?Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn ein Einkäufer keine Ahnung hat und/oder ausschließlich sein Target verfolgt.?
In einem Unternehmen verfolgt jeder letztendlich sein Target, daran ist per se nichts Verwerfliches. Im Einkauf wird eine Zielerreichung ohne gewisse Produktkenntnisse schwierig ? das ist aber in jeder anderen Funktion auch so. Vertrieb, Logistik, Konstruktion, Produktion etc. können ohne Produktkenntnis ebenfalls nicht arbeiten. Das bedeutet für einen Berufseinsteiger, dass er sich in den ersten Monaten diese Produktkenntnisse aneignen muss, und ein guter Arbeitgeber wird auch entsprechend eine solche Aneignung forcieren.
?Wie darf ich mir Gespräche zwischen Einkauf und Lieferant vorstellen??
Zunächst mal so, wie jedes andere Gespräch auch, bei dem es zum Teil gegenseitige und zum Teil gemeinsame Interessen gibt. Beide Parteien haben eine Position und versuchen in der Verhandlung, diese Position durchzusetzen. Konkreter kann man es nicht sagen. Manche laden ihre Lieferanten ein, manche fahren/fliegen hin, manche treffen sich auf Messen, manche telefonieren, schreiben Mails oder sonstwas. Je nachdem, welches Kommunikationsmedium für den Fall angemessen ist.
??auf kleinste Fehler des anderen reagieren können?
Wenn große Konzerne miteinander arbeiten, sind Einkauf und Vertrieb aber keine One-Man-Shows. Es gibt 1. eine Vielzahl von beteiligten Funktionen (Logistik, Finanzen, Konstruktion etc.) und 2. interne Hierarchien und Gremien, die die getroffenen Vereinbarungen hinterher absegnen müssen. Einkäufer und Vertriebler sind dementspechend nur Unterhändler und stecken die Rahmenbedingungen ab bzw. prüfen, inwiefern intern gesetzte Ziele (Kosten, Termin, Qualität) in dieser Geschäftsbeziehung erfüllt werden können. Selbst wenn die beiden sich einig sind, kann es gut sein, dass der Beschluss hinterher von einer höheren Instanz wieder kassiert wird oder schlicht und ergreifend technisch/zeitlich nicht umsetzbar ist.
Die wichtigste Fähigkeit für eine solche Verhandlung ist deshalb nicht etwa die gerne zitierte Durchsetzungsfähigkeit (?ich habe Recht und Du nicht?), sondern Gesprächs- und Vermittlungskompetenz ? sowohl gegenüber externen Partnern, als auch innerhalb des eigenen Unternehmens. Also: Interessen auf den Punkt bringen, Lösungen ausdiskutieren, Sensibilität für die Interessenlage des Gegenübers, Konflikte erkennen, Vereinbarungen treffen und einfordern.
Logisches Denken und ein geschickter Umgang mit Zahlen sind außerdem sehr hilfreich in solchen Gesprächen, da einem die Kalkulationen aus Preis pro Einheit, Staffelpreisen etc. sonst irgendwann um die Ohren fliegen.
Alles andere schreibt der Arbeitgeber in die Stellenausschreibung, da es vom konkreten Einsatzgebiet abhängt. Eines sollte aber klar sein: Ein dicker Ledersessel, auf dem ich mich rotzig zurücklehne und Lieferantenvertreter abwatsche, prollige und dummdreiste Gesprächsmethoden, schlechtes Benehmen, totale technische und mathematische Inkompetenz sowie mangelnde Sprachkenntnisse stehen auf KEINER Stellenbeschreibung. Mit Geschenken vollgestopfte Taschen übrigens auch nicht (private Vorteilnahme ist völlig zurecht ein sofortiger Kündigungsgrund!).
antworten