Ich komme ursprünglich aus einem südeuropäischen Land und möchte den Kollegen bzgl. Arbeit etwas korrigieren. Zu einem sind es verschiedene paar Schuhe und ein direkter Vergleich ist nicht möglich. Zu einem das Argument mit der Selbständigkeit. Ich glaube, dass der Job eines Selbständigen jedem mehr zusagen würde, denn du arbeitest im Endeffekt auf die eigene Rechnung. Mit höhen und tiefen. Da interessiert niemanden ein "Lebenslauf". In Südeuropa gibt es tatsächlich mehr Selbständige, aber die meisten arbeiten im Dienstleistungsgewerbe und dort sind die Arbeitszeiten auch in unserem Land nicht immer die besten. Was uns hier mit denen untecheidet ist die Lebenseinstellung bzw. Mentalität. In meinem Land wird Stress nicht eng gesehen. Dort wird locker aber NICHT unproduktiver rangegangen. Die Arbeitszeiten sind auch oft variabler und auf besondere freizeitliche Aktivitäten wird Wert gelegt. Ich rede bewußt nicht von Ländern, wo Menschen um ihre Lebensexistenz arbeiten. Da ist es etwas anders.
In Deutschland hat sich die künstliche Kultur der "Lebenslauftypen" entwickelt, die durch künstlich aufpolierte Lebensläufe und lange Arbeitszeiten sich hervorheben wollen und es von den Kollegen erwarten. Ich habe 2 Jahre für eine große UB gearbeitet und kann da schon einiges zu sagen. Der Gedanke des künstlichen Lebenslaufs und der Möchtegern-Elite führt dazu, dass im Endeffekt jeder genommen wird, egal was er studiert hat, solange dieser zu den 10 Prozent der besten Absolventen gehört. An für sich lächerlich, dass ein Mini-MBA ein komplettes WiWi-Studium ersetzen soll, was es im Endeffekt nicht tut und ich unfäige Kollegen hatte, was im nächsten Schritt zu langen Arbeitszeiten führte. Eine Kauselette in einem Hamsterrad.
Warum sich Menschen über die Arbeitszeit beschweren? Nun, ist es nicht so, dass früher kaum jmd. ständig auf Geschäftsreisen war? Übrigens, wenn ich in meiner Heimat bin und erzähle, dass ich in der Woche am Montag in Berlin bin, am Mittwoch in London und am Freitag in München, sehen die mich erstaunt an. Für die ist schon ne "Flugzeugreise" mit Strapatzen verbunden. Übrigens ich rede hier auch nicht von "Bauern", sondern von Menschen mit gehoben Postionen. Es heißt dann immer: "Wie hälst du es durch?" und die zweite Frage lautet: "Das muss dann ja auch ordernlich vergütet werden". Und die Gründe sind doch auch selbstverständlich. Wie lange kann man sowas durchhalten? Der eine hält 2 Jahre durch, ein harter 10. Und dann? Man macht sich kaputt und wer sich das nicht eingesteht ist meiner Meinung nach ziemlich naiv.
Bei uns erwarten die Unternehmen besonders im UB, Banking, WP-Branchen, dass die Menschen immer 100% Lesitung bringen und dafür vieles opfern. Und tatsächlich opfert man viel. Oft opfert man Freunde, Familie und seine Hobbys. Was an sich nicht immer ungewöhnlich ist, nur die Gegenleistung ist oft zu gering. Weiterhin haben wir in unserem Land auch Alternativen und deren Lohn-Arbeitsverhältnis vor den Augen. Glaubt hier jmd. tatsächlich, dass wenig Schlaf, dauerhafter Stress, Reisestrapazen, lernen für Examena bis Mitte der 30er, oft durchgemachte Nächte, gesund sind? Es rächt sich später. Und dann steht man da. Ohne Geld und dazu noch körperlich kaputt. Familie wird man kaum habe, denn dazu hat man ja Zeit genug. Dachte man früher. Und mal im Ernst, wo lernt man Fraun/Männer kennen, wenn man 7 Tage die Woche arbeitet. Vllt. mehr paar Feierabendbeziehungen, aber wohl nichts ernstes. Und welcher Mensch wird heutzutage, in userer Zeit, mit einem Partner zusammen bleiben, der nie da ist? Früher wurde es gemacht, da Scheidungen kaum vollzogen wurden, heute ist es das Gegenteil. Und wenn ich mir überlege bis 67 jeden Tag nur um die 5 Studen zu schlafen, wenig Sport zu machen, schlecht zu essen (sorry, aber auf Dauer ist das Restaurantessen ungesund), vllt. noch Raucher zu sein, und sich abends aus Frust und Einsamkeit mit paar Kollegen einen zu kippen und langweilige Gespräche zu führen, so wird mir klar, dass so ein Leben nicht lange gehen wird. Arbeit war immer ein Ungut. Und das empfinden viele so.
