bei Männern, Sprachfehlern, Namen, man kann die Liste ewig fortführen. Hier bringt es mMn nichts, einzelne Gruppen per Quote rauszupicken. Man muss generell die Wahrnehmung schärfen und Auswahlprozesse so gestalten, dass nur relevante Eigenschaften zur Entscheidung beitragen. Dann bekommt man auch eine faire Umgebung. Ja das wird dauern, aber wie oben gesagt, jemand der früher diskriminiert wurde, und sei es nur vor 5 Jahren, hat nichts davon wenn jetzt jemand anders als Ausgleich positiv diskriminiert wird. Wir können nur die Zukunft ändern, nicht die Vergangenheit.
Und was die Frage nach mangelnden weiblichen Ingenieuren angeht: Da empfehle ich jedem nur einen Blick nach Schweden. Schweden ist weltweit eine der gleichesten Gesellschaften mit einer der geringsten geschlechterbezogenen Diskriminierung weltweit. Und man sieht, dass je gleicher die Chancen wurden, desto weniger Frauen sind in den MINT-Bereich gegangen. Vielleicht hat die durchschnittliche Frau einfach andere Interessen als der durchschnittliche Mann, weshalb Quoten die Parität anstreben nicht der richtige Weg sind (womit ich wieder bei dem Punkt Vermeidung vom Diskriminierung statt Quote bin).
Zum eigentlichen Thema: Ich sehe auch gute Leistung, Sichtbarkeit und Glück als die wichtigsten Faktoren. Und Geduld. Von jemandem der es mitgemacht hat: Es bringt nichts, zu schnell zu hoch zu steigen (bspw. durch gezielte Frauenförderung), wenn einem noch die Erfahrung für diese Stufe fehlt. Man muss die Balance gehalten bekommen sich zu fordern, aber nicht zu überfordern. Sonst endet man schnell in einer Sackgasse, aus der man nur schwer wieder heraus kommt.
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