Lounge Gast schrieb:
Natürlich war weder Nr. 1 noch Nr. 2 Bestandteil meines
BWL-Studiums. Mir ist auch klar, dass selbst ein Bachelor of
Laws mit Schwerpunkt Arbeits- und Steuerrecht oder ein
Diplom-Finanzwirt oder ein duales Studium der Deutschen
Rentenversicherung nicht alles nötige Wissen aus Nr. 2 abdeckt.
Man braucht im Studium aber auch gar nicht allen
praxisrelevanten Stoff gehabt haben. Denn das Studium ist
eben gerade bei der Methodenkompetenz stark. Was man aus dem
Studium wirklich mitnimmt, ist, wie man Gesetze auslegt, wie
man eigenständig recherchiert und wie man eine fachlich
saubere Argumentation aufbaut. Die eigentlichen fachlichen
Inhalte bringt man sich nebenher bei.
Genau das, was du beschreibst, passiert in vielen Bachelorstudiengängen doch gar nicht und deswegen werden sie auch so extrem kritisiert:
Man lernt eben keine Methodenkompetenz oder Grundlagen, die man anwenden oder auf die man aufbauen kann, sondern Folien und Einzelfälle für die Prüfung.
Wunderbares Beispiel ist das Arbeitsrecht. Das hat ein Kollege oben aufgegriffen. In den alten Studiengängen hat man noch gelernt, was eine Anspruchsgrundlage ist. Wie Gesetze aufgebaut sind, wie sie interpretiert werden. Selbst in einem BWL-Studiengang an der FH. Mal tiefer, mal weniger tief. Am Ende hatte man eine grundlegende Vorstellung, wie das deutsche Recht angewendet wird, auch wenn man nur ein Teilgebiet kannte. Die grundlegende Vorstellung ließ sich auf alle Rechtsgebiete übertragen und vertiefen. Das war Methodenkompetenz. In den Prüfungen wurden gelegentlich auch neue Fälle genommen, die man methodisch lösen musste.
Heute läuft es so, dass einem ein paar Grundbegriffe knapp vorgestellt werden. Anschließend werden Einzelfälle vorgestellt. Entscheidungen von Gerichten und ein paar Paragraphen dazugeklatscht. Die Einzelfälle werden in den Prüfungen leicht variiert abgefragt. Am Ende kennt der Absolvent einzelne Entscheidungen, hat aber keine grundlegende Idee, wie das System an sich funktioniert. Solange er nur auf die Entscheidungen trifft, die er kennt, ist alles in Ordnung. Wenn nicht, dann kann er das Problem nicht lösen.
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