"Da hast du natürlich vollkommen Recht, Ich meinte damit, ich möchte nicht in einem dieser Bereiche anfangen um mich dort zu spezialisieren."
Ist Deine freie Entscheidung.
"Ist mir vollkommen klar, auch bedeutet eine Führungskarriere zwangsläufig nicht mehr Gehalt als eine Fachkarriere. Aber wie du ja schreibst in irgendeinen Fachbereich muss ich ja anfangen und wenn ich schon rech breit aufgestellt bin, wieso dann nicht in die Richtung gehen was die besten Chancen bietet?"
Grundsätzlich ist Dein Gedanke nachvollziehbar. Das Problem ist, dass der Job einer Führungskraft nur sehr wenig mit dem Begriff "Management" zu tun hat, weil die Bücher über Management v.a. strategische Entscheidungen beinhalten, während der Job einer Führungskraft in einem Unternehmen vor allem bedeutet, sich mit Menschen zu beschäftigen und diese bestmöglich bei ihrer Arbeit zu unterstützen, z.B. durch Rückendeckung, das Aufzeigen von Lösungsmöglichkeiten oder auch das Schaffen von Motivation. In der Praxis wirst Du vielen Problemen begegnen, bei denen Dir die Bücher nicht helfen werden, so interessant sie auch sein mögen.
Mein Hinweis auf den Vertrieb war nicht so gemeint, dass Du nun Zeitungen verkaufen sollst. In der Firma, in der ich arbeite, ist die Funktion "Vertrieb" v.a. die Steuerung der Vertriebskanäle von der Zentrale aus. Wer dort gut ist, kann irgendwann eine eigene Vertriebseinheit übernehmen. Der eigentliche, operative Vertrieb ist sicherlich etwas völlig anderes und nicht für jeden geeignet...
Wenn Dich "Management" (und zwar strategisches Management!) wirklich interessiert, solltest Du in ein größeres Unternehmen gehen und dort einen Job in einer Planungs- oder Strategieabteilung suchen. Das Problem ist, dass man dort nur selten Einsteiger einsetzt, und wenn, dann hat man hinterher keine Verwendung mehr für sie.
"Ok, was ist die Alternative?"
Ich gebe in diesem Forum sehr gerne den Hinweis, dass man sich die Wertschöpfungskette anschaut und sich vor Augen hält, womit die Firma eigentlich ihr Geld verdient. Es ist ratsam, in einer dieser Funktionen anzufangen und dort für ein paar Jahre mal die Basisarbeit kennen zu lernen. Was auch immer Du hinterher machst, es wird Dir nützen, das Kerngeschäft zu kennen. Im zweiten Schritt kannst Du dann Deine strategischen Stärken möglichst deutlich zeigen und dich auf eine Stelle in der Strategie bewerben.
Natürlich kannst Du auch in einer Stelle im Prozessmanagement oder in der internen Prozessberatung einer großen Firma anfangen. Ich kann Dich allerdings davor warnen, denn das klingt weit interessanter, als es hinterher ist.
"Auf der anderen Seite ist Management für mich etwas konkretes, auch wenn man es nicht so greifbar ist. Ich habe mich immer gerne damit befasst, nicht weil es so toll ist, Manager zu sein, sondern weil ich es super spannend finde; habe die Bücher von Malik, Drucker, etc. verschlungen..."
Die sind auch sehr lesenswert. Leider wirst Du in der Praxis nur selten eine Abteilung finden, die sich genau damit beschäftigt. Management ist sehr oft eine Zusatzaufgabe zu einer eigentlichen Hauptbeschäftigung. Und man kann ein noch so guter Manager sein, wenn man von dieser Hauptbeschäftigung keinen Schimmer hat.
"Wie wäre es mit Produktmanagement? das hört sich für mich recht generalistisch an."
Wann immer ich den Begriff "Produktmanagement" höre, geht es dabei zu 90% um Preise, Absatz, Marketingmaßnahmen und Vertriebskanäle. Das sind die Themen, die Du anfangs ausgeschlossen hast.
Ich könnte mir vorstellen, dass Projektmanagement Dich reizen würde. Man steuert ein Projekt und hat die Aufgabe, regelmäßig alle Projektbeteiligten davon zu überzeugen, dass sie noch für das Projekt zuständig sind und dass sie ihren Hintern hochbekommen sollen, obwohl sie eigentlich gar keine Kapazität für das Projekt haben. Dann muss man vor einem Gremium begründen, warum das Projekt gescheitert ist und warum man selbst aber nichts dafür kann. Generalistisch ist das auf jeden Fall.
Übrigens stellen viele Beratungen durchaus FHler ein, wenn sie ein gutes Profil haben. Es muss ja nicht unbedingt BCG sein. Könnte etwas für Dich sein. Ich wünsche Dir aber nicht, dass Du hinterher jemand bist, der zwar groß und breit von Managementkonzepten etc. reden kann, aber nie selbst einen greifbaren Wert geschaffen hat.
Ich stand übrigens nach dem Diplom ähnlich wie Du vor dem Problem, dass ich etwas Abwechslungsreiches machen wollte, bei dem ich möglichst die Gesamtzusammenhänge des Unternehmens verstehe. Ich habe mich damals für ein Traineeprogramm in einem großen Unternehmen entschieden und wurde danach Einkäufer. Ich habe diesen Weg keinen Tag lang bereut. Da ich in diesem Job mit relativ vielen Funktionen im Unternehmen zu tun habe, könnte ich mich auch recht gut in andere Bereiche bewerben, ohne mich irgendwie für mangelnde Erfahrung rechtfertigen zu müssen.
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