Mal aus Perspektive des "Hiring Managers" - auch wenn das bei uns nicht so heißt, hier bin ich einfach nur Gruppenleiter.
Ich kann aber bestätigen, was der Personaler sagt.
Wenn ich eine neue Stelle beantrage (bspw.) und mich also erst mal mit Controlling und (weniger kritisch) meiner Hierarchie rumschlage, begründe, begründe begründe, dann gebe ich irgendwann an die Personalabteilung ein Anforderungsprofil raus. Die basteln ggf. eine Stellenanzeige für die Webseite oder andere Kanäle, die ich noch mal zum drüber sehen bekomme.
Ich kenn die Leute zT persönlich sehr gut und die haben fachlich nun mal gar keine Ahnung. Wie der Personaler schreibt. Wenn ich da irgendwelche Fachbegriffe, Methoden, Programmkenntnisse o.ä. rein schreibe, dann könnte ich da auch chinesische Schriftzeichen rein setzen.
So dann wird das veröffentlicht und die Bewerbungen werden eben genau nach diesen Buzzwords abgegrast. Ich bekomme dann eine Shortlist. Je nachdem welche Vereinbarung man getroffen hat, ist die dann länger oder kürzer. Jedenfalls sortier ich von denen noch mal eine ganze Reihe aus, weil die offensichtlich nix taugen obwohl sie die Buzzwords genannt haben. Oder weil ich schon vom Lebenslauf und der Schreibe her den Eindruck bekomme, dass derjenige nicht ins Team passt. Ich will zum Beispiel keinen High-Performer-Ellenbogen-immer-Nummer-1-Hecht haben. Hab hier ein gutes Team, das freundschaftlich miteinander umgeht, breite Altersstruktur, jeder hat so seine Macken aber keiner ist dem anderen böse, Probleme werden direkt angesprochen und jeder Einzelene hat eine mir sympathische Einstellung zur Worklife-Balance; nämlich, dass die sehr wichtig ist - aber wenns halt mal sein muss und irgendwie sinnhaft begründet ist bzw. irgendwas schlicht dumm gelaufen ist, es aber das Verständnis gibt, dass es eine Ausnahme ist, dann sind aber auch alle an Bord. Totale Kuschelgruppe also und trotzdem ist jeder Einzelene fachlich fit. Da einen Karrieretypen reinzusetzen macht die Stimmung kaputt.
Der Rest wird eingeladen und dann sieht man weiter. Hatte auch schon mal drei oder vier Leute aus dem Team zum Bewerbungsgespräch dazugeholt.
Noten sind mir auch vollkommen egal, wobei es eine gewisse Unternehmenspolitik gibt niemanden unter einem gewissen Notenschnitt zu nehmen. Mit Berufserfahrung ist das dann wiederum egal und bisher hatte ich nur Leute mit Berufserfahrung. Der Schnitt ist aber sehr human und hat nix mit überdurchscnittlich zu tun. Dennoch musste ich in einem Fall schon bei den Personalern intervenieren, weil ich wusste, dass sich XY beworben hat und ich den im Gespräch sehen wollte. Aber das ist ne andere Geschichte.
Nun muss man dazu sagen, dass ich bisher noch keine Absolventen eingestellt habe, weil die Themen zu spezifisch waren und wir typischerweise aus den Trainees rekrutieren, wenn es um weniger spezialisierte Sachen geht oder halt intern ausschreiben - und da kennt man immer jemanden, der jemanden kennt, der den Bewerber kennt. Jeder Konzern ist ein Dorf, wenn es nur eine geringe Fluktuation gibt und man lange dabei ist und es nur um Personal mit gewissem Hintergrund geht (also Hausmeister und andere außen vor sind).
Ich habe aber auch die Erfahrung gemacht, dass Personaler durchaus lernfähig sind. Nach einer größeren Umstrukturierung in Zuge derer unser Bereich sehr viele neue Stellen zu besetzen hatte und in Verbindung mit der freundschaftlichen Verbindung zur Personalabteilung kam immer mal wieder das Gespräch auf, wie X oder Y sich so macht und mittlerweile habe ich den Eindruck, dass der Fit für neue Stellen etwas besser geworden ist, ich also weniger aussortieren muss. Das mag aber auch Zufall sein.
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