Ich komme in der ‘’wirklichen’’ Welt nicht zurecht!
Ich fange mal, anstatt mit dem Problem, mit meiner Zielsetzung an. Ich wollte in einen der Bereiche Management Consulting, Finance oder BigLaw einsteigen. Momentan sieht es eher nach ersterem aus, da ich ein Angebot bei einer Tier2-Tier3 Beratung vorliegen habe und aufgrund meines technischen Backgrounds Finance und BigLaw erstmal langfristig (wenn überhaupt) geplant werden sollten (da wäre selbst letzteres realistischer, lege den LSAT in ein paar Tagen ab).
Background:
technisches Studium TU9 Deutschland Abschluss „sehr gut“, Master USA non-Ivy (Stanford/MIT/Caltech/Berkeley), etliche Nebentätigkeiten und Stipendien.
Erstmal jedoch was Grundsätzliches:
bitte keine Antworten, die auf Sachen hindeuten wie „Beratung ist nichts für dich, suche dir einen Job als Sachbearbeiter!“, „Du wirst nie reich“ etc. Mir geht es ums Geld, lang- sowie kurzfristig. Um meine Ziele bezüglich Letzterem zu erfüllen kommt man außerhalb von UB, Finance und BigLaw nicht weit, daher weigere ich mich, mich auf einen anderen Beruf einzulassen bzw. mein Ziel, reich zu werden, aufzugeben. Jemand, der Höhenangst hat und Pilot werden will, hat zwei Optionen: Situationen mit großen Höhen aus dem Weg zu gehen und den Traum aufzugeben oder sich mit seinem Problem auseinanderzusetzen, um dem Traum ein Stück näher zu kommen. Ich gehöre zur zweiten Gruppe! Solche Beiträge nützen daher nichts, deshalb bitte sein lassen!
Es gibt ein grundsätzliches Problem, welches mich seit Studienbeginn plagt und ich deswegen Angst habe, bei dieser und anderen Beraterfirmen (und generell bei Firmen, die ein sehr attraktives Gehalt anbieten) entlassen zu werden. Und zwar performe ich, wenn es um Sachen abseits von Lernen für Klausuren und Standardtests etc. geht, (stark) unterdurchschnittlich. Das Problem ist meistens, dass ich der einzige bin, der etwas nicht versteht, was allen anderen im Team klar ist. Deswegen komme ich meist nicht mit, verliere recht schnell den Faden und werde auf dem Abstellgleis gestellt. Ich illustriere dies in den folgenden Absätzen.
Technisches Vorpraktikum vor dem Bachelor bei einem Konzern: es waren die schlimmsten 8 Wochen meines Lebens. Ich verstand die Anweisungen/Tätigkeiten nicht bzw. erst nach mehrmaligem Erklären, da ich die Bauteile, Prozesse etc. noch nie in meinem Leben gesehen hatte und ich mich generell nie mit Technik beschäftigt hatte (waren so Basics wie Bohren, Fräsen, Schweißen etc.). Daher machte ich so ziemlich alles falsch, kassierte ein schlechtes Zeugnis und wurde von Kollegen und Ausbildern nicht für voll genommen oder ausgelacht.
Damals war ich jedoch in Sachen Nervosität, Konzentrationsfähigkeit und soziale Kompetenz extrem schwach, was mit damals nicht stark vorhandener Reife zusammenhing. Daher würde ich diese Erfahrung nicht so stark gewichten, insbesondere weil sie vor über 5 Jahren stattgefunden hat.
HiWi an einem Institut, technischer Bereich:
Betreuer kümmerte sich nicht wirklich um mich und gab mir allermeistens uninteressante Routineaufgaben (wenn überhaupt), manchmal sogar Dinge wie Kehren etc. Ich hatte generell nahezu Null Motivation und machte aus Langeweile alles etwa 5x langsamer, da ich es nicht riskieren wollte mit weiteren unbekannten Aufgaben oder mit Leerlauf konfrontiert zu werden. Meistens musste mir mein Betreuer die Dinge 2-3 mal erklären, bis ich verstanden hatte was er von mir wollte (ich fing meistens mit etwas Falschem an). Allgemein gab er mir jedoch nie Feedback, redete wenig und wich Konflikten aus, ich musste meistens selbst nach Aufgaben fragen (ihn fast schon daran erinnern, dass ich existierte). Der einzige Grund, warum ich blieb, war der Eintrag im CV.
Praktikum Konzern, technischer Bereich:
lief etwa gleich ab wie im HiWi-Job, nur dass es Vollzeit war und ich >50% der Gesamtzeit nichts tat. Betreuer vernachlässigte mich/gab mir langweilige Aufgaben. Die Informationen die er mir gab kamen wie aus dem Nichts und ich konnte einfach nicht am Ball bleiben, was das erlangte Wissen anbetrifft (es kam einfach wie sinnlose Auswendiglernerei vor). Irgendwann merkte er es, hatte keine Lust mehr auf mich und verpasste mir ein schlechtes Zeugnis. Ebenfalls hatte ich keine wirkliche Motivation für das Praktikum und der einzige Grund, warum ich blieb, war der Brand im CV.
