Du bist natürlich nicht verbrannt, bloß weil du im ÖD warst. Wie auch schon mehrmals korrekt geschrieben.
Aber auch mit dem Wechsel vom öffentlichen Dienst in die private Wirtschaft ist es wie bei alles Wechseln, es gibt einen Sweep Spot so bei ca. 3 - 7 Jahren, ganz grob. Drunter zählt es noch nicht so richtig als Berufserfahrung, weil du noch mitten im steilen Teil der Lernkurve warst. Drüber war man dann fast schon zu lange dort und könnte als zu eingefahren gelten.
Wechseln kannst du trotzdem, und es gibt auch Leute die nach einem Jahr, oder auch nach 20 Jahren wechseln. Es ist halt nur schwerer.
Ob dir die Berufserfahrung bei einem Wechsel innerhalb der nächsten Jahre Bonuspunkte bringt, insbesondere in Gestalt eines höheren Einstiegs beim künftigen Arbeitgeber, steht dann aber nochmal auf einem anderen Blatt. Aber auch das ist sehr individuell und nicht pauschal zu beantworten.
Aber als Quintessenz: Nein, du bist nicht verbrannt, wenn du mal im öffentlichen Dienst warst und wirst da auch wieder raus wechseln können. Es kann aber gut sein, dass das nicht unbedingt der Wechsel nach 2 Jahren auf eine Position überhalb einer Einstiegsstelle bei einem top Arbeitgeber sein wird.
Und zum Thema Selbsteinschätzung von Absolventen: Ganz weit hergeholt ist der Vorwurf der Überschätzung leider nicht. Natürlich ist ein Masterstudium länger als es eine Ausbildung vor 20, 30 Jahren war (ob man dabei so viel mehr gelernt hat was dann später tatsächlich von Bedeutung für den Job ist, ist ein anderes Thema). Und natürlich ist Auslandserfahrung und ein Job als Werksstudent noch ein Pluspunkt. Aber das allein ist keine Garantie für eine weit überdurchschnittliche Einstiegsposition. Denn in dieser Zeit gab es eine extreme Abwertung des Studienabschlusses. Nicht inhaltlich, aber vom Marktwert. Die Quote der Studiumsabsolventen hat sich alleine im Vergleich zu den 90ern mehr als verdoppelt. Stellen die früher von jemandem mit Ausbildung besetzt wurden, werden heute mit Uni- oder FH-Absolventen besetzt. Und es strömen immer mehr Absolventen auf den Arbeitsmarkt, der jetzt mit Corona auch noch weniger davon braucht.
Ich glaube viele (und da kann ich mich selbst auch nicht ausnehmen), haben immer noch im Kopf was sie von Eltern und Lehrern aus deren Zeiten erzählt bekommen haben: Dass ein Studium etwas besonderes ist, das einen automatisch weit oben in die Jobpyramide bringt. Aber diese Zeiten sind leider vorbei. Ein Uni- oder FH-Abschluss ist fast schon Mainstream. Und dass bei einem langen Markt nicht mit Bonuspreisen (bzw. Gehältern) zu rechnen ist, nur weil das ja gut angesehene Abschlüsse sind, muss ich hier hoffentlich niemandem erklären...
Also nochmal zum Fragensteller: Ja, du hast einen soliden Abschluss vorzuweisen. Und ja, ggf. könntest du damit einen besser bezahlten Job kriegen. Aber du hast dafür keine Garantie und auch keinen Freifahrtschein. Gerade die Jobs die hier oft vorkommen sind absolute ausnahmen, und neben einem guten Abschluss musst du auch mit deinen sonstigen Qualitäten überzeugen und brauchst auch Glück, um einen solchen zu bekommen. Außerdem bietet der öffentliche Dienst noch ein paar andere Goddies neben dem Gehalt, gerade in der aktuellen Zeit.
Es ist vielleicht nicht das Maximum, das du mit viel Geduld und Risiko rausholen könntest, aber es ist sehr solide und du kannst es meiner Meinung nach annehmen, ohne das Gefühl zu haben deine Ausbildung weg zu werfen oder dich unter Wert zu verkaufen.
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