WiWi Gast schrieb am 13.07.2023:
Ahja du bist Aktuar? Herzlichen Glückwunsch. Oder woher kommt jetzt genau deine Expertise? Du weißt aber auch, dass Versorgungswerke auch nur normale Produkte anbietet, die du bei jeder Versicherung auch privat kaufen kannst? Warum streitest du jetzt genau ab, dass man die Versorgungslücke auch deutlich günstiger schließen kann?
Danke.
Ich streite hier garnichts ab. Dein WPV Beitrag kann ich zum einen nicht überprüfen und zum anderen kenne ich die Konditionen der WPV nicht. Dein Beitrag hat bei mir auch mehr Fragen als Antworten erzeugt. Vorweg, Versorgungswerke sind in der Regel Produkte für privilegierte (Berufs-)Gruppen, ich würde sehr gern meine gesetzliche Rente gegen das Versorgungswerk der Ärzte tauschen.
Aus Neugier paar Fragen, sind nicht böse gemeint, interessiert mich tatsächlich:
- Kannst du 100k Einmalbetrag tatsächlich einzahlen oder ist das ein von dir fiktiv hoch gerechneter Beitrag?
- Falls möglich, ist dass dann ein Bruttobeitrag? Damit sprengst du ja alle Freibeträge, sollte daher eher Netto sein, liege ich da richtig?
- Deine 1000 Euro Rente, die ist dann aber wieder brutto?
- Werden die 1000 Euro in der aktiven Phase angepasst oder ist das ein Festbetrag, der erst ab Rentenbeginn dynamisiert wird?
- Gibt es feste Regeln für die Dynamisierung (z.B. gemäß VPI Entwicklung)?
Jenachdem wie die Antworten ausfallen, kann ich beurteilen, ob das hervorragende Konditionen sind oder nur guter Standard (schlechter erwarte ich nicht).
Gern kannst du mir auch ein vergleichbares Produkt nennen, das am freien Markt für mich zugänglich ist. Wirst du aber nicht finden. Versicherungen arbeiten mittlerweile eher nach dem Prinzip von dem Kollegen, der die Aktienrendite als Diskontierungssatz empfiehlt. Höhere Aussicht auf Rendite dafür weniger Garantien. Im worst Case erhälst du nichtmals deine Beiträge zurück.
Zu dem Kollegen, mit folgender Aussage:
"Ich glaube das ist doch der entscheidende Punkt, warum keiner mit deiner 0% Realzins Annahme mitgeht."
Ich verstehe sehr gut, wieso dieser Punkt angezweifelt wird. Dein Gedankengang ist doch: was wird in der in der Praxis tatsächlich umgesetzt und ja, es werden Aktienprodukte sein. Daher wirkt mein Ansatz, einen Zins zu wählen, der "nur" die Inflation ausgleicht als unplausibel. Dein Aktienportfolio (was auf immer das genau ist), liefert dir keine 3% (nach Inflation) SICHER pro Jahr. Ich kann natürlich einfach den MSCI World nehmen, mir die letzten 50 Jahre anschauen und darauf verweisen. Leider ist das keine Garantie dafür, dass der Plan aufgeht. Du kannst damit bei Rentenbeginn auch bei minus 20% stehen. Mag für dich unwahrscheinlich sein, ist aber möglich. Der MCSI World ist zu 70% USA, ein enormes Klumpenrisiko. Damit wettest du darauf, dass die nächsten 40 Jahre die USA weiterhin die Nummer eins bleibt. Jetzt kannst du dieses Risiko natürlich versuchen mittels Emerging markets auszugleichen. Zu welchem Anteil soll ich die rein nehmen? Nach BIP, nach Marktkapitalisierung sind vermutlich deine Ansätze. Jetzt kann ich dir aber historisch belegen, das grosse Unternehmen es in der Regel nicht mehr schaffen, den Run (also die Rendite) der Vergangenheit zu wiederholen. Lösung, Small caps müssen mit ins Portfolio. Dieses Spielchen kann ich ewig so weiterführen. Alternativ kannst du auch einfach einen Fondmanager ins Boot holen, dann hängt deine Rendite aber auf einmal von seinem Können ab (sieht historisch deutlich schlechter aus, je nachdem wen du wählst).
Zudem sind in deinen Annahmen auch technische Fehler. Der lange Zeithorizont ist ja schön und gut, aber 5 Jahre vor Rentenbeginn ist der nicht mehr vorhanden. Du möchtest in 5 Jahren dann eine sichere Rente mtl. erhalten. Da wirst du -in der Praxis- nicht drum herumkommen, das Geld in sichere Anlagen um zu schichten, also z.B. Bundesanleihen (Zins = Inflationsausgleich). Sollte 5 Jahre vorher aber gerade mal wieder in Börsencrash sein, dann sieht es düster aus mit der Rente.
Zurück zum Anfang:
Mit der Behauptung, dass die 3% im long run aber relativ sicher seien, erzeugst du einen Arbitrage. Es würde dann sogar Sinn machen, einen Kredit aufzunehmen um damit deine Strategie zu fahren. Natürlich kann das klappen, es wäre aber ein sehr risikofreudiges Vorgehen. Diesen Ansatz dann mit dem Cashflow einer Pension gleich zu setzen, ist für mich Äpfel mit Birnen vergleichen.
Aber ehrlich gesagt ist mir das langsam auch egal, wir kommen auf keinen Nenner. Dann soll der Lehrer halt nur 90k verdienen, ändert für viele individuelle Vergleichsfälle auch nichts.
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