Bin mittlerweile seit einem knappen Jahr fertig mit dem Master und promoviere nun. Da das jedoch vergleichbar mit einem Vollzeit-Job ist (oder eher 1,5 Vollzeitjobs), betrachte ich meine Studentenzeit auch als vorbei.
Habe insbesondere nach dem Auslandssemester im Master gedacht, dass das nun der Höhepunkt meines Lebens war und nichts mehr geiler werden kann. Auch an die Zeit im Bachelor & Master denke ich immernoch gerne zurück, trotz 20h Werkstudententätigkeit und ständiger Geldnot + Pistole auf der Brust da ich fertig werden musste bevor ich aus dem Studentenwohnheim geschmissen werde. Wir haben halt statt in der Bar am Späti unser Bier getrunken und wir sind dann halt nicht am Wochenende feiern gegangen sonder unter der Woche, wo der Eintritt frei und das Bier günstig war. Essen war ich meistens in der Mensa oder irgendwo in Uni-Nähe wo es günstig war. Gereist bin ich wenig, höchstens mal wenn ein Freund irgendwo im Ausland studiert hat und ich dort umsonst pennen konnte. Wenn ich an die Studiumszeit zurück denke, denke ich aber auch an: die ständigen Existenzängste. Die Sorge, ob ich überhaupt einen vernünftigen Masterplatz kriege. Den Schock, als ich mich im Supermarkt beim Fleischkauf vergriffen habe und der Einkauf doppelt so teuer wurde und mein Monatsbudget quasi gesprengt war. Das ständige rechnen, wieviel Geld ich pro Tag noch ausgeben darf um durch den Monat zu kommen.
Hatte rückblickend eine sehr gute Zeit und habe vor Allem Freunde für's Leben gefunden, gerade weil wir schweinearm waren mussten wir zusammenhalten - und das vergisst man nicht. Nachdem ich es doch noch auf die Kette gekriegt hatte, ein Auslandssemester in Osteuropa zu machen, einfach weil ich es mir nur dort leisten konnte, war es aber umso geiler. Fast jeden Tag Party, Reisen ohne Ende, jeden Tag irgendwas erleben. Dachte wie gesagt, das wäre der Höhepunkt meines Lebens. Mit knapp einem Jahr Abstand langweilen mich aber mittlerweile die Studenten, haben immer die gleichen Sorgen und die gleichen Geschichten. Studentenpartys sind auch nicht mehr gleich, langweile mich dort - und mal ehrlich, 19-Jährige Mädels sind mir einfach zu kompliziert, mit ein wenig Älteren, die auch schon im Leben stehen, hat man deutlich mehr Gesprächsstoff. Ich hatte immer Angst davor, an der Erinnerung an's Studentenleben hängen zu bleiben, aber ehrlich gesagt bin ich da irgendwie automatisch rausgewachsen - und mittlerweile genieße ich auch die Ruhe, einfach mal Zuhause zu chillen, irgendwo essen zu gehen, ohne jeden Cent umdrehen müssen, mit der Freundin auf der Couch zu sitzen und Tee zu trinken anstatt sich von der ständigen Angst, etwas zu verpassen, treiben zu lassen.
Was ich allerdings immer vermissen werde: Keine Verantwortung zu haben.
Ein eigenes Dissertationsprojekt zu haben, ist eine riesige Verantwortung, das muss man deutlich ernster nehmen, als eine Bachelorarbeit. Genauso ist es mit sinnvollen Nebenjobs, da wird man ernst genommen (und im Idealfall auch ordentlich bezahlt), muss dafür aber auch abliefern, während ich als Werkstudent meistens kaum gearbeitet habe und nach der Arbeit mit einem freien Kopf nach Hause gegangen bin. Es hat alles Vor- und Nachteile im Leben, ich denke aber auch dass man das Studentenleben nicht allzusehr vermissen wird, wenn man danach eine neue, für einen selbst sinnstiftende Tätigkeit finden. Und Flexiblität kann man auch dann haben, ich gehe jetzt um kurz vor 11 duschen und fahre erst danach in's Büro. Zugegebenermaßen im konservativen Deutschland leider noch selten, aber warum sollte ich produktiver sein, nur weil ich von 9-17 arbeite, und nicht von 12-20 Uhr?
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