"Tag1.
Mitarbeiter erzählt von seinem nächtlichen Nebenjob. Auch konsumiert er gerne übermäßig viel Alkohol, was er scheinbar ganz toll findet. Hier hat er im Vorstellungsgespräch die Nebentätigkeit verschwiegen. Er erzählt auch, dass er neben der Arbeitszeit für gewöhnlich nicht länger arbeitet. All das erzählt er uns aus eigenen Stücken am ersten Arbeitstag. Dies habe ich noch nie erlebt."
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Hast du ihn denn im VG gefragt? Wenn nicht, ist er nicht dazu verpflichtet, dir Auskunft zu geben.
- Das ist auch sein gutes Recht. Die Wochenarbeitszeiten sind nicht umsonst im Arbeitsvertrag festgelegt.
"Tag2.
Er weist einem untergeordneten Mitarbeiter zurecht und sorgt für schlechte Atmosphäre in der Abteilung. Er besitzt noch keine Befugnisse um zu entscheiden."
Sprich mit den Mitarbeitern und dokumentiere alles, was er ihnen angetan hat (Beleidigungen, Drohungen etc.). Je nachdem, wie schlimm das Verhalten ist, ist das ein Kündigungsgrund. Es stimmt zwar, dass während der Probezeit ohne Angabe von Gründen gekündigt werden darf, aber auch dies hat Grenzen (Diskriminierung etc.), und es besteht das Risiko dass der Mitarbeiter euch vor Gericht zieht. Um auf Nummer Sicher zu gehen solltest du handfeste (soweit es geht) Beweise haben, dass es Kündigungsgründe gab.
"Tag3-5.
Ist bei einer wichtigen Telefonbesprechung dabei und lacht über die Fehler des Kunden.
Telefoniert in der Arbeitszeit privat und surft im Internet, so dass es die Geschäftsführung sehen kann, wie er den Spiegel aufruft. Zuletzt hat er immer ein Smartphone in seiner Hand, auch wenn er eingearbeitet wird."
Den Kunden kannst du jetzt eher nicht mit in den Kündigungsprozess einbeziehen, aber die anderen Mitglieder der Geschäftsführung schon (als Zeugen, falls es zu einer Gerichtsverhandlung kommt). Privat telefonieren und surfen im Internet sind Kündigungsgründe (solange diese übermäßig sind).
"Heute am 6.Tag hätte er sich beweisen können. Ich bin im HomeOffice und er hat kein Feedback gegeben, keine Fragen gestellt und hat einfach seine Zeit abgesessen, obwohl er zahlreiche Aufgaben bekommen hat. Nichts hat er geschafft und in dieser Zeit hätte er viel schaffen können."
Jo, klingt nach Underperformance (ein Kündigungsgrund). Hast du ihm schriftlich Aufgaben verteilt und sichergestellt, dass er diese auch verstanden hat (vor allem, da er unerfahren ist)? Mit festgesetzten Deadlines/Zeiträumen bis zum nächsten Catch-up?
"Dazu hat sich herausgestellt (das hat er wieder von sich erzählt), er erwartet in der Probezeit ein zweites Kind. Ich will keine falschen Beschuldigungen treffen und bin auch ein Familienmensch, aber das liest sich sehr geplant für mich."
Da würde ich aufpassen... So eine Information muss er dir im Vorstellungsgespräch nicht geben, und es ist auch gefährlich danach zu fragen (Diskriminierung und so). Kein Kündigungsgrund.
"Was mich ziemlich nervt ist, dass er ein Raucher ist. Mein gesamtes Büro riecht muffig nach Nicotin. Davon kriege ich Kopfschmerzen und es verärgert mich."
Raucht er im Büro? Ist es offiziell verboten, im Büro zu rauchen? Falls ja, hat ihm das jemand mitgeteilt? Dies lässt sich doch ganz einfach lösen, indem ihm jemand darauf hinweist, nach draußen zu gehen wenn er rauchen will.
"Er ist heute, wie eigentlich jeden Tag, übermäßig pünktlich gegangen, so dass er um Punkt 14:00 Uhr das Unternehmen verlassen hat (Kernarbeitszeit erreicht)."
