WiWi Gast schrieb am 15.02.2023:
Wenn es einen Mangel an Arbeitskräften geben würde, würdest du das auf dem Lohnzettel sehen. Es gibt nur einen Mangel an billigen Arbeitskräften in sterbenden Branchen.
Den Effekt, welchen ich in vielen Servicebereichen sehe ist tatsächlich eher eine stark abnehmende Kundenorientierung. Es wird stets nur das mindeste gemacht, man hat den Job ja sicher.
Den Effekt welchen ich bei Kollegen sehe, ist, dass diese sich weit weniger reinhängen, oft krank sind (d.h. vermutlich auch bei leichten Erkältungen sofort eine Krankschreibung holen), keine Überstunden machen und allgemein wenig effektiv sind. Man hat den Job ja sicher. Im Gegensatz zu vor 10 Jahren reißt sich niemand mehr ein Bein aus, macht Zusatzaufgaben, optimiert, verbessert, etc.
Gesamtgesellschaftlich denke ich, dass die tatsächliche Produktivität pro Stunde sinken wird und unbezahlte Überstunden abnehmen werden. Sicherlich individuell gut, wenn der Leistungsdruck zu einem Bitte, Bitte, Bitte wird. Insgesamt nimmt aber die Innovationskraft, die Produktivität usw. ab, wenn keiner mehr die Extra-Meile geht (früher einfach oft aus Sorge um den Job).
Am Ende siehst du es nicht auf dem Lohnzettel, weil dein AG dir nicht mehr zahlen kann, als du für ihn verdienst. Wenn die Produktivität gar abnimmt, werden auch die Löhne stagnieren müssen. Gleichzeitig wird der AG keinen Druck aufbauen, wir merken es selbst, wie jede Stelle tlw. über ein Jahr und länger unbesetzt bleibt. Selbst schlechte Mitarbeiter werden mitgezogen, besser als noch eine unbesetzte Stelle.
Die Wohnraumziele für 2022 wurden verfehlt, die nächsten Jahre werden aufgrund der Zinsen noch katastrophaler. Der Mangel verschärft sich und es gibt auch keine Arbritskräfte für 400.000 Wohnungen pro Jahr, ganz im Gegenteil. Die Leute müssen eigentlich Altbau dämmen, sanieren und Heizungen tauschen.
Wir steuern auf ein Szenario zu mit sinkenden Reallöhnen, einem extremen Immobilienmangel und individuell paradisischen Zuständen für AN, inb. Lowperformer.
Der AN hat den Job sicher, kann sich davon aber immer weniger leisten, insb. nicht Wohnraum. Der ist verteilt und wird vererbt (jedenfalls in Ballungsräumen). Auf dem Land gibt es unrenovierte Immobilien mit Plumsklo usw., aber auch da fehlen die Handwerker, es zu renovieren. Und dann lebt man halt immer noch auf dem Land. Städte arbeiten ja aktiv daran, Autofahrer aus den Städten rauszubekommen, da ist die unrenovierte Bruchbude ohne ÖPNV vielleicht doch nicht so toll.
Die Zinserhöhungen waren noch mal ein Katalysator, weil jetzt wirklich keiner mehr Neubau plant. Sobald die aktuellen Projekte abgeschlossen sind, fallen wir in ein tiefes Loch.
Die Preise können natürlich nicht ewig steigern. In Zukunft wird man sich wieder ofters überlegen, ob die Kinder sich nicht das Zimmer teilen können und die 3-Raum-Wohnung reicht. In manchen Fällen: 2-Raum-Wohnung und Eltern schalfen im Wohnzimmer. Das werden die Leute eher machen als 30 Jahresgehälter für 4-Raum-Wohnungen zahlen. Dort ist also schon irgendwo ein realer Preisdeckel. Die Transaktionen werden zurückgehen. Es wird einen Market-Squeeze geben, mit wenigen Transaktionen zu sehr hohen Preisen und Anpassungsreaktionen wie 2/3-Zimmer-Wohnungen für Familien oder weit raus aufs Land, evtl. dann jahrelang Sanierung in Eigenleistung. Neubau ist mit 4% Zinsen für die meisten unbezahlbar, auch auf dem Land.
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