"folgen wir nicht unreflektiert verheißungsvollen Karrierepfaden, die vermeintlich Prestige und Geld versprechen?"
Nein, du kannst ja mit den Karrierepfaden Prestige und Geld bekommen. Das sind ja keine Luftschlösser, zumindest nicht für jeden.
"weil jeder andere es auch tut?"
Nach Prestige und Geld zu streben, ist menschlich. Tief in unserem Inneren, sehnt sich jeder danach, geliebt und verehrt zu werden. Jeder möchte Anerkennung. Auf welche Weise, das mag sich unterscheiden, zweifelsohne.
Jedem Menschen ist bewusst, dass man Geld zum Überleben braucht. Manche streben offen danach, andere leben in ihrer Blase und verdrängen diese Tatsache.
Natürlich kann man auch mit Weniger glücklich(er) sein. Nur, wenn die Bedeutungslosigkeit kickt, ruiniert das die dufte Laune und bei manchen die Seele. Menschen wollen nicht bedeutungslos sein. Sie wollen Individuen sein. Wichtig auf ihre Weise. Und manche wollen ganz oben sein, weil sie sich erst dann bedeutend fühlen.
Ist es fragwürdig? Kommt auf den Grad an, per se würde ich das aber eher verneinen. Im Gegenteil: ein Fundament im Leben ist wichtig. Wenn man das hat, kann man erst ein Haus bauen, in dem bspw die Familie wohnt. Metaphorisch gesprochen.
Meines Erachtens nach sollte Passion mehr im Hobby als im Beruf stecken. Natürlich sollte Arbeit sinnstiftend sein. Das ist wichtig. Und man sollte auch Spaß daran haben, sich überwiegend gerne damit auseinander setzten.
Seine Passion zum Beruf zu machen, ist meiner Meinung nach eher ungünstig. Dadurch kann man sich Passionen zerstören.
Wenn du Koch werden wolltest, dann koch in deiner Freizeit. Nutzt die Freizeit, um euch auszuleben. Vor allem genau so wie ihr euch das vorstellt. Bei der Arbeit kommt irgendwann der Zwang und der Druck. Beim Hobby ist es dir selbst überlassen, es ist viel entspannter.
Sich selbstzuverwirklichen ist ein ebenso umstrittenes Thema. Wenn du keine Verantwortung oder den passenden Backround hast, dann verwirkliche dich selbst und lass egal sein, wie wenig Geld am Ende des Monats da ist. Wenn man Essen auf den Tisch bringen und Rechnungen bezahlen muss und nicht ausreichend Geld auf der hohen Kante hat, dann sollte man seine Selbstverwirklichung besser zur Seite schieben.
Es mag viele geben, die diese Meinung kritisieren, und das kann ich nachvollziehen. Andererseits weiß ich aus eigener Erfahrung, dass man nicht immer der erstbesten Leidenschaft folgen und seine Zukunft danach ausrichten sollte. Im Leben muss man sich auch mit Dingen auseinander setzen, die einem (zumindest auf den ersten Blick) nicht schmecken.
Hätte mir jemand vor 10 Jahren gesagt, dass ich eines Tages bei einer Bank arbeite und damit zufrieden bin, ich hätte die Person ausgelacht. Heute frage ich mich, wieso ich damals mit dem Kopf in den Wolken hing und nicht klug genug war, mir meine Zukunft realitätsnäher vorzustellen, und mich mit Themen zu beschäftigen, die damals irrelevant waren. Ich habe mir damals mit meiner Entscheidung meine Passion ruiniert. Bis heute hat sich das nicht geändert. Das war der Preis, um zu erkennen, was im Leben wichtig(er) ist.
Bevor die ganze Schachtel wieder geöffnet wird: vielleicht gründe ich eines Tages eine Familie und dann werde ich froh sein, dass ich ein finanzielles Fundament aufgebaut habe. Ob und wann wird die Zukunft zeigen. Man kann sowohl mit als auch ohne eigens gegründeter Familie glücklich sein. Punkt. Ende. Aus.
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