Hallo LoungeGast 23.04.10,
mich als Rechtsgelehrten zu bezeichnen, ist nicht doch nötig. Sagen Sie einfach ganz persönlich "LoungeGast" zu mir. Im Übrigen ist mir die leicht provokative Formulierung nicht ganz plausibel - fühlen Sie sich durch meine Ausführungen zu dem Thema irgendwie persönlich berührt? Aber lassen wird das und werden sachlich, denn darum geht´s hier doch, oder?!.
Die "Nachdiplomierung" ist mir - um ehrlich zu sein - nur als Resultat aus Art 37 II EinV bekannt. Hiernach wurde, wie Sie ganz richtig ausgeführt haben, unter bestimmten Voraussetzungen ein Diplom (FH) Personen zugebilligt, die ansonsten die formalen Voraussetzungen für eine Hochschuldiplomierung nicht erfüllt haben, deren Abschluss (Nicht: Der Bildungsweg bis zum Abschluss) aber als gleichwertig anzuerkennen war. Einen Eingriff in die Hochschulautonomie kann ich nicht erkennen, da es sich bei diesem treffend als "Rechtswohltat" bezeichneten Vorgang um einen Verwaltungsakt des Staats handelt, und nicht die Hochschule verpflichtet wird, beliebig sozusagen "per ordre mufti" nachzudiplomieren. Insofern liegt formale Gleichwertigkeit auch nicht vor, denn einen akademischen Grad kann der Staat nicht verleihen - nur die Hochschule.
Korrekt ist aber, dass dieser Unterschied für den objektiven Empfänger, den § 132a StGB eigentlich schützen will, nicht zu erkennen ist. Dass das zu einem nicht vollumfänglich befriedigenden Ergebnis führt, unterschreibe ich als Jurist und Akademiker sofort. Meines Erachtens ist dies aber nur eine von vielen dieser Art, die durch den Einigungsvertrag hervorgerufen werden (böse Zungen würden von "Kollateralschäden" sprechen). Dass das alles nicht ganz so unproblematisch gesehen wird in der Jurisprudenz, beweisen diverse ober- und oberstgerichtliche Entscheidungen zu dem Thema - einfach mal auf der Seite der KMK nachlesen.
Man wird das darüber hinaus aber hinnehmen müssen, und sich letztlich darauf ausruhen können, durch eine eigene akademische Leistung formal mehr geleistet zu haben. Sie finden diese Ergebnisse übrigens nicht nur in den von Ihnen dargebrachten Beispielen, sondern auch heute noch auf anderem Gebiet. Die Hochschulen (FH und UNI) verlangen teils höchst unterschiedliche Leistungen zum Erreichen des akademischen Grades. Beispiele aus meinem Bereich: Diplom-Rechtspfleger (FH), die durch bloßes Bestehen der beamtenrechtlichen Laufbahnprüfung den akad. Grad durch die FH erhalten, und solche (wie ich), die dafür eine Diplomarbeit schreiben müssen.
Oder Juristen, die nach dem 1. Staatsexamen auf bloßen Antrag hin den akademischen Grad "Diplom-Jurist" verliehen bekommen, ohne auch nur eine irgendwie geartete Leistung außer des Staatsexamens erbracht zu haben, das nun wahrlich nicht ausreichen kann (sonst müsste das für Lehrer gleichermaßen gelten). Sie sehen: Eine einhunderprozentige Vergleichbarkeit von akad. Abschlüssen unter dem Gesichtspunkt der dafür erbrachten wissenschaftlichen Leistung bekommen Sie eh nicht hin. Dies ist aber auch nicht gewollt: Nicht vom Staat, der mit Ausnahmeregelungen die Vergleichbarkeit demontiert, und nicht die Hochschulen, die unter dem Deckmäntelchen der Autonomie ihren Absolventen auch gerne mal einen "wettbewerbswidrigen Vorteil" verschaffen.
Und zu Ihrem letzten Satz: Um tatsächliche zu fundieren, warum der FH-Studiengang m.E. qualtitativ nicht gleichwertig mit dem universitären ist, bedürfte es natürlich mehr als "nur" des Blickes in die Laufbahnverordnungen. Sie wollen mir aber nicht ernsthaft erzählen, dass Sie diesen Anspruch in der gesamten Diskussion hier auch nur im Ansatz verwirklicht gesehen haben. Nehmen Sie meine Darlegung daher eher als Ansatz einer Argumentation (siehe Formulierung "...das kann man SCHON daran erkennen, dass...") , und nicht als abschließendes Gutachten, dass Sie - m. E. unpassend, da wortsinnwidrig - als "Beweisführung" bezeichnen.
Lounge Gast schrieb:
"Geschützt werden also nicht die berechtigten Inhaber von
Amtsbezeichnungen usw. wegen ihrer herausgehobenen Stellung,
sondern die Allgemeinheit davor, dass einzelne von ihnen im
Vertrauen darauf, dass eine bestimmte Person eine bestimmte
Stellung (oder Qualifikations, Anm.) hat, Handlungen
vornehmen könnten, die für sie oder eine andere schädlich
sein könnte".
So Herr Rechtsgelehrter, dann wäre mal ihre Meinung zum
Umstand der Nachdiplomierung interessant. Wie ihnen bekannt
sein dürfte, hat das Kultusministerium in den 70er Jahren in
Westdeutschland und den 90er Jahren in Ostdeutschland fast
alle Absolventen der Fachschulen nach 3 bzw. 5jähriger
Berufsausübung das FH-Diplom verliehen. Das ganze geschah
ohne mit dem HRG §18 konform zu sein! Eigentlich handelt es
sich um Einmischung in die Selbstverwaltung der Hochschulen
(hier FH). Mit anderen Worten gibt es 10tausende
Fachschulabsolventen, die das FH-Diplom tragen, ohne daß
jemals eine FOS/Gym noch eine FH besucht wurde. Eine dem
FH-Diplom adäquate Befähigung mußte auch nie nachgewiesen
werden, weil die Nachdiplomierung per Definition nicht an die
Erbringung von Leistungen geknüpft ist, sondern eine sog.
Rechtswohltat darstellt. Wer schützt eigentlich die
Bevölkerung vor dieser Gruppe, die nie die Qualifikation
eines FH-Absolventen nachgewiesen hat? Auf Ihre Ausführungen
zu diesem eigentlichen Bildungsskandal bin ich sehr gespannt.
Ansonsten gebe ich Ihnen Recht mit der kleinen Einschränkung,
daß es sehr vage ist, einen Beweis unter Nutzung der
Festlegung der Höhe in der Besoldungstabelle des öffentlichen
Dienstes zu führen. Daß bei der Festlegung ein gewisser
Sparwille mitspielt und damit Befangenheit besteht, steht
wohl außer Frage.
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