Auch wenn der letzte Beitrag schon knapp ein Jahr her ist, will ich etwas los werden, was viele Studenten nicht zu verstehen scheinen.
Der Grund, warum Beratungen so viel Wert auf Noten bei Berufseinsteigern legen, ist der, dass es das einzige Maß ist, an dem sie die Bewerber messen können. Praktika sind auch ein gutes Kriterium, jedoch sagen sie nichts über längeres Engagement aus. Will der Arbeitgeber wissen, ob ihr über Jahre hinweg diszipliniert vollen Einsatz bringen werdet und dazu noch gescheit seit, bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich auf die Leistung eures jüngsten und anspruchsvollsten Unterfangens zu verlassen. Bei Absolventen sind das nun mal die Noten, Studiendauer und weitere Aktivitäten begleitend zum Studiums (u.a. weil sie die Studiendauer beeinflussen).
Was vielen nicht klar zu sein scheint: Für den Arbeitgeber ist es keine einfache Aufgabe, einen wirklich guten Kandidaten zu erkennen. Dabei sind die Schäden, die bei Einstellung der falschen Person entstehen können, erheblich. Das sicherste Kriterium sind bei Absolventen eben die Noten.
Beim Experienced Hire hat man den Job als letztes großes Unterfangen.
Jetzt kommt der springende Punkt: Da sich das Studentenleben vom Arbeitsleben in vielerlei Hinsicht unterscheidet, sind Noten noch immer ein recht unsicheres Kriterium. Das ist auch der Grund, weshalb es grundsätzlich schwieriger ist, ohne Berufserfahrung einen Job egal bei welcher Firma zu bekommen.
Man versetze sich in die Lage eines Arbeitgebers: Auf der einen Seite hast du Jemanden, der sehr erfolgreich den Unterrichtsstoff lernen und Prüfungen gut bestehen konnte. Auf der anderen Seite hast du Jemanden, der Jahrelang die Arbeit gemacht hat, für die du ihn einstellen willst mit sehr großem und nachweisbaren Erfolg. Was ist hier die sicherere Wahl?
Ein erfolgreicher Berater mit mittelmäßigen Noten, hat für die meisten einen sehr viel größeren Anreiz, als der Absolvent mit Top-Noten, von dem man nicht weiß, ob er nach 6 Monaten schlapp macht, echte Verantwortung übernehmen kann oder in der Geschäftswelt überhaupt klar kommt.
Arbeitgeber sind also nicht Notenbesessen, wie das hier manchmal dargestellt wird. Für Absolventen ist es eben das beste Kriterium und ermöglicht vielleicht den Direkteinstieg in eine gute Firma. Dennoch setzen die besten Firmen mehrere Praktika voraus, was meine Aussagen unterstreicht. Sind die Noten nicht die besten, fängt man eben mittelmäßig an, bewährt sich im Berufsleben und erreicht nachweisbare Erfolge und dann interessiert sich niemand mehr wirklich für die Noten.
Der Prestigefaktor spielt i.d.R. eine untergeordnete Rolle und ist für die Noten nicht anwendbar. Unternehmen brüskieren sich gerne mit Doktortiteln, Elite-Unis, Publikationen oder auch mit Studiengängen wie Physik oder Mathematik ihrer Mitarbeiter. Ich habe jedoch noch nie unter dem Namen eines Angestellten gelesen: "Abschluss mit 1.0 in..."
Ich zweifle es zwar an, dass sich der Notenwahn hier im Forum etwas legt, aber vielleicht konnte ich dem Einen oder Anderen etwas Klarheit verschaffen.
Viele Grüße
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