fellep schrieb am 28.09.2020:
Hallo zusammen,
ich habe gerade meinen Studium mit einem nicht rein betriebswirtschaftlichen Bachelor (ungefähr 40% BWL-Anteil) abgeschlossen und fange jetzt als Prüfungsassistent in der WP an. Gegenüber den klassischen BWL-Studenten mit Schwerpunkt Rechnungslegung, die als Prüfungsassistent anfangen, bin ich wrsl. wissenstechnisch etwas im Nachteil.
Meine Frage: Soll ich mich noch in zusätzliche Sachen einlesen (wenn ja, welche) oder lernt man das meiste eh on the job?
Dank im Voraus für eure Antworten :)
Man muss nicht BWL studiert haben um ein guter Prüfer zu sein.
Ich bin ursprünglich Mathematiker - und inzwischen Steuerberater und gerade frisch bestandener (aber noch nicht bestellter) Wirtschaftsprüfer.
Das meiste lernt man on the job. Prüfung bedeutet primär nicht "Wissen", sondern "gute Fragen stellen". Die Fähigkeit ständig weiter mit schnellem Kopf Neues zu lernen ist entsprechend deutlich wichtiger als das Wissen, das man aus dem Studium mitbringt.
Letztendlich ist es so, dass wir (in meinem Fall Big 4 Audit) ja auch duale Studenten einstellen, d.h. Kollegen frisch vom Abi ganz ohne Studium. Wenn die in ihre erste Praxisphase gehen, haben sie in der Regel dann drei Monate studiert und wir hatten dann auch schon eine Anfängerin, die dann im Prüfungszimmer zum ersten Mal in ihrem Leben Excel geöffnet haben. Keine Übertreibung.
Diese (hochintelligente) Kollegin war und ist dennoch eine bessere Mitarbeiterin als so mancher BWL-Absolvent, der zwar mit einem Haufen auswendig gelernter Begriffe jonglieren konnte, aber in der Prüfung schlampig und in der Mandantenkommunikation untragbar unhöflich war.
Und vor allem - und das ist im Audit der Tod - die schlechten Anfänger waren die, die sich eingebildet haben, sie wüssten alles, was sie brauchen und dann nicht bereit waren sich von Kollegen etwas erklären zu lassen und dies umzusetzen.
Ständige Lernbereitschaft, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Teamfähigkeit - das sind aus meiner Sicht die Keys im Audit. Dann folgt erst das fachliche Wissen, das sowieso laufend gepflegt werden muss.
Nichtsdestotrotz hier ein paar Themen-Tipps für Nicht-BWLer um den Einstieg zu vereinfachen:
- Buchführung/Bilanzierung: "Soll an Haben", Welche Bilanzpositionen gibt es? Welche in der GuV?, Was sind Rückstellungen und wie bucht man die ein/aus/um?, Was sind die Grundsätze ordnungsgemäßer Bilanzierung?, Insbesondere: Was bedeutet "periodengerecht"?
- Rechnungslegungspflichten: Was ist ein Jahresabschluss überhaupt?, Wer stellt den auf?, Wer lässt den prüfen?, Was prüft der Jahresabschlussprüfer überhaupt und was bestätigt er letztendlich?, Warum hört man fast nie von eingeschränkten oder versagten Vermerken - steckt da eine finstere Weltverschwörung dahinter oder hat das einen ziemlich einfachen und sinnvollen Grund? ;)
- Grundlagen des Gesellschaftsrechts: Was ist der Unterschied zwischen einer Personengesellschaft und einer Kapitalgesellschaft?, Welche Gesellschaftsformen sind jeweils Personen- und welche Kapitalgesellschaften?, Was unterscheidet eine GmbH von einer AG? Was ist eine "GmbH & Co. KG"? Was ist ein Konzern?
- BWL Basics: keine Sorge, mit 40% BWL solltest du ein Grundverständnis abdecken. Bei mir war BWL als Nebenfach damals eher so in der Größenordnung 20-25%.
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