Ich gebe Dir insofern recht, als dass die reinen Prüfungsmandate nicht wegfallen werden, sondern höchstens umverteilt werden (durch Rotationsverlangen, Begünstigung kleinerer WPGs, etc.). In dieser Hinsicht wird es auch in Zukunft für die WPs Aufträge geben.
Nur, warum haben v.a. die Big4 ihre Beratungssparten nach 2002 wieder schnell belebt? Mit Bertung lässt sich eben auch sehr gut verdienen - da wird so das ein oder andere margenarme Prestige-Prüfungsmandat (siehe EY und Siemens) schon einmal mit einem lukrativen Beratungsauftrag quersubventioniert.
Wenn das nicht mehr möglich ist, weil das geprüfte Unternehmen nicht mehr vom gleichen WP beraten werden darf, dann fällt dieser (Zusatz-)Umsatz weg.
Ein Argument dafür, dass man seinen Prüfer auch als Berater nimmt, ist ja immer wieder, dass er das Unternehmen kennen würde. Aus eigener Erfahrung weiß ich sehr gut, dass die Grenzen zwischen Prüfung und Beratung nicht selten fließend sind.
Nun könnte man argumentieren, dass das Beratungsmandat dann einfach an eine andere Big4 geht (uns vice versa). Das muss m.E. aber nicht zwangsläufig so sein: 1. Wenn man schon einmal einen Prüfer/Berater im Haus hat, vergibt man schneller zusätzliche Aufträge, als wenn man sich erst einmal einen extern reinholen muss. 2. Im Beratungsgeschäft wird den Big4 durch kleine, spezialisierte Beratungsgesellschaften viel Konkurrenz gemacht. Schau Dir z.B. mal die namhaften Risk-Management-Beratungen an - deren Partner kommen alle mehr oder weniger von den großen 4 (bzw. 5 - Arthuer Andersen). --> Es wird also nicht nur zwischen den WPGs umverteilt, sondern auch an andere mitverteilt. So zumindest meine Einschätzung.
Ein weiterer Punkt: Im Grünbuch wird auch der europäische Pass gefordert. Das bedeutet nichts anderes, als dass ein italienischer WP in Deutschland Prüfungen durchführen darf (zumindest theoretisch denkbar). Das deutsche WP-Examen hat einen - auch im Vergleich mit anderen Ländern - sehr hohen Anspruch. Angenommen, ich könnte mich mit einem englischen Chartered Accountant nun in Deutschland niederlassen - warum soll ich mir dann noch das harte Examen hier antun? Auf lange Sicht, so meine Vermutung, wird die Qualität der WP-Leistungen darunter leiden. Das wird sich wiederum auf deren Einkommen auswirken.
Wie gesagt, das sind nur meine Einschätzungen. Wenn's so kommt, dann so und so nur mittelfristig. Wer heute überlegt, in die WP zu gehen, der sollte sich m.E. nicht vom Grünbuch abschrecken lassen. Zumindest für ein paar Jahre macht sich Prüfung/Beratung nicht schlecht.
Lounge Gast schrieb:
Hmm okay. Das mit der Kommunikations-Politik war mir nicht
bekannt.
Ich bin ein bisschen unschlüssig, ob das mit dem Grünbuch
denn alles so negativ sein muss. Sicher hat jede Medaille
zwei Seiten. Die Big4 würden - je nachdem was kommt -
Geschäft verlieren. Aber muss das zwingend schlimm sein. Dann
wird das Mandat vielleicht an eine kleinere Gesellschaft
gehen, an einen Zusammenschlus oder von mehreren
Gesellschaften gemacht. Gab es sowas nicht schon mal bein der
Telekom mit Ernst & Young und PwC?
Und wenn Big4 Geschäft abgeben, mittelständische Kanzleien
etwas hinzubekommen, dann könnten sich doch auch
Karrierechancen für fertig ausgebildete Wirtschaftsprüfer
ergeben, woanders unterzukommen. Raus aus den großen
Hamsterräder und rein in ein vielleicht noch ein bisschen
ruhigeres Umfeld...
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