Fragender888 schrieb am 15.02.2025:
Hallo zusammen,
Ich habe eine gute (weit überdurchschnittliche) Laufbahnprüfung abgelegt.
Ich bedanke mich für jeden Beitrag.
Das Problem ist: Es kommt drauf an. Ist dir klar, wie das in Wirtschaftskanzleien funktioniert? Was du für eine Laufbahn hast, was du gemacht hast, oder was du kannst, juckt im Prinzip absolut niemanden. Ich würde mal sagen, in 95% der Kanzleien ist alles was zählt, wie viel Umsatz du machst und ob es sich für die Kanzlei lohnt, dich anzustellen. Das ist nicht wie im Finanzamt, wo du einstempelst und dich wieder ausstempelst. In den meisten Kanzleien wird jede Minute/Stunde genau getracked, was du gemacht hast, bei welchem Mandat, ect. Und hier kommt der Knackpunkt: Solange du nicht selber Abrechnen kannst, sprich keinen Berufstitel hast (RA, StB, WP) ist dein Gehalt oft stark gecapt.
In der Hinsicht ist es egal, ob du Steuerfachangestellter, Steuerfachwirt oder Diplom-Finanzwirt bist. Eine unserer Partner-Kanzleien ist z.B. stark Umsatzgetrieben. Das ist alles, was die interessiert. Bei denen verdient z.B. eine bestimmte Steuerberaterin nur 70k (kein Witz), weil sie falsche Prios hat, langsam ist, ect. Die halt letztes Jahr einen stark negativen Deckungsbeitrag, weshalb man sich das nochmal genau überlegt, ob man mit der in 2026 weitermacht oder ihr nahelegt, doch wo anders hinzugehen. Auf der anderen Seite verdient in der gleichen Kanzlei ein Steuerfachangestellter ca. 84k Brutto, weil der bei dem Mix aus ESts, FiBus und JAs ca. 200k Umsatz erwirtschaftet.
Deshalb: Diplom-Finanzwirte sind deshalb gerne gesehen, weil du zwar theoretisch bestens ausgebildet bist und die Kanzlei entsprechend in dich nichts mehr stecken muss, du aber auch noch nicht selber abrechnen darfst, was zumindest bei dem Großteil der Kanzleien dafür sorgt, dass dein Gehaltscap irgendwo unter 60k ist.
Die Sichtweise "ich möchte mich bei einem Wechsel nicht verschlechtern" ist so typisches Beamtengedöns und meiner Meinung nach solltest du auch weiterhin da bleiben, weil du es dir wohl selbst nicht zutraust entweder a) genug Umsatz zu erwirtschaften oder b) an den Bedingungen in der freien Wirtschaft scheiterst. Dass man mit StB-Examen als Zukunftsperspektive mehr verdient, ist ohnehin klar, aber wie gesagt, wenn man schon Angst hat, wegen 200 EUR Netto schlechter dazustehen, ist man vielleicht nicht für die Welt "da draußen" gemacht. Ist wohl auch der Grund weshalb du ursprünglich überhaupt das Beamtenverhältnis gewählt hast, oder? (Sehr unsicherer Mensch der Wert auf Stabilität legt).
Aber wie gesagt: Du willst 80k Brutto verdienen ohne Titel? Dann müsstest du 200k Umsatz erwirtschaften (analog zur obiger Aussage). Alternativ ist, du gehst zu einer Big4, wobei ich hier nicht sagen kann, wo du am Ende eingestuft wirst. Ohne Titel wahrscheinlich auch zwischen 60 und 70k. Da aber du eben keine Praxiserfahrung hast, ist der Mehrwert, den du bietest, sogar unter dem eines Steuerfachwirts.
antworten