Es fallen einfache Deklarationen bezogen auf die Einkommensteuer weg. Es fällt auf lange Sicht auch die FIBU weg. Aber das hat meine Kanzlei ohnehin kaum gemacht. Ich kann nur aus Sicht eines StB/WP sprechen. Das heißt, mein Aufgabenspektrum ist eben weiter als das eines Steuerberaters und daher sehe ich keine Existenzprobleme.
Wenn die Fibu stimmt, gibt es beim Jahresabschluß nicht mehr viel zu tun. Trotzdem ist dieser nebst den zugehörigen Steuererklärungen momentan margenträchtigstes Steuerberater - Produkt.
Und genau dies wird der Ansatzpunkt für entsprechende Software - Anbieter sein, den Jahresabschluß im Rahmen einer Lösung formell zur Selbstdeklaration auf sich zu vereinigen inkl. Hotline bei Anwendungsproblemen und Verprobung mit der Prüfungssoftware des Finanzamts sowie kooperierenden reisenden Steuerberatern zur Betreuung bei Betriebsprüfungen.
Aus steuerlicher Sicht bin ich froh, dass die einfachen Tätigkeiten wegfallen. Das bringt mir mehr Marge und ich habe endlich wieder Zeit für echte Beratung.
Toll für Dich. Nur was machen alle anderen, die einen nicht geringen Teil des Umsatzes und Ertrags ihrer Kanzlei mit diesen einfachen Tätigkeiten bestreiten?
Aber zurück zu deiner Frage: Die Mandate werden beratungsintensiver. Sollte z.B. die FIBU automatisiert werden, was heute ja schon in hohem Maß der Fall ist, dann fungierst du als Berater mehr in der prüfenden Funktion. Du musst natürlich kontrollieren, ob die Daten, die dort verarbeitet werden auch konsistent und korrekt verarbeitet werden. Das ist nämlich derzeit absolut nicht der Fall. Wir rechnen das unter Compliance Beratung ab. Dich schützt eine Software ja nicht vor Steuerverkürzung. Wenn du diese begehst als Steuerpflichtiger dann hast du ein Problem.
Daß die Mandate allgemein (!) beratungsintensiver werden, sehe ich nicht allein schon infolge der im Vergleich zu früher eingeschränkten handels- und steuerrechtlichen Wahlrechte.
Üblicherweise wird seit jeher die vom Steuerberater erstellte Buchhaltung im Rahmen der Jahresabschlußarbeiten auf (selbstverursachte) Fehler geprüft. Die Durchsicht aller Konten auf Fehlbuchungen und die Anwendung entsprechender Verprobungstechniken ist Hauptteil der Jahresabschlußarbeiten. Nur konnte man dem Steuerpflichtigen dafür keine Rechnung schreiben weil es das Fachpersonal des Steuerberater selbst war, was diese Fehler verursacht hat.
Außerdem ist - wie bereits vorstehend geschildert - in moderner Branchensoftware eine Verprobungsmöglichkeit vergleichbar einer digitalen Betriebsprüfung mit enthalten und auch die von Dir genannten Daten - Konsistenzprobleme werden auf mittlere Sicht durch technische Lösungen behoben werden.
Kleinere Mandanten möchten von dir aufbereitete Daten haben, die du ihnen dann vor allem verständlich erläutern musst. Du kannst von einem Arzt, Handwerker, Künstler etc. nicht verlangen, dass er eine Bilanz und GuV lesen kann und vor allem interpretieren kann. Hier zeigen wir Optimierungslösungen auf. Der Mandant kann jederzeit über eine Schnittstelle auf die Cloud zurückgreifen und unsere Daten in Echtzeit aufbereitet einsehen.
Daß ein Steuerberater dadurch mittefristig Honorarvolumen wird generieren können sehe ich nicht. Man kann alles vereinfachen vergleichbar wie in den mehreren hundert Seiten umfassenden Jahresabschlüssen von börsennotierten Publikumsgesellschaften die wichtigsten Finanzdaten übersichtlich und für jedermann verständlich auf den ersten Seiten präsentiert werden. Wenn Du einen Jahresabschluß erstellst und Deinen Mandanten in einer Form präsentierst, daß diese ihn nicht oder nur durch Deine Erläuterung verstehen heiß dies im Umkehrschluß, daß Du letztlich das Falsche tust.
Durch die Digitalisierung und Analyse von Big Data hast du hier dann Spielraum für betriebswirtschaftliche Beratung, Margenanalysen, Wettbewerbsanalysen etc.
Das, was heute vielleicht noch Geld bringt wird in absehbarer Zeit wegen der Skalierbarkeit ein kostenloses give away. Persönlich finde ich es eh nicht in Ordnung, daß beispielsweise die Datev eG die bei ihr vorhandenen Finanzdaten der Mandanten ihrer Mitglieder anonymisiert für kostenpflichtige Branchenvergleiche weiterverwendet, ohne die Eigentümer dieser Daten um Einwilligung zu fragen oder diesen eine finanzielle Kompensation anzubieten.
Durch die Digitalsierung wird es wesentlich mehr Betriebsprüfungen geben. Hier bieten wir virtuelle Betriebsprüfungen an, um Risiken im Vorfeld abzufedern. Wir setzen IDEA und ACL ein, um Big Data Analysen zu machen. IDEA setzt auch die Finanzverwaltung bei Betriebsprüfungen ein.
Es wird zukünftig Betriebsprüfungen geben in Bereichen, wo für die Finanzverwaltung mit einem lukrativen Mehrergebnis zu rechnen ist. Das kann auch zu weniger Betriebsprüfungen führen, wenn durch die Anwendung von moderner Technik wie sie das Finanzamt selbst nutzt die Beanstandungsquote und das Mehrergebnis sinkt. Ich denke nicht, daß die Finanzverwaltung zukünftig mehr prüft, um den Steuerberatern hier ein abrechenbares Tätigkeitsfeld zu erhalten.
Wir beraten in den Themen Tax Compliance und steuerliches IKS damit Geschäftsführer eine Exculpationsmöglichkeit haben, sollte es zu einer Steuerverkürzung respektive Steuerhinterziehung kommen.
Ebenso steuerliche Gestaltung von Unternehmenstransaktionen, Nachfolgeberatung, Beratung zu grenzüberschreitenden umsatzsteuerlichen Problemen, Fiskalvertretung etc.
Da geht es oft sehr in die Verzahnung von gesellschaftsrechtlichen respektive zivilrechtlichen Problemen sowie steuerrechtlichen Problemen.
Das werden auch in Zukunft lukrative Tätigkeitsfelder sein. Nur nährt dies den überwiegenden, vom technischen Fortschritt negativ betroffenen Teil des Berufstands nicht.
Du musst auch sehen, dass wir Unternehmen betreuen. Oft machen wir dennoch für die Gesellschafter die Steuererklärungen, weil diese auch gar keine Lust und Zeit haben sich mit irgendeiner Software zu beschäftigen.
Dazu kommen gutachterliche Tätigkeiten, Lehrtätigkeiten und Seminare.
Wie du siehst ist das ein breites Spektrum. Von dem WP-Bereich rede ich jetzt nicht.
Das alles ist wohl schön für Dich selbst, aber letztlich keine Antwort darauf, wie die aktuell noch hohe Anzahl an Absolventen, die letztlich zu der laut Kammerstatistik noch nie dagewesenen hohen Anzahl an Berufsträgern geführt hat, zukünftig angesichts vorhandener und kommender technischer Möglichkeiten Umsatz und Ertrag ihrer Kanzlei werden ausweiten können.
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