Also zuerst einmal: Kein (!) Lehrerehepaar kommt auf 12k netto pro Monat. Das ist einfach Unsinn. Mit 2 Kindern etc. sind so 8000-9000 Euro drin, davon muss aber die PKV abgezogen werden. Die genauen Zulangen hängen ja von den Ländern ab, ebenso wie die genauen Werte der A Stufen. Um 12k netto zu erreichen, müssten beide Direktoren sein, wobei selbst das eher in 10-11k je nach Zulagen und Land mündet. Ich habe in der Anfangszeit meiner Bankenlaufbahn zwei Gymnasialdirektoren (A16) bzgl. Anlage und Kreditanfragen betreut. Einer war verheiratet und hatte ein Kind. Da kamen, soweit ich mich korrekt erinnere, ca. 4500 netto von der Staatskasse aufs Konto.
Ich bin aber auch der Meinung, dass das alte Prinzip "der Angestellte des Hofes ist privilegiert" absolut unterschätzt wird und auch in vielerlei Hinsicht unangebracht ist, besonders wenn man die verschiedenen Berufsgruppen betrachtet. Gerade Altverbeamtete in Kommunen etc. haben einen enormen Vorteil gegenüber Arbeitnehmern der Privatwirtschaft. Obgleich man natürlich bei Lehrern, Ministerialräten etc. von einer gesonderten gesellschaftlichen Bedeutung sprechen kann, stellt sich mir die Frage über eine gerechte Vergütung. Ich möchte mal gerne den Kapitalwert sehen, der hinter so einem Gymnasiallehrerleben steckt. Wenn man da bei einem momentanen Einsteiger eine Lebenserwartung bis zu 80-85 Jahren zugrunde legt, ist allein der Wert der abgezinsten Pensionsrückstelllung für die meisten studierten Arbeitnehmer der freien Wirtschaft nicht im Ansatz als Altersvorsorge zu erreichen (geht man davon aus, dass etwaiger Lehrer noch privat vorsorgt, dann erst recht nicht). Zudem ist die finanzielle Sicherheit das Polster schlechthin. Die Kollegen können fast immer problemlos zu 100% finanzieren, bekommen durch das Top-Scoring wegen dem Beamtenstatus auch noch die besten Zinssätze und können allgemein das Leben genießen. Was dann besonders schade ist: Die persönliche Filterblase dieser Menschen. Die meisten Lehrer aus meinem Bekanntenkreis denken immer, sie verdienen zu wenig und ich würde in der Bankenlandschaft so viel verdienen wie ein CEO.
Jetzt vergleiche ich mich: Eingestiegen mit 24 Jahren nach einem Master in Wiwi, Noten top, in den Ferien immer Praktika oder Werkstudent, teilweise in anderen Städten. Auslandssemester (klar ist cool und ich hatte Bock drauf, aber zu der Zeit wäre ich lieber hier geblieben, da ich einiges klären musste und habe es daher ehrlicherweise auch zum großen Teil für den CV gemacht, interkulturelle Erfahrungen hin oder her). Habe mir für meine 1,xx Noten den Arsch aufgerissen und bin dann mit 55k damals im Bankenbereich eingestiegen. Habe einen guten CV i.V.m. Noten aber keinen überragenden (würde mich als positives Mittelfeld sehen). Heute, nach 4 Jahren, verdiene ich netto p.m. ca 3500 plus Jahresbonus, wo netto um die 8-10k hängenbleiben.
Klammere ich den Jahresbonus aus, ist mein Nettogehalt ungefähr in der Region eines Gymnasiallehrers in meinem Bundesland, mit ca. 5 Jahren Erfahrung, ohne Kinder und ohne PKV-Abzug. Der hat ganz in Ruhe sein Lehramt studiert, sein Ref. gemacht und der Konkurrenzkampf für die Stellen war nicht in dem Maße vorhanden. Von Praktika o.ä. brauchen wir gar nicht erst anzufangen. Aus der Komfortzone musst da niemand raus. (Klar, einige Schulfächer kann man momentan eher nicht studieren und muss auf die Kombi achten, da ansonsten der Einstieg und das Leben schwerer wird. So etwas sollte man aber vorher wissen oder sich eben den Popo im Studium aufreißen.)
Im weiteren Vergleich muss ich taktisch und strategisch für meine Karrierelaufbahn denken, die Wirtschaft ist schnelllebig und Leistung alleine reicht nicht aus. Netzwerken und Mentoren suchen, das gehört dazu wie Butter aufs Brot. Meine Bekannten aus Lehrerkreisen hingegen beschweren sich nur über eins: Ihre Schüler. Die haben mittlerweile ihren Lehrplan soweit, dass da nur mal Ergänzungen rein müssen und besuchen alle paar Monate ne Fortbildung. Machtkämpfe gibt es nicht (natürlich ist Streiterei unter Kollegen im Lehrerzimmer nicht auszuschließen) und der Workload pro Woche beträgt mit Klausurenvorbereitung/-korrektur maximal um die 35 Stunden. In den Sommerferien wird meistens von 6 Wochen min. 1 Woche der Unterricht vorbereitet, hängt auch von der Erfahrung ab. Bei den Gymnasiallehrern in der Oberstufe ist das Problem des "Kevin/Hakan" zudem eher weniger bis gar nicht existent, die müssen sich wenn überhaupt mit Desinteresse herumschlagen. Herumfliegende Tische oder drogensüchtige Schüler gibt es da eher nicht.
Wenn ich jetzt so die Vor- und Nachteile abwäge, muss ich sagen, dass ich mich trotz Kritik am System wohl für selbiges entscheiden werde. Sobald ich meine Promotion (nebenberuflich) abgeschlossen habe, werde ich mich Richtung Ministerien orientieren und mittelfristig Richtung Fh-Professur. Klar, Karriere ist geil -> aber nahezu absolute Sicherheit bei gutem Gehalt plus sehr gute Altersvorsorge ist zwar in gewisser Weise ungerecht, aber geiler. Schaut euch Bernd (Björn) Höcke an. Das ist ein Rechtspopulist, wie er im Bilderbuche steht. Für mich ein Neonazi. Und trotzdem wird er bei Ende seiner polit. Laufbahn immer in den Staatsdienst als Lehrkraft zurückkönnen, insofern er keine Ayslantenheime höchstpersönlich anzündet. Würde ich mir linke oder rechte Tendenzen in dieser Form anmerken lassen, könnte ich mich wohl relativ schnell umorientieren. Einer Willkür aus höheren Kreisen ist man dadurch nur bedingt ausgesetzt, man kann so gut wie nicht "gegangen werden".
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