Ich habe heute diesen Thread gefunden, nachdem ich ein Stellenangebot von Ferchau gesehen hatte. Da den Namen zwar schon öfter gehört, aber keine Erfahrungsberichte über ihn vernommen habe, dachte ich, ich lese mal drauf los, wie es dort zugeht und wie der Laden im Allgemeinen eingeschätzt wird. Die Diskussion hier ist schon enorm aufschlussreich, muss ich sagen! Das meiste liest man eigentlich - wie so oft - zwischen den Zeilen, oder es kristallisiert sich nach und nach heraus.
Eigentlich will ich auch gar nichts konkretes über Ferchau oder andere Dienstleister sagen, sondern einfach mal meinen Senf dazugeben, da mich hier einige Beiträge doch schon schwer ins Stutzen gebracht haben.
Ich bin z.Z. nicht auf Jobsuche, sondern unbefristet angestellt in einem mittelgroßen, konzerngebundenen Unternehmen im Bereich der Verkehrstechnik in NRW, dort arbeite ich (34,m) als Softwareentwickler in der Entwicklung. Ich fühle mich dort ziemlich wohl, aber ich bin jetzt 6 Jahre dort und so langsam habe ich das Gefühl, dass ich auch mal über den Tellerrand gucken möchte und mich anderen Themen widmen möchte. Was auch daran liegt, dass es bei uns nicht allzu viele (Software-)Entwickler gibt, sondern hauptsächlich Ingenieure und Physiker. Bei uns gilt der IG Metall NRW Tarif, d.h. man wird nach ERA bezahlt, was ehrlich gesagt schon eine tolle Sache ist, ich hatte das in den Jobs zuvor nie. Man muss dazusagen, dass ich bei uns auch etwas aus der Reihe falle, denn ich habe nicht studiert und eine Ausbildung habe ich auch nie gemacht, ich bin Autodidakt und damals über ein Praktikum in die Firma gekommen (woraus dann nach einigen Tagen eine Festanstellung wurde). Mein Gehalt war anfangs recht überschaubar (was ja verständlich ist), mittlerweile bin ich bei knapp 62T? angekommen bei einer 35-Stunden-Woche, Urlaubs- und Weihnachtsgeld inklusive. Ich habe keine längere Berufserfahrung als 7 Jahre, da ich vorher nichts als Entwickler sondern als Netzwerktechnker gearbeitet habe, was natürlich hilfreich, aber eigentlich ein ganz anderer Bereich ist.
Worauf ich eigentlich hinaus will ist das: ich war ziemlich baff, wie angespannt die Lage auf dem Markt anscheinend gerade ist! Ich dachte eigentlich, dass ich aus meiner zugegebenermaßen recht komfortablen Position heraus nun in Ruhe einen interessanten neuen Posten aussuchen könnte, vorzugsweise in einem entweder etwas größeren Laden, um dazuzulernen, oder in einem ähnlich großen oder auch kleineren Laden, die aber ein Produkt entwickeln, was mich einfach mitreißt und Spass macht. Nach all den Posts hier bin ich ziemlich geschockt, muss ich sagen. Hier schreiben ja nicht nur frische Absolventen, sondern auch durchaus schon ältere Hasen und Leute mit Erfahrung, die rein von den Papieren und höchstwahrscheinlich auch faktisch tausendmal fitter sind als ich es jemals war. Ich würde mich nicht als dumm bezeichnen und begreife schnell neue Zusammenhänge, aber ich bin weit davon entfernt, als talentiert oder einer von diesen typischen "Cracks" durchzugehen. Was ich aber immer gemacht habe ist darauf zu bestehen, dass ich so bezahlt werde, wie jeder andere, der Aufgaben wie meine erledigt und dieselbe Leistung bringt.
Das war anfangs natürlich immer ein ziemlich haarsträubendes Gepoker, aber wenn man sich gute Argumente zurechtlegt, die Zahlen wirklich gut kennt, sich nicht übernimmt bei den Forderungen und - was ich am Wichtigsten finde - sich nicht abspeisen zu lassen und notfalls die Konsequenzen zu ziehen, dann kommt man glaube ich recht gut damit durch's Arbeitsleben, finde ich. Was allerdings viele VÖLLIG ausblenden: es gehört nicht nur eine gesunde Selbsteinschätzung und natürlich eigenes Können dazu, sondern auch ganz schlicht und einfach GLÜCK. Das ist mir völlig klar geworden in den letzten Jahren. Kein Mensch kann jeden Arbeitgeber im Vorfeld perfekt einschätzen, man weiß nie, ob man durch irgendeinen blöden Zufall einen Kontakt herstellen kann, der wieder völlig unerwartet zu ganz neuen Möglichkeiten führt. Solche neuen Möglichkeiten eröffnen sich aber oft nur, wenn man Situationen, die einen ankotzen, nicht einfach im "Besser-als-nichts"-Modus weitererträgt, sondern wenn man dann auch die Eier hat die Reißleine zu ziehen und notfalls auch mal ins eiskalte Wasser zu springen. Rückblickend habe ich das nicht einmal bereut, auch wenn es teilweise richtig schwierige Zeiten waren. Wenn ich das nicht gemacht hätte, würde ich jetzt wahrscheinlich immer noch in irgendeinem blöden Callcenter sitzen und hundertmal am Tag dieselben Floskeln runterbeten.
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