WiWi Gast schrieb am 27.10.2023:
Leute wann kapiert ihr es endlich? Niemand wird dafür bezahlt, dass er was studiert hat. Ein Jurist mit Doppelprädikat, der jetzt aber kein Bock auf Arbeit hat, wird auch nicht bezahlt. Man zahlt also nicht für den Studiengang, sondern für das, was man leistet!!!
Insofern kriegt man eben dann viel Geld, wenn man
- a: viel arbeitet
- b: Verantwortung übernimmt
- c: Mangelware ist
a und b gehen oft miteinander einher
Deshalb verdienen GK Juristen auch so viel, weil sie sich den Arsch abarbeiten und eben den Kopf hinhalten müssen, wenn was schief läuft. Man kann eben viel kaputt machen.
Ein Ing, der etwas entwickelt, übernimmt in der Regel nicht so viel Verantwortung. Wenn was schief läuft, sind halt ein paar Gelder weg, aber nicht zu vergleichen mit dem was passiert, wenn beim Arzt was schief läuft oder wenn in der GK was schief läuft. Immerhin: bestehende Systeme funktionieren ja auch und es drängt oft nicht etwas zu entwickeln, daher hat man also weniger Verantwortung als Ing ergo weniger Geld.
Will man als Ing mehr Verantwortung, wird man zB Führungsverantwortung übernehmen müssen, dann knackt man auch die 6 stelligen Gehälter, weil man dann auch automatisch mehr arbeitet und eben auch den Kopf hinhalten muss, wenns schief läuft. Fachlich arbeitet man dann aber nicht mehr, das stimmt.
Was im MINT Bereich eben auch stimmt, ist, dass das im Prinzip ein offender Laden ist. Der Gesetzgeber ist da wenig hinterher, weil der Schaden an der Gesellschaft nicht immer stattfindet, wenn ein Ing inkompetent ist. An kritischen Stellen wird natürlich genau hingesehen, aber in der Medizin/Jura ist es fast immer kritisch bzw es geht fast immer um was.
Dafür kann man aber auch gut durchkommen, wenn die Noten nicht optimal sind. Bei Jura ist man dann halt gebrandmarkt
Klar ist, den Menschen ist es wichtiger nicht in den Knast zu kommen bzw nicht zu sterben, als dass es schickere Autos aufm Markt gibt.
Umgekehrt muss man sich fragen, ob man in diesen Positionen sein will, wo es um Leben oder Freiheit geht.
Perfekt läuft es für den, der viel Verantwortung übernimmt, aber gelernt hat, damit umzugehen. Ein Chirurg der absoluter Profi ist, ist natürlich erledigt wenn er brutalen Mist baut, aber die Wahrscheinlichkeit reduziert sich eben durchs können. Realistisch erwarten muss er dann eher weniger. Bezahlt wird er aber nicht nach Höhe des Risikos, das sowieso individuell ist je nach Können, sondern nach der Höhe der Verantwortung, nach dem was hypothetisch passieren kann.
Und da schließt sich der Kreis. Das Können lernt man im Studium und in den ersten Berufsjahren (eigentlich lernt man nie aus), es ist also klar geregelt.
Wie man als MINTler aber Führungsverantwortung übernimmt, sodass man auch sehr gut verdienen kann, bringt einem keiner bei und steht auf keinem Lehrplan. Der Weg dahin ist halt durch nichts geebnet
Dein Kommentar spiegelt gut die Wertschätzung von MINT in der deutschen Gesellschaft wieder und die wiederum ist ein guter Grund, als MINTler das Land zu verlassen. Kurzes googlen über die Arbeit in einer GK spuckt einem das hier aus:
"Die ersten Jahre in der Kanzlei verbringt man als Associate. Dabei werden Anwälte in ihrem ersten Arbeitsjahr oft als First-Year-Associate bezeichnet. Die Arbeit besteht hauptsächlich in Back-Office Arbeit, wie zum Beispiel Recherche oder Literaturarbeit.
Ab einer Berufserfahrung von drei bis sieben Jahren spricht man von Managing Associates oder auch Senior Associates. Hier beginnt die eigenständige Arbeit. Die Associates führen eigenständig Mandate"
Als ob also Universitätsabgänger in den GKs direkt die fetten Mandate übernehmen und riesen Schaden anrichten können. Sie tragen auch keine finanzielle Verantwortung für die Projekte. Genauso könnte man argumentieren, dass junge MINTler mit sehr gutem Abschluss in Trainee-positionen bei Porsche die Verantwortung dafür tragen, dass die Autos sicher und sonst Menschenleben gefährdert werden sind. Trotzdem bekommen sie nur 65k und keine 150k/ Jahr. Mal davon abgesehen, dass die Industriearbeiter defakto die Leute sind, die die Gehälter von Juristen und Ärzten erwirtschaften müssen, denn wir sind ein Rohstoffarmes land. Ohne die verkauften Autos wäre es schwierig, Energie und andere lebensnotwendige Dinge aus dem Ausland zu kaufen, die der Staatsapperat dann hier verkonsumieren kann.
Der eigentliche Grund warum die Gehaltsunterschiede so hoch sind ist, ist natürlich nicht die Verantwortung oder die harte Arbeit und auch nicht das harte Studium (Durchfallquoten im Mittel deutlich unter MINT), sondern dass die staatlich geschützen Bereiche seit Jahren nicht bereit sind, auf ihre Privilegien zu verzichten unter dem fadenscheinigen Vorwand der Qualitätssicherung. Dass ich irgendeinen schlechtausgebildeten Wald und Wiesen Notar brauche, der mir für dickes Geld eine Unterschrift auf ein Dokument setzt, ist einfach eine Frechheit. Und die Leistung, die ich dafür bekomme steht in keinem Verhältnis mehr zu dem Preis.
Aber da es ja politisch und ökonomisch überhaupt keinen keinen Druck gibt, können diese Branchen machen, was sie wollen und sind nicht so sehr auf Effizienzsteigerungen angewiesen, wie Branchen in denen MINTler normalerweise arbeiten. Die deutschen Autos müssen mit chinesischen konkurrieren, da kann der Porscheingenieur kein ineffizienter Tüftler mit viel eigenverantwortung und spannendem Job sein. Denn wenn er zur Konkurrenz geht, müssen ja dennoch die Autos produziert werden. Die gesammte Industrie ist auf effizienz, billige Preise und auf Prozesstreue getrimmt, sodass jeder fast immer komplett ersetzbar ist.
Würde man ähnliche Dinge in Krankenhaus oder in den Gerichten durchsetzen würden sofort die Lobbyverbände auf der Matte stehen und argumentieren, warum Tätigkeit XY nur und nur von einem Volljuristen / einem Facharzt in ZX ausgeführt werden kann und warum man das auf garkeinen Fall digitalisieren sollte.
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