Auf Dauer wird jeder Job langweilig, auch wenn viele in der Beratung immer vom Gegenteil reden (ich war da und soviel gelernt wie viele immer sagen, wird da nicht. Aber als Uni-Absolvent kennt man andere Unternehmen nicht und da kommt es einem als viel vor.) und da braucht ein Mensch Rückhalt und diesen findet man privat oder eben nicht.
Hier wird behauptet, dass Reiszeit ungleich Arbeitszeit ist? Was für ein Blödsinn ist das? Für mich heißt es: Ich brauche einen Spezialisten und der wohnt in Kiel, also lass ich ihn nach München einfliegen. Die Zeit im Flieger hätte er auch anders nutzen können. Der eine würde rein theoretisch ach zusätzlich Geld verdienen können. Das sind Opportunitätskosten liebe Betriebs-, Volkswirte und Ökonomen. Lernt man ja im Studium;). Nur als Beispiel meine Zeit bei einer UB: Oft Sonntag gegen 19 Uhr raus und ab in den Flieger oder Auto. Bei einigen Strecken wurde mit ICE oder Flugzeug am Montag ab 4 Uhr gefahren. Nur so als Nebeninfo. Bei uns fahren die Züge in der Nacht von So auf Mo zwischen 1:30 bis 4:00 nicht. Heißt: Ab ins Auto und dann zum HBF oder Flughafen. Wenn der Flug um 4-5 Uhr war, hieß es bei mir um 2:45 aufstehen. Schnell duschen, vllt. etwas trinken und los. Angekommen vor Ort wieder Taxi ab zum Unternehmen. Wenn man mal im Ausland war musste man sich halb verschlafen auf die andere Sprache umstellen. Ich spreche 4 Sprachen (neben Deutsch) fließend. Und selbst mir fällt es sehr oft schwer von Sprache a) auf Sprache b) zu wechseln.
Angekommen beim Kunden gings los. Arbeiten, arbeiten, arbeiten bis oft in die Nachtstunden. Natürlich hätte man schneller werden können, aber das wird nciht geduldet. Zu tun gibt es immer was und als Berater musst du zeigen, dass du das Geld wert bist und das heißt arbetein und arbeiten bis zum umfallen. Und wenn schon, die anderen stehen vpr der Tür. Manchmal musste man während der Woche einige Male hin und her fliegen. Ich war nie der Fliegertyp und das war schon anstrengend für mich. Diese Unternehmen verlangen sehr viel von ihren Mitarbeitern. Sehr gute Abschlüsse, CV, Promotion/MBA/Examina (z.B. Stb./WP) und zahlen dafür miekrig. Warum? Nun mal davon abgesehn, dass noch vor Jahrzehnten UNiabsolventen immer als was besonderes galten. Heute ist ein UNi-Abschluss eigentlich nicht viel Wert. Und tatächlich war es auch in der Vergangenheit so, dass Uni-Absolvetnen mit geringeren Arbeitszeiten, höheren Löhnen und Postivionen und höherem Ansehen verbunden wurden. Heute? Naja, eher das Gegenteil.
Ich will damit nicht sagen, dass ein Abschluss an einer Uni einem das Leben erleichtern sollte, doch es sollte mehr Wert sein als es in Wirklichkeit heute ist. Einfach zu erlangen ist so ein Ding nicht. Und wenn danach die Vergütung pro Stunde auf den Niveau eines Fließbandarbeiters ist und das ist sie (wobei bei VW die mehr erhalten;)), fragt man sich als Akademiker ob es richtig ist. Vergleicht man nämlich die Löhne, könnte man denken wir leben in der ehemaligen UDSSR. Lohngleichheit für alle.
Schlaf ist ein kostbares Gut und wenn jmd. merkt, dass es nicht mehr geht, sollte er gehen. Sich zu zerstören ist der falsche weg, auch wenn viele hier oft blödsinn a la halbtagsjob (bemerke 40 h die Woche) schreiben. Job ist ungleich Leben. Auch das sollte eine Demokratie anerkennen, bei vielen Firmen haben wir leider ne Diktatur gestärkt durch den Absolventenüberschuss und der Marklage.
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