Ähm, wie gesagt... sind die Überstunden denn irgendwo im Arbeitsvertrag geregelt? Ich verstehe, dass du es nicht magst, wenn jemand nur nach Vorschrift arbeitet... aber es gibt eben Menschen, die viel Wert auf ihre Freizeit legen, und das musst du entweder einfach akzeptieren oder von vornherein klar machen, dass es kein 9-5-Job ist. Bitte auch das mit den Arbeitszeiten nirgendwo erwähnen, falls es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommt (es ist ja nicht der Fall, dass er jeden Tag früher geht, sondern er erfüllt einfach Punktgenau die vorgegebenen Arbeitsstunden und das gilt als völlig legitim).
"Wie ist eure Meinung dazu? Habt ihr auch schon neue Mitarbeiter gehabt, welche den Job nicht wollen und direkt gekündigt worden sind? Habt ihr eine zweite Chance gegeben?"
Ich bin zwar noch am Anfang meiner Karriere und habe dementsprechend noch keine derartigen Entscheidungen treffen müssen, jedoch habe ich einmal bei einer UB miterlebt, wie ein neuer Mitarbeiter im administrativen Bereich nach 2 Monaten gekündigt wurde (Probezeitkündigung). Das war jedoch ein ziemlich krasser Fall: er ließ sich 2x pro Woche krankschreiben, war regelmäßig über mehrere Stunden während der Arbeitszeiten nicht erreichbar, gammelte im Büro rum und erzählte seiner Vorgesetzten er helfe den Mitarbeitern bei IT-Problemen (obwohl damals noch Anfang der Corona-Pandemie war und deswegen nur 3-5 Leute im Büro waren), führte vorgegebene Tasks einfach nicht aus (z.B. Handybestellungen) und ist einmal sogar im Büro an seinem Schreibtisch vor den Augen einiger Mitarbeiter eingeschlafen (obwohl, er hat es damit begründet dass er Diabetes habe, ich kann nicht sagen inwiefern es der Wahrheit entsprach).
Ich würde erstmal, wie bereits einige oben geschrieben haben, das Gespräch mit ihm suchen, ihm das Problem beschreiben und die Auswirkungen auf die Firma schildern (ohne irgendwas zu bewerten - hier gilt es ganz klar Persönliches von Beruflichem zu trennen). Ich würde erstmal auch unvoreingenommen ins Gespräch gehen und keine Annahmen machen, dass er von Natur aus dumm/faul/arrogant etc. wäre. Es kann nämlich auch ganz andere Gründe geben (es fällt ihm schwer, die Aufgaben zu verstehen, er durchlebt eine schwierige Phase und es wirkt sich auf die geistige Leistung und das zwischenmenschliche Verhalten aus, etc.).
Klar, das ist ein Unternehmen und keine Wohltätigkeitsorganisation, und manchmal ist es eben die einzige Möglichkeit jemandem zu kündigen. Ich würde mir allerdings auch andere Maßnahmen überlegen, bevor ich zu diesem Mittel greifen würde, denn 6 Tage sind meiner Ansicht nach eine sehr kurze Zeit. Du hast ihn selber eingestellt, das heißt er müsste zumindest einen Teil der erforderlichen Qualifikationen erfüllt und im Vorstellungsgespräch zumindest ausreichend überzeugt haben. Erkläre ihm, wie gesagt, das Problem, und frag ihn direkt, ob er die Sache auch so sieht, woran es seiner Meinung nach liegen könnte und ob er vielleicht wüsste, wie man die Situation verbessern könne.
Falls es doch zu einer Kündigung kommt: wünsche ihm bitte trotzdem alles Gute, und gib ihm gegebenfalls ein paar Tips auf dem Weg. Deiner Schilderung nach hat dieser Mitarbeiter Probleme mit seinen sozialen Fähigkeiten, und ich kann aus Erfahrung sagen, dass die Ursache psychisch sein könne (Depression etc.). Überlege dir bitte also, ob es Sinn macht, diese Person persönlich nicht zu mögen und ihn für einen schlechten Menschen zu halten (und ggf. dich ihm gegenüber entsprechend mies zu verhalten), nur weil er seine Arbeit nicht gut macht. Es kann sein, dass er professionelle Hilfe braucht, oder dass es einfach nicht sein Bereich ist.
Siehe diese Situation am besten als Chance, deine Führungsfähigkeiten unter Beweis zu stellen und zu verbessern, und auch Prozesse in der Firma positiv zu verändern (bist du sicher, dass der Mitarbeiter auch richtig eingearbeitet wurde?).
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