Ich habe einen ziemlichen Patchwork-Lebenslauf. Zudem gehöre ich zu der Boomer-Generation. Was man gerne verdienen will, kann man zum teil beeinflussen, aber es gibt da auch noch den ArbeitsMARKT, der nicht ohne Grund so heißt. Mein Jahrgang hat nach dem Studium im Vergleich (also inflationsbereinigt), sehr viel weniger verlangen können, da es eben SEHR VIELE sehr gut, gute und bessere Kandidaten gab. Überstunden waren normal und man ist oft bis an die Grenzen gegangen. Man musste sich ziemlich viel gefallen lassen, weil der AG aus einem großen Pool an Mitbewerbern wählen konnte.
Nun bin ich 57 Jahre alt, mein Dipl. Ing. Architektur war damals ein wenig mehr als ein Friseurgehalt wert, dafür waren die Investitionen in das Material teuer und es gehörte zudem zu den arbeitsaufwändigsten Studiengängen. Also wurde man - wenn man das berühmte Vitamin B nicht besaß - zu einem ewigen Quereinsteiger.
Ich bin allerdings idealistisch und habe sehr viel Arbeit und Energie in Projekte gesteckt, die einfach nicht das einbrachten, was ich im Gegenzug an Grips und Arbeitsstunden investierte. Das hat aber tatsächlich nur mit mir als Person zu tun und kann man finden wie man will.
Ich verdiene derzeit ca. 3.1k, demnächst 3.3k. Ich lebe in einer Großstadt, Single-Haushalt, 60m2. Arbeitsstelle fußnah. Somit keine Kosten für ein Auto.
Miete: 840 WM
Mobile: 12 (zwei SIM-Karten)
Internet: 20
eine Garage: 80
Strom: 50
Versicherungen: 150
Ich habe somit 1200,- Euro Fixkosten
Am meisten geht dann für Konsum (am liebsten Technik und Design) und Essen (90% bio) drauf. Ich verschenke aber auch relativ viel Geld an meine Familie und Freunde, spende und unterstütze ab und an kleinere Projekte in der Nachbarschaft. Meine Ausgaben schwanken also entsprechend. Ich leiste mir 2x im Jahr einen 10-14 Tage Urlaub und 2 - 4 verlängerte Wochenenden.
Ich spare monatlich zwischen 700-1000 Euro in Tagesgeld, ETF, Aktien.
DH ich lebe de facto von 2100-2400, habe aber auch tatsächlich geringe Fixkosten. Keine laufenden Kredite mehr, kein Eigentum. Hat sich rechnerisch und in dieser Stadt in der ich bleiben will, nicht mehr gelohnt.
Ich finde somit 3000 Euro netto gut, aber auch nicht total viel.
Im Grunde habe ich aber das Gefühl für den heutigen Arbeitsmarkt verloren. Ich bin schon manchmal "neidisch", welche Einstieggehälter mit sehr viel weniger Fachlichkeit (und Anstrengung, Investition in die eigene Fortbildung) gefordert und gezahlt werden.
Rein statistisch gesehen ist das Median-Einkommen aussagekräftiger, als das Durchschnittseinkommen. Zudem ist die Branche entscheidend. Ich persönlich war schon immer recht idealistisch, jedoch ohne Bodenhaftung zu verlieren. Zwischenzeitlich war ich aber trotzdem ausgepowert (man kann auch viel arbeiten und wenig verdienen;-)
Mittlerweile habe ich Gleitzeit, einen sehr kurzen Arbeitsweg (< 10 Minuten), die Arbeit ist weder easy noch anstrengend, ich kann relativ selbständig arbeiten, habe ein großzügiges Büro, mache Mittagspause bei mir zu Hause, im Sommer auf dem Balkon, habe einen Tarifvertrag, der mit zunehmender Berufserfahrung steigt.
Also sagen wir es so: ich kann nicht viel zu dem Einstiegsgehalt sagen, aber doch dazu, dass ich ganz gut mein Arbeitsleben mit 3.3 k und bald noch etwas mehr) beenden kann. Die Altersvorsorge kann man eh nur mit hohen Sparquoten bzw. Investitionen sichern. Den größten Unterschied macht nämlich der Start ins leben mit unterschiedlichen Vermögen und nicht so sehr die Einkommen. Trotzdem - insbesondere wenn man kein Erbe ist - sollte man in jungen Jahren so viel verdienen wie es geht. Nach 30-40 Jahren stressiger Arbeit lässt man einige Federn. Dann kann man immer noch ein e ruhigere Kugel schieben, insbesondere wenn man clevere Geldanlagen getätigt hat. Das war in meiner Generation völlig unüblich.
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