Bachelorarbeit:
Betreuerin war dort sozial relativ inkompetent, ich hatte das Gefühl dass sie eher versuchte, sich selbst einzureden, dass das, was sie machte, sie begeistert und etwas Wichtiges ist. Ich versuchte anfangs, eine gute Arbeit abzuliefern, hielt Notizen etc. Ständig beschwerte sie sich jedoch, dass ich die Anweisungen nicht direkt verstand. Ihrer Meinung nach lag dies EINZIG UND ALLEIN an fehlender Konzentration und Motivation. Ich versuchte ihr zu erklären dass ich keinen Einfluss darauf hatte, sie wollte das einfach nicht begreifen. Sie erwartete von mir, dass etwas, was sie einmal gesagt hatte, sich bei mir im Gehirn auf ewig abspeichert. Ich hatte Angst, Fragen zu stellen, da sie jedes mal, wenn sie etwas schon einmal gesagt hatte (sei es auch 2 Monate davor) und ich nochmal fragte, entsetzt und genervt reagierte. Irgendwann, als ich sehr weit hinten lag, brach ein heftiger Streit aus, in dem sie mich auch persönlich verbal attackierte. Später wurde es etwas besser, jedoch sprach sie nie wirklich Lob aus und lachte mich irgendwann aus, da sie merkte, dass ich in Sachen Computerwissen nicht wirklich auf höchstem Level stand.
Teamprojekte USA:
Für den Master ging ich dann in die USA und hatte dementsprechend viele Projekte im Team. Leider war ich nahezu ausnahmslos der Schlechteste (falls mal nicht, dann jedenfalls unterdurchschnittlich). In den Teamdiskussionen verlor ich recht früh den Faden, weil ich einfach wenig verstand. Meistens, weil es technische Begriffe waren und ich recht wenig Ahnung/Erfahrung davon hatte sowie wenig Interesse. Daher konnte ich bei Lösungsvorschlägen nicht mitwirken, einfach weil ich nicht das Problem genau verstand bzw. wusste, dass meine Lösung so dumm sein würde dass man mich belächelt. Selbst bei kleineren Routinetasks mussten die anderen Mitglieder Iterationen durchführen, da ich diese nicht optimal ausführte. Dies resultierte darin, dass keiner aus den Teams mich für voll nahm, mit mir viel reden wollte etc. Im allerletzten Projekt wurde jemand wütend auf mich und mobbte mich systematisch. Der Teufelszyklus sah meist so aus: Ahnungslosigkeit, Nervosität, noch mehr Ahnungslosigkeit, noch mehr Nervosität etc.
Case-Workshops verschiedener UB:
war bei den drei großen UB (MBB) bei Case-Workshops. Konnte dort nicht mitwirken, weil mir das Ganze als pures, unlogisches Rumraten von Lösungsansätzen erschien und ich den Fokus und somit den Faden verlor. Blieb deswegen still und inaktiv, weswegen mich die Teamkollegen nicht für voll nahmen.
Irgendwann machte ich zufällig eine Session mit einem Coach, der mir zeigte, wie man Probleme rigoros in Logikbäumen Top-Down strukturieren kann (also das Gegenteil von dem, was in diesen Workshops gemacht wurde). Seitdem begeistert mich UB nicht nur wegen dem Geld, sondern auch aufgrund der Denkweise.
So, heißt allgemeine Tendenz:
Spaß macht es mir nur, über Probleme nachzudenken, die mit strikter Logik ohne das Verlangen von explizitem Wissen zu lösen sind, wie kleine Rätsel (wie Mathe, Business-Cases und jetzt gerade die LSAT-Prüfung). Ich bin bei allem anderen einfach schlecht. Hier einige Hypothesen meinerseits, worin es liegen könnte:
-
Dummheit:
so zynisch das auch klingen mag, manchmal denke ich dass ich einfach nur dumm bin. Klar, Abi und Studium mit <1.x geschafft, jedoch war dies nur mit exzessivem Lernen möglich (im Abi und im Bachelor hatte ich so gut wie keine Freunde und während des Bachelors habe ich praktisch nie Urlaub gemacht, um dem Material hinterherzukommen). Ich brauche auch ziemlich lange, einen Text zu verstehen, mit dessen Thema ich anfangs nicht vertraut bin (außer der Text besteht aus explizit logischen, mathematischen Zusammenhängen). - Fehlende Allgemeinbildung/Lebenserfahrung:
ich habe erst mit 21 angefangen, mich über das Weltgeschehen durch regelmäßiges Lesen von Artikeln zu informieren. Nicht weil es mich interessierte, sondern weil ich einfach in solchen Gesprächen zumindest passiv mitwirken wollte. Seitdem ist bei mir die Sicherheit entstanden, dass ich zumindest grob (!) weiß, was auf der Welt gerade so passiert. Leider kann ich jedoch immernoch nicht in solchen Gesprächen aktiv mitwirken. Politik, Wirtschaft, die Gesellschaft etc. interessieren mich einfach nicht! Es gibt einfach keine strikte, mathematische Logik, kein striktes Richtig oder Falsch! Die Informationen hängen einfach lose rum und jeder kann irgendwas zu allem sagen, daher sehe ich einfach keinen Sinn darin, irgendwas zu sagen, was in die „richtige“ Richtung geht. Beim Debattierclub war ich weitesgehend der Schlechteste, obwohl ein volles Jahr regelmäßig einmal pro Woche mitgemacht. Ich bin nicht jemand, der sich aus Eigeninteresse Artikel durchliest, ich muss dazu ein SEHR spezifisches Problem haben, dies ist die einzige Motivation und Anregung, mich mit etwas zu beschäftigen.
Hierzu muss ich jedoch sagen, dass mir das Konstruieren von Logikbäumen und rigorose Disaggregation von Problemen extrem weiterhalfen. Bspw. Stellte mir eine Freundin eine allgemein gehaltene Frage was zur Debatte anregen sollte, und ich war selbst erstaunt, dass ich durch diese rigorose, fast schon mathematische, abstrakte Denkweise jede Sichtweise miteinbezogen habe. Dies gab sogar der Freundin neue Einblicke und mir einen Funken Hoffnung, dass ich doch nicht so dumm bin wie ich dachte.
-
Neigung zu Perfektionismus:
dies heißt NICHT (!) bloß besser sein zu wollen als der Rest, sondern dieses allgemeine „Alles-oder-nichts“, „Schwarz-Weiß“-Denken. Heißt, wenn ich nicht wirklich weiß, was ich machen soll bzw. viele Alternativen da sind und es sein könnte, dass ich einen Fehler mache, neige ich dazu, einfach nichts zu tun. Wenn man nichts tut, kann man ja keine Fehler machen und wird von Betreuern und Kollegen nicht ausgelacht oder angeschrien. Ich habe dazu ein Buch gelesen und vieles leuchtete mir ein. -
Unsicherheit:
ich bin generell unsicher und öffne mich anderen nicht so leicht. Des Weiteren finde ich es ziemlich schwer, etwas zu sagen, wenn ich mir nicht zu 1000% sicher bin dass es richtig ist bzw. es den anderen was nützt. -
Fehlende Konzentration/Müdigkeit:
ich fühle mich generell oft müde. Vor allem bei Teamprojekten in den USA fühlte ich mich über die Zeit vollkommen erschöpft, obwohl ich nicht wirklich besonders ausgelastet war. Weiterhin fällt es mir schwer, mich auf etwas zu konzentrieren (es ist jedoch im Gegensatz zur Vergangenheit erheblich besser geworden). Deswegen besuchte ich nie Vorlesungen und machte alles alleine, weil ich nicht aufpassen konnte. Es erschien mir einfach alles lose und unstrukturiert, und genau so lief es bei Teamdiskussionen ab. - Oft fehlende Motivation:
das Studium hat mich generell nie interessiert. Anfangs hielt ich mich noch mit den interessanten theoretischen Grundlagenfächern über Wasser, ab der Spezialisierung erschien mir dann alles sinnlos und langweilig. Irgendwelche Bauteile, irgendwelche Maschinentypen, irgendwelche experimentell gewonnenen Kennwerte… Das war einfach uninteressant, unstrukturiert und zusammenhangslos. Ich las nie irgendwelche Technik-Zeitschriften außerhalb der Uni und beschäftigte mich auch nicht mit solchem Kram, Computer usw. interessierten mich auch nie.
Dies wäre vielleicht anders gewesen, wenn Ingenieurswissenschaften einen Status und Gehälter auf einem Level mit UB, Finance und BigLaw hätten. Haben sie aber nicht. Ich sah nur Leute in Sweatshirts und Jeans, keine Markenkleidung, keine geilen Autos, keine hübschen Frauen, alles drehte sich um Bescheidenheit und Neid gegenüber denen, die Geld verdienten… Wie soll man denn dort bitte motiviert sein, einen Weg zu finden, sich dafür zu begeistern?
Ich war bei mehreren Psychologen, diese waren wenig hilfreich. Eine Psychiaterin in den USA wollte mir gleich Medikamente verschreiben, wir fingen mit Buspiron und Adderall an, nichts hat wirklich gewirkt. Auch psychologische Ursachen wie Sozialphobie oder Autismus kamen mir in den Sinn…
Hat jemand von euch ähnliche Erfahrungen gemacht und kann davon berichten, wie er damit zurechtgekommen ist?
antworten