Ich teile deine Wahrnehmung, lieber TO.
Es wäre auch kein Problem, wenn die jungen derzeit die 4.000 EUR bekommen und wissen, dass sie in 20 Jahren auf kaufkraftbereinigte 8.000 kommen würden. Das entspricht aber in der breiten Masse nicht mehr der Realität. Und wir immer weniger.
Es reicht, wenn man sich die Tarifverträge vor 20 Jahren und heute anschaut.
Gerade im angeblich immer so hoffierten Öffentlichen Dienst erkennt man eine drastische Lohnsenkung mit der Einführung des TVöD bzw. TVL. Vergleicht mal den Tarif der Caritas (die haben noch das BAT Schema) mit dem TVöD, wie er in staatlichen oder Einrichtungen der Diakonie gilt.
Annahme: dreijährige Ausbildung, einfache Kindergärtnerin, 15 Jahre Berufserfahrung (35 Jahre alt)
Caritas: BAT 5b/7 3361 EUR; TVöD: E6 /5 2619 EUR, Diakonie: 2648 EUR.
Ist ein kleiner Unterschied erkennbar?
Selbes Spiel für einen Akademiker, 15 Jahre BE (42 Jahre alt)
Caritas: BAT2/9: 4693, TVÖD E13/5 4559 EUR, Diakonie: E12/4 4791 EUR.
Allerdings kamen beim BAT noch Kinder- und Ehegatten sowie Ortszuschlag dazu! Der Unterschied ist in Realität also noch größer! Vor allem im Bereich der Tätigkeiten ohne Studium!
Auch in vielen anderen Branchen wurde der "Basislohn" früher oft an der Ausbildung festgemacht und dann gab es eine Entwicklung je nach Leistung UND Berufserfahrung. Heute zählt meist nur der Punktewert des Jobs für die Einklassifizierung.
Diejenigen der heutigen Generation, die kein Abitur machen und nicht studieren können in der überwiegenden Mehrzahl den Lebensstandard ihrer Eltern nicht mehr halten! Ich nennen mal exemplarisch: EFH oder wenigstens ETW, Mittelklassewagen als Erst- und Golf als Zweitwagen, dazu mindestens einen Sommerurlaub im europäischen Ausland, eine Woche Skifahren, Musikschule, Sportverein inkl. aller Trainingslager, zugehöriger Bekleidung usw.
Schaut euch die Gehälter in Berufen mit dreijähriger Berufsausbildung an. Und nicht immer die großen IGM Betrieben nehmen (doch selbst da wurden die Einkommen der neuen signifikant abgesenkt). Das reicht zum Überleben als Single noch aus, aber eine Familie selbst mit einem 100% zweiten Einkommen, ist das nicht leistbar.
Heute muss man schon Studium abgeschlossen haben, um das zu erreichen, was der Vater noch als Realschüler mit Ausbildung und regelmäßiger Fortbildung erreicht hat. Gleichzeitig ersetzt die Wirtschaft immer mehr ausgebildete mit Berufserfahrung in Sachbearbeiter/Teamleiter-Positionen mit BA-Absolventen. Natürlich mit demselben Gehalt, das früher der Vorgänger mit nur Ausbildung und Erfahrung oder vll. Betriebswirt im Handwerk oder VWA (nebenberuflich erworben) bezogen hat.
Wer heute bspw. im Altenpflegebereich, sehr gesucht (also müssten nach bwl Grundsätzen die Löhne steigen, tun sie aber nicht), mit dreijähriger Ausbildung arbeitet erhält zw. 1300 und 1700 EUR brutto.
Sowohl nach TVöD dürften selbst in EG1 keine Löhne unter 1729 EUR für An- und Ungelernte gezahlt werden. Mit abgeschlossener dreijähriger Ausbildung nicht unter 2005 EUR.
Also bitte liebe Wiwis. Verliert die Bodenhaftung nicht, sondern denkt auch mal gesamtgesellschaftlich!
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