WiWi Gast schrieb am 27.07.2019:
ich frage mich, warum so viele über die 'schlechten' Einstiegsgehälter der BIG4 lästern?
Es kommt immer darauf an aus welcher Sicht man das Ganze betrachtet. Ja, die Einstiegsgehälter der Big4 liegen höher als der bundesdeutsche Schnitt. Da der bundesdeutsche Schnitt allerdings auch ein Witz ist, ist diese Aussage mit Vorsicht zu genießen.
Im Consulting arbeitet man im Regelfall 45 Stunden (exklusive Reisezeit) pro Woche. Dabei übernachtet man nicht selten 4 Tage im Hotel und muss am fünften Tag zum Office Friday ins Büro. Überstunden dürfen zwar aufgeschrieben und abgefeiert / ausbezahlt werden (und ich halte diese Regelung nach wie vor für eine tolle Sache) aber das ändert nichts daran, dass 50+ Stunden / Woche mit viel Reisezeit auf Dauer schlauchen. Wenn man dann sieht, welche Tagessätze bereits für Consultants im ersten Jahr aufgerufen werden und dagegen sein ausbezahltes Gehalt sieht, die viele Zeit die man investiert und das Privatleben und die Nerven die man opfert, dann kommt einem da schon mal schell der Gedanke, dass man hier abgezockt wird.
Das Geld "versickert" nämlich bei den Partnern, Direktoren, Senior Managern, zu geringen Teilen noch bei den Mangern und dann....ist leider nicht mehr viel übrig. Daher fallen die Boni in den ersten Jahren auch so klein aus. Man könnte natürlich jetzt argumentieren, dass "Lehrjahre keine Herrenjahre" sind. Auf der anderen Seite ruft die Big4 bei ihren Kunden ja gute Tagessätze für ihre Junioren auf. Meist noch ohne dem Kunden mitzuteilen, dass es sich um einen echten Junior handelt. Denn verkauft werden die alle als "Experten".
Wenn man also das Geld, das die Big4 mit einem verdienen in Relation setzt zu dem was am Ende bei einem ankommt und gleichzeitig noch den Reisestress und die vielen Überstunden im Hinterkopf behält, dann kann man zu dem Schluß kommen, dass man für seine Arbeitsleistung unterdurchschnittlich bezahlt wird.
Aber letztendlich ist ja genau das das Modell der Big4. Man holt sich günstige Leute von der Uni die die Welt sehen wollen, bezahlt sie so, dass für die Partner und Manager noch ein großer Batzen abfällt und wenn die Leute nach 2-4 Jahren merken wie sie abgezockt werden und das Weite suchen, holt man eben die nächsten "High Performer" von der Uni. Den Unternehmen die man "berät" werden die Leute sowieso immer als "Experten" verkauft und der Rubel rollt weiter. Nicht umsonst ist die Fluktuation bei den Big4 in den ersten 3 Jahren sehr hoch. Wer länger durchhält darf sich im Hamsterrad hocharbeiten und hoffen selbst mal angemessen für seine investierte Zeit bezahlt zu werden. Alle anderen springen vorher ab und haben vermutlich eine bessere Work-Life-Balance